Immissionsschutzgutachten und vereinfachtes Antragsverfahren für städtische Flächen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (DIE LINKE. / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 28.6.2022
Antwort Kreisverwaltungsreferentin Dr. Hanna Sammüller-Gradl:
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihren Antrag vom 28.6.2022 zur Beantwortung überlassen.
Inhaltlich führten Sie Folgendes aus:
„Die Verwaltung wird beauftragt, in Abstimmung mit der Fachstelle Moderation der Nacht für städtische Grünflächen und weitere Flächen, vor allem auch in siedlungsarmen Randgebieten, Immissionsschutzgutachten für nicht kommerzielle Veranstaltungen zu erstellen (anhand des Beispiels Leipzig1).
Anhand der Gutachten werden bis Mai 2023 vereinfachte online Antragsverfahren (auch hier Beispiel Leipzig) und Steckbriefe der Flächen mit allen notwendigen Fakten für nicht-kommerzielle Veranstaltungen, auch für über 22.00 Uhr hinausgehende ‚seltene Veranstaltungen‘ erstellt und veröffentlicht.
Begründung:
Was von unserer Fraktion bereits mehrfach in Anträgen und Anfragen versucht wurde, hat Leipzig einfach mal gemacht. Ausgewählte Grünanlagen und städtische Flächen mit einem Immissionsschutzgutachten ausstatten, Steckbriefe pro Location erstellen und ein Antragsformular über die Website. Zack – fertig ist eine einfache Umsetzung von den seit 2 Jahren verstärkt durch Corona und auch davor schon geforderten Freiflächen für nicht kommerzielle Veranstaltungen. In Leipzig wird hier bezüglich des Lärms in der Freizeitlärmrichtline² eine Sonderfallbeurteilung gemäß einer ‚seltenen Veranstaltung‘ aufgeführt: ‚Bei Veranstaltungen im Freien und/oder in Zeltenkönnen die unter Ziffer 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte mitunter trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht eingehalten werden.‘
1 https://www.leipzig.de/freizeit-kultur-und-tourismus/parks-waelder-und-friedhoefe/parks-und-gruenanlagen/veranstaltungsflaechen
2 https://www.lai-immissionsschutz.de/documents/freizeitlaermrichtline_1503575715.pdf“
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadträt*innen nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Sie beantragen, dass für verschiedene Flächen in München„Steckbriefe“ aufgrund von zu erstellenden Immissionsschutzgutachten veröffentlicht werden. Zudem soll ein vereinfachtes online Antragsverfahren eingeführt werden. Sowohl bei der Erstellung von „Flächensteckbriefen als auch bei der Gestaltung der Antragsverfahren handelt es sich um laufende Angelegenheiten im Sinne von Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO, deren Besorgung dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist nicht möglich.
Ich erlaube mir daher, Ihren Antrag auf dem Schriftwege wie folgt zu beantworten und bedanke mich für die gewährte Fristverlängerung.
Das Kreisverwaltungsreferat hat den vergangenen Zeitraum seit Antragstellung intensiv genutzt und zusammen mit dem Sozialreferat mehrere Flächen identifiziert, die sich grundsätzlich für die Nutzung durch nicht gewinnorientierte Veranstaltungen, auch über 22 Uhr hinaus, eignen könnten. Derzeit erfolgt die konkrete Einschätzung der Flächen durch die Stadtverwaltung mit der klaren Zielsetzung, Veranstaltungen zu ermöglichen. Die Bewertungen der einzelnen Flächen bleibt jedoch abzuwarten. Generell will das Kreisverwaltungsreferat nicht gewinnorientierte Veranstaltungen – gerne auch in städtischen Grünanlagen – zulassen, vorausgesetzt, dies ist mit den Schutzbelangen einer Grünanlage im Einzelfall zu vereinbaren.
Im Vorfeld hat sich das Kreisverwaltungsreferat auch mit dem Vorgehen in Bremen, Zürich und insbesondere dem von Ihnen im Antrag angeführten Leipziger Model auseinandergesetzt und auch den Behördenaustausch gesucht. Dies bestätigt, dass das Vorgehen in Leipzig transparente Vorgaben enthält und grundsätzlich vereinfachte Verfahren zulässt. Allerdings sind dort weiterhin Anzeigepflichten auch mit zeitlichem Vorlauf, bei Veranstaltungen mit mehr als 200 Teilnehmenden das Vorlegen eines Sicherheitskonzepts sowie die Einhaltung der gesetzlichen Immissionsschutzvorgaben zu beachten. Es ist damit festzustellen, dass in Leipzig wie in München die Rechtslage den Rahmen für Veranstaltungen vorgibt. Zulässige Nachtveranstaltungen gab es nach Auskunft der Stadt Leipzig vom 6.4.2023 keine, etliche Veranstaltungen nach diesem Konzept konnten aus Immissionsschutz- oder Naturschutzgründen nicht genehmigt werden.
Im Zusammenhang mit der anspruchsvollen Flächensuche darf ich auf den durch alle demokratischen Fraktionen im Stadtrat unterstützten Stadtratsantrag Nr. 20-26/A 03576 zu nicht kommerziellen Jugendpartys im öffentlichen Raum hinweisen. Auch bei der Bearbeitung dieses Antrages arbeitet das Kreisverwaltungsreferat eng mit dem Sozialreferat zusammen.Zielsetzung des Kreisverwaltungsreferates ist es, einen Leitfaden in Form von Steckbriefen mit eigens bestimmten und vorab geprüften Flächen für „Jugendpartys“ im öffentlichen Raum zu entwickeln und noch 2023 zusammen mit dem Sozialreferat nach dessen Konzept Pilotprojekte sowohl in der Tages- wie auch der Nachtzeit umzusetzen. Dabei bleiben neben den Sicherheitsbelangen die Interessen von Anwohner*innen ebenso zu berücksichtigen wie die Belange des Natur- und Umweltschutzes.
Ansonsten führt das Kreisverwaltungsreferat die am 1. Februar 2023 im Stadtrat abgestimmte Linie fort: Grundsätzlich können alle geeigneten Flächen genutzt werden. Es sollen keine Einschränkungen nach bestimmten bzw. nur für diese Flächen erfolgen, auch neue, unentdeckte Orte sind damit möglich. Die Veranstaltenden können frei kreativ aktiv werden. Dieses grundsätzlich sehr offene Vorgehen hat das Kreisverwaltungsreferat mit den neuen Richtlinien für mehrwöchige Kultur- und Strandveranstaltungen in städtischen Grünanlagen und auf öffentlichem Grund (Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 07848) bereits erfolgreich eingeführt. Die Erkenntnisse aus der Flächenanalyse für den oben genannten Antrag zu nicht kommerziellen Jugendpartys fließen gleichwohl mit ein und kommen dadurch allen zugute, da die Steckbriefe öffentlich einsehbar sein werden.
Generell darf ich betonen, dass das Kreisverwaltungsreferat schon immer auch nicht kommerzielle Veranstaltungen insbesondere von und für junge Menschen unterstützt und das Veranstaltungsbüro hierzu gerne beratend zur Verfügung steht.
Hinsichtlich der Forderung nach einem vereinfachten online Antragsverfahren für städtische Flächen darf ich Ihnen mitteilen, dass die Mehrzahl der Anträge im Veranstaltungsbereich bereits jetzt rein elektronisch gestellt wird und damit die Hürden zur Antragstellung so gering wie möglich ausfallen, nicht nur für städtische Flächen. Zudem existieren online Informationsangebote des Kreisverwaltungsreferates. Die Möglichkeiten zur weiteren Optimierung werden dabei regelmäßig genutzt. Darüber hinaus sollen die Erkenntnisse aus der Bearbeitung des o.g. Antrages auch online erfahrbar sein.
Es wird um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.