Mit dem von der Stadt München verliehenen Georg-Elser-Preis wird Yirgalem Fisseha Mebrahtu für ihr gesellschaftliches Engagement geehrt. Dies hat der Kulturausschuss des Stadtrats auf Vorschlag einer Jury gestern beschlossen. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert und wird am 8. November im NS-Dokumentationszentrum überreicht. Er würdigt Elsers Widerstandstat gegen Hitler und setzt zugleich ein Zeichen für Zivilcourage bei der Bekämpfung undemokratischer Entwicklungen.
Jurybegründung (Auszug)
„Yirgalem Fisseha Mebrahtu erhält den Georg-Elser-Preis 2023 für ihren beeindruckenden Einsatz gegen undemokratische Strukturen – für De- mokratie. Sie wurde 1981 in Adi Keyh in Eritrea geboren. Zusammen mit anderen jungen Autor*innen gründete sie den Adi Keyh-Literatur-Club. Bis zum Verbot privater Medien 2001 arbeitete sie als unabhängige Journalistin und veröffentlichte Gedichte in Literaturzeitschriften. Von September 2003 bis Februar 2009 war sie Autorin, Moderatorin und Programmdirektorin bei Radio Bana, einem Radiosender des eritreischen Bildungsministeriums. 2009 wurde sie mit zirka 30 weiteren Mitarbeitenden im Gebäude des Radiosenders verhaftet. Die Vorwürfe gegen sie waren willkürlich (…). Ohne offizielle Anklage und Gerichtsverfahren wurde sie sechs Jahre eingesperrt und wiederholt gefoltert. Aus dem Krankenhaus, in das man sie nach einem ,Verhör‘ bewusstlos brachte, drang ihr Fall nach außen und wurde bekannt – was schließlich zu ihrer Freilassung führte. Nach einer zweiten Inhaftierung gelang ihr schließlich die Flucht nach Uganda. Die Umstände der Gefangenschaft von Yirgalem Fisseha Mebrahtu fanden während einer Debatte über die Menschenrechte in Eritrea großes internationales Interesse. Der internationale PEN und der im Exil arbeitende PEN Eritrea unterstützten sie, Reporter ohne Grenzen nahm sie 2014 in ihre erstmalig erstellte ,Liste der 100 Helden der Pressefreiheit‘ auf. Weltweit tritt Yirgalem Fisseha Mebrahtu heute als Rednerin für Menschenrechte auf. Sie berichtet über die politische Repression in Eritrea und diskutiert öffentlich über Demokratie und Freiheit. (…) Seit 2018 lebt Yirgalem Fisseha Mebrahtu im Exil in München, bis 2021 im Rahmen des Programms ,Writers in Exile‘ des PEN-Zentrum Deutschland. Sie setzt sich auch für andere Geflüchtete ein, u.a. beim Aktionsbündnis ,WIR MACHEN DAS‘, das geflohene Autor*innen bei der Fortsetzung ihrer schriftstellerischen Arbeit unterstützt. (…) Yirgalem Fisseha Mebrahtu hat großen Mut und Zivilcourage bewiesen. Trotz der traumatischen Erlebnisse während ihrer Gefangenschaft hat sie sich dem Willen der totalitären Obrigkeit nicht gebeugt – ja, bietet ihm aus dem Exil noch immer die Stirn, indem sie öffentlich Zeugnis ablegt, mal kämpferisch, mal poetisch. Ihr Empowerment stärkt andere, die sich in einer ähnlichen Lage befinden, gerade auch weibliche People of Color mit ihren weltweit multiplen Gewalterfahrungen. Sie zeigt uns, welch hohes Gut die Demokratie ist, eines, um das tagtäglich – überall auf der Welt – gerungen werden muss.“
Weitere Informationen, auch zur Besetzung der Jury, unter http://www.muenchen.de/kulturfoerderung, Stichwort „Auszeichnungen und Preise“.