Diskriminierung und rechter Hass an Schulen: 55 Meldungen in 2022
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Rathaus Umschau 117 / 2023, veröffentlicht am 22.06.2023
Im Verwaltungs- und Personalausschuss des Stadtrats wurde jetzt der erste Monitoring-Bericht der Anlaufstelle bei Diskriminierung und rechtem Hass an Münchner Schulen vorgestellt. Die bei der städtischen Fachstelle für Demokratie angesiedelte Anlaufstelle registrierte zwischen Februar 2022 und Februar 2023 insgesamt 55 Meldungen von Diskriminierungen sowie menschenfeindlichen und rechten Vorfällen an Münchner Schulen. Rassismus ist dabei mit großem Abstand der häufigste Hintergrund der erfassten Meldungen (62 Prozent). Weitere Inhalte waren rechte Vorfälle, Sexismus, Homosexuellenfeindlichkeit, Antisemitismus, Verschwörungsideologien, Transfeindlichkeit und Klassismus. Rassismus äußerte sich auf verschiedene Arten: unter anderem durch die Reproduktion rassistischer Fremdbezeichnungen (z.B. des rassistischen N*-Worts), Beleidigungen oder Schmierereien. Rassismus fand in verschiedenen Personenkonstellationen statt: zwischen Schüler*innen (Schüler*in wird von Mitschüler*innen aufgrund der Hautfarbe beleidigt und ausgeschlossen), ausgehend von schulischem Personal gegenüber Schüler*innen (Lehrkraft verbietet muslimischen Schülern das Beten im Schulgebäude) und zwischen schulischem Personal (Schulleitung spricht schulischem Personal aufgrund einer rassistischen Zuschreibung bestimmte Fähigkeiten ab). Rassismus fand an unterschiedlichen Orten statt: im Schulgebäude (rassistische Schmiererei), im digitalen Raum (Verschicken rassistischer Sticker im Klassenchat) und auf dem Schulweg (Schüler wird von einem Unbekannten im Bus rassistisch beleidigt).
Rechte Vorfälle waren bei einem Drittel der Meldungen (18 Meldungen) Inhalt der Meldung. Unter anderem wurden die folgenden Fälle erfasst: Zeigen des Hitlergrußes (8 Fälle), rechte Schmierereien (7 Fälle), Massenzuschriften an Schulen mit rechten und verschwörungsideologischen Inhalten (3 Fälle). In jeweils einem Fall wurden die Buchstaben auf einer Computertastatur im Schulgebäude so ausgetauscht, dass darauf „Heil Hitler“ zu lesen war und Flyer mit einem Aufruf für eine rechte und verschwörungsideologische Demonstration im Lehrerzimmer ausgelegt. Diskriminierungen sowie menschenfeindliche und rechte Vorfälle fanden an allen Schularten (Realschule, Gymnasium, Berufliche Schule, Mittelschule, Grundschule) statt. Jeweils knapp ein Drittel der Meldungen ereignete sich an Gymnasien und Realschulen. Schüler*innen waren der Teil der Schulfamilie, der am häufigsten von Diskriminierungen sowie menschenfeindlichen und rechten Vorfällen betroffen war (in 76 Prozent der Meldungen). In 51 Prozent der Meldungen wurden Schüler*innen als Täter*innen benannt. Lehrkräfte wurden in 27 Prozent der Meldungen als Täter*innen benannt. 35 Prozent der Meldungen (19 Meldungen) hatten Sachverhalte zum Gegenstand, die im Rahmen einer juristischen Erstbewertung als strafrechtlich relevant eingestuft wurden.
Die meisten Meldungen gingen von schulischem Personal an städtischen Schulen ein (60 Prozent). Aufgrund einer vom Referat für Bildung und Sport erlassenen Meldepflicht für städtische Schulleitungen war diese Verteilung zu erwarten. Im Erhebungszeitraum zeichnete sich ein Anstieg der Meldungen über die Zeit hinweg ab: In den ersten acht Monaten wurden 17 Meldungen registriert, ab Mitte Oktober wurden in einem Zeitraum von vier Monaten weitere 38 Fälle in die Statistik aufgenommen.
Stadtschulrat Florian Kraus: „Der 1. Monitoring-Bericht ist ein wichtiger Schritt, um an den Münchner Schulen das Bewusstsein für Rassismus und jede Form von Diskriminierung zu schärfen. Unser Ziel ist es, Betroffene zu schützen und das schulische Personal im sensiblen Umgang mit diesen Themen zu stärken. Das Referat für Bildung und Sport bietet hierfür verschiedene Maßnahmen an: themenspezifische Veranstaltungen, schulinterne Fortbildungen sowie fachliche Beratung und Betreuung im Kontext diskriminierungs- und rassismuskritischer Bildung.“
Dr. Miriam Heigl, Leiterin der Fachstelle für Demokratie: „Die 55 eingegangenen Meldungen zeigen, dass rechte, rassistische, antisemitische und andere menschenfeindliche Vorfälle an Münchner Schulen keine vermeintlichen Einzelfälle sind. Sie sind eine massive Belastung für unmittelbar Betroffene und eine große Herausforderung für die gesamte Schulfamilie. Die Dokumentation der Vorfälle hilft uns dabei, diesem Problem strukturiert entgegenzuwirken. Die Fachstelle für Demokratie steht allen Betroffenen als vertrauliche Erstanlaufstelle und unterstützend zur Seite.“ Die Anlaufstelle bei Diskriminierung und rechtem Hass an Münchner Schulen, angesiedelt bei der Fachstelle für Demokratie, wurde im Dezember 2020 vom Stadtrat beschlossen und dient als Beratungsstelle für schulisches Personal an Münchner Schulen sowie als vertrauliche Erstanlaufstelle für betroffene Mitglieder der Schulfamilie im Umgang mit menschenfeindlichen und rechten Vorfällen und Diskriminierung. Ein weiteres Aufgabenfeld besteht in der (anonymisierten) Erfassung und Auswertung von Meldungen zu Diskriminierungen sowie menschenfeindlichen und rechten Vorfällen.
Menschenfeindliche und rechte Vorfälle sowie Fälle von Diskriminierung können telefonisch (233-92642), per E-Mail (demokratie.schule@muenchen.de) oder über ein Online-Formular (http://www.muenchen.de/melden-gegen-diskriminierung) auch anonym gemeldet werden. Weitere Informationen finden sich unter www.melden-gegen-diskriminierung.de.
Achtung Redaktionen: Für Rückfragen steht die Fachstelle für Demokratie per E-Mail an fgr@muenchen.de oder unter 233-92642 zur Verfügung.