Sofortige Aussetzung der nächsten Verbotsstufe des Dieselfahrverbots; Prüfung einer Rücknahme der ersten Stufe
Antrag Stadträte Hans Hammer, Hans-Peter Mehling, Manuel Pretzl und Sebastian Schall (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 22.6.2023
Antwort Christine Kugler, Referentin für Klima- und Umweltschutz:
Mit Ihrem Schreiben vom 22.6.2023 haben Sie Folgendes beantragt: „Die Landeshauptstadt München (LHM) schließt eine Umsetzung der nächsten Verbotsstufe (Stufe 2) des Dieselfahrverbotes, die zum 1.10.2023 geplant war, mit sofortiger Wirkung aus. Darüber hinaus prüft die LHM, ob auch die bereits umgesetzte erste Stufe wieder aufgehoben werden kann, sobald dem Referat für Klima- und Umweltschutz (RKU), voraussichtlich im Spätsommer, genügend Daten zur Verfügung stehen, um eine valide Prognose für das gesamte Jahr 2023 zu erstellen.“ Zur Begründung haben Sie dazu Folgendes vorgetragen:
„Angesichts stark sinkender Stickstoffdioxid-Werte an den bisher am stärksten belasteten Messstellen in München, ist die Einführung von Stufe 2 des Dieselfahrverbotes keinesfalls mehr verhältnismäßig – sofern die Einführung des Dieselfahrverbotes es überhaupt je gewesen ist – und muss deshalb sofort gestoppt werden. Vor allem an der Landshuter Allee haben sich die Werte zwischenzeitlich erheblich verbessert, nämlich im ersten Quartal um 5 μg/m3 auf 44 μg/m3 und im laufenden Jahresmittel noch einmal auf 42 μg/m3 (Stand: 20.6.2023, Quelle: eigene Berechnungen auf Grundlage der Zahlen des Bayerischen Landesamtes für Umwelt unter https://www.lfu.bayern.de/luft/immissionsmessungen/messwertarchiv/index.htm). Somit liegt die Belastung nur noch minimal über dem europaweit gültigen Grenzwert von 40 μg/m3. Damit setzt sich ein Trend zur Verbesserung der Luftqualität in München fort, der schon vor Einführung des Dieselfahrverbotes jedermann klar ersichtlich war.
Eine dringliche Behandlung in der nächsten Vollversammlung ist aus zwei Gründen notwendig: Erstens müssen Münchens Dieselfahrer schnellstmöglich wissen, worauf sie sich in ihrem Mobilitätsverhalten nach den Sommerferien einstellen müssen. Ein klares, möglichst frühzeitiges Zeichen des Stadtrates ist hier deshalb zwingend notwendig. Zweitens wurde unser nahezu gleichlautender Antrag zur dringlichen Behandlung für den Ausschuss für Klima- und Umweltschutz am 20.6.2023 bedauerlicherweise nicht behandelt, obwohl er mit großem Vorlauf eingereicht wurde. Deshalb ist nun eine Befassung der Vollversammlung notwendig geworden.“
Ihr Einverständnis vorausgesetzt erlaube ich mir, Ihren Antrag als Brief zu beantworten und teile Ihnen auf diesem Wege Folgendes mit:Bezüglich der beiden Antragspunkte besteht nach Einschätzung des RKU kein Grund für eine dringliche Behandlung in der Vollversammlung am 28. Juni 2023:
- Der Antrag auf Prüfung der Aufhebung der Stufe 1 beinhaltet bereits ausdrücklich ein Abwarten der Messdaten und verlegt den Zeitraum der Prüfung damit auf den Spätsommer. Am 28. Juni 2023 werden diese Messdaten noch nicht vorliegen, sondern frühestens Ende August 2023 zur Verfügung stehen. Damit liegt keine dringliche Angelegenheit vor, die in der Vollversammlung am 28. Juni 2023 behandelt werden muss. Vielmehr wird ein Abwarten auf eine Sitzung des Stadtrates im Spätsommer, zu der die Auswertung der Messdaten erst vorliegt, verlangt.
- Auch bezüglich einer sofortigen Aussetzung der Stufe 2 ist eine dringliche Behandlung in der Vollversammlung am 28. Juni 2023 nicht geboten. Die Stufe 2 kann nicht aufgrund der derzeit vorliegenden Messwerte sofort ausgesetzt werden. Nach § 47 Abs. 1 S. 3 BImSchG muss die zuständige Behörde die Maßnahmen ergreifen, die geeignet sind den Zeitraum einer Überschreitung von einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten. Folglich ist aber Bedingung für die Aufhebung einer solchen Maßnahme bzw. eines Teils einer solchen Maßnahme stets, dass eine fachgutachterliche Untersuchung vorliegt, die die Grenzwerteinhaltung prognostiziert. Eine solche fachgutachterliche Untersuchung liegt noch nicht vor und wird auch bis zum 28. Juni 2023 nicht vorliegen. Eine Aufhebung der Stufe 2 der 8. Fortschreibung des Luftreinhalteplans ohne gutachterliche Prognose hinsichtlich der schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung, wäre daher rechtswidrig. In der 8. Fortschreibung des Luftreinhalteplans ist zudem festgelegt, dass für das Monitoring mindestens die Messwerte Februar bis Mai 2023 vorliegen müssen. Die Ergebnisse der Passivsammler-Messungen für den Monat Mai werden voraussichtlich erst Anfang Juli vorliegen.
Aufgrund des weitreichenden Eingriffs mit Stufe 2 sowie des geschlossenen Vergleichs und den anhängenden Klagen ist eine sorgfältige Prüfung des weiteren Vorgehens geboten.
Das in der 8. Fortschreibung des Luftreinhalteplans fest verankerte gutachterliche Monitoring zur Überprüfung der Erforderlichkeit und Verhältnismä-ßigkeit der nächstschärferen Stufe liegt zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht vor. Die Auswertungen und Untersuchungen zum gutachterlichen Monitoring sind in Erarbeitung. Wie oben ausgeführt sind gemäß 8. Fortschrei-bung des Luftreinhalteplans für das Monitoring mindestens die Messwerte für die Monate Februar bis Mai 2023, laut Stufenplan aber insgesamt die Monate Februar bis Juli 2023 zu Grunde zu legen. Die Ergebnisse der Passivsammler-Messungen für den Monat Mai welche mindestens in das gutachterliche Monitoring einfließen müssen, werden voraussichtlich erst Anfang Juli vorliegen.
Eine Entscheidung über die Verhältnismäßigkeit und Erforderlichkeit der Stufe 2 kann daher in der Vollversammlung am 28.6.2023 nicht getroffen werden.
Eine Behandlung des weiteren Vorgehens hinsichtlich der Stufe 2 des Dieselfahrverbots der 8. Fortschreibung des Luftreinhalteplans zur frühzeitigen Information der Münchner Bürger*innen ist für die Vollversammlung im Juli geplant.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.