Performance-Based Contracts (PBC) – das Zukunftsmodell für innovative Vertragsgestaltung
Antrag Stadtrats-Mitglieder Leo Agerer, Andreas Babor, Heike Kainz, Manuel Pretzl und Thomas Schmid (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 19.1.2023
Antwort Oberbürgermeister Dieter Reiter:
In Ihrem Antrag vom 19.1.2023 fordern Sie die Landeshauptstadt München bzw. die Vergabestelle auf, „zur Verbesserung der Flexibilität bei der Vertragsgestaltung in unterschiedlichen Bereichen bei der Einführung sowie Umsetzung des Modells der Performance-Based Contracts (PBC) – d.h. leistungsabhängige Lieferantenverträge – unterstützend tätig zu werden.“
Sie beantragen die Umsetzung verschiedener Vorschläge und Forderungen und formulieren Anliegen an die Verwaltung, die sich auf Zuständigkeiten und Ausführungen bei der Beschaffung sowie auf das Zusammenwirken von dezentralen Bedarfs- und zentralen Vergabestellen beziehen.
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt, weshalb eine beschlussmäßige Behandlung im Stadtrat rechtlich nicht möglich ist.
Zu Ihrem Antrag vom 19.1.2023 teile ich Ihnen Folgendes mit:
Nach der bayerischen Gemeindeordnung (GO) muss eine Gemeinde für den ordnungsgemäßen Gang der Geschäfte sorgen und die dafür erforderlichen Einrichtungen schaffen. Sie soll Vermögensgegenstände nur dann erwerben, wenn das zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist (Art. 56 Abs. 1 und Art. 74 Abs. 1 GO). Das heißt aber auch, dass die Gemeinde den Bedarf an Liefer- und Dienstleistungen decken muss, den sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben hat. Art. 61 Abs. 2 GO fordert als Ausfluss des Grundsatzes sparsamer und wirtschaftlicher Haushaltsführung die Realisierung des angestrebten Erfolgs mit geringstmöglichem Mitteleinsatz.
Die Landeshauptstadt München (LHM) muss als öffentliche Auftraggeberin das engmaschige öffentliche Vergaberecht beachten. Dies speist sich aus vielfältigen Quellen vom Unionsrecht bis zu Verwaltungsvorschriften. Dazu gehören u.a. verschiedene EU-Richtlinien, als Bundesrecht das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und die Vergabeverordnung(VgV) oder untergesetzlich die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO), die bayerische Bekanntmachung über die Vergabe von Aufträgen im kommunalen Bereich, die bayerischen Umweltrichtlinien im öffentlichen Auftragswesen und die Vergabe- und Vertragsordnungen. Hinzu kommt Spezialrecht wie beim Einkauf von Schulbüchern das Buchpreisbindungsgesetz. Die Unternehmen haben gem. § 97 Abs. 6 GWB einen Anspruch auf die Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren. Unternehmen können die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften vor der Vergabekammer bei der Regierung von Oberbayern und gerichtlich bis hin zum Schadensersatz geltend machen.
Ihrem Antrag entsprechend haben sich die mit Beschaffung und Vergabe befassten Dienstkräfte mit der von Ihnen aufgezeigten Thematik und dem vorgestellten Lösungsansatz auseinandergesetzt. Nach eingehender Prüfung erkennt die Stadtverwaltung jedoch keine Fallkonstellation in der städtischen Beschaffungssystematik, die für PBC geeignet erscheint. Die Verwaltung hat daher Kontakt zum Bayerischen Städtetag, zu den Mitgliedsstädten im Beschaffungsbeirat des Deutschen Städtetags, zum Auftragsberatungszentrum Bayern e.V. und zum Bayerischen Innenministerium aufgenommen. Das Konstrukt PBC ist bei den angefragten Stellen weitgehend unbekannt, so dass keine verwertbaren Informationen zu erhalten waren. Die im Internet eingestellten Vorträge der Universität der Bundeswehr München, Arbeitsgebiet Beschaffung, sind eher theoretische Abhandlungen. Die wenigen, darin aufgezeigten Beispiele sind für Beschaffungen der Stadt nicht einschlägig oder teilweise mit Leasingverträgen vergleichbar. Zu den in Ihrem Antrag genannten Leistungsergebnissen können öffentliche Auftraggeber gemäß § 59 Vergabeverordnung (VgV) ohnehin bereits vorgeben, dass das Zuschlagskriterium „Kosten“ auf der Grundlage der Lebenszykluskosten der Leistung berechnet wird. Lebenszykluskosten sind Thema z.B. bei der Kreislaufwirtschaft oder bei der Fortbildung zur nachhaltigen Beschaffung (Beschluss der Vollversammlung vom 30.11.2022 zur Sitzungsvorlage 20-26/V 07870 mit Aufgriff des Antrags Nr. 20-26/A 02452, Nachhaltigkeitsbericht München 2022 in Sitzungsvorlage 20-26/V 08421, Münchner Praxisbeispiel „Nachhaltige Beschaffung“).
Für die Stadt ist es dennoch wichtig, sich auch mit neuen, bei den Beteiligten noch unbekannten Beschaffungsmodalitäten zu beschäftigen. Die Entwicklung von PBC wird daher aufmerksam beobachtet und bei entsprechender Praxisreife unter Beibehaltung und Ausbau des Münchner Wegs zu geschlechtergerechtem, gleichstellungsorientiertem und antidiskrimi-nierendem Vergabe- und Vertragswesen in geeigneten Fällen auch ausprobiert werden.
Von den vorstehenden Ausführungen bitte ich Kenntnis zu nehmen und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.