Betreiben die SWM Greenwashing für Mineralölkonzerne?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (DIE LINKE. / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 25.5.2023
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 25.5.2023 führten Sie als Begründung aus:
„Die Stadtwerke München (SWM) bieten für Halter*innen von E-Autos die Teilnahme an einem Prämienprogramm an. Dabei werden rechnerische Emissions-Einsparungen durch die Verwendung von E-Autos bescheinigt. Die resultierende sogenannte Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) wird anschließend ‚vermarktet‘, so die Homepage zum Produkt*1.
Was nicht auf der Homepage, aber im Intranet der SWM steht, ist an wen sie vermarktet wird: An Konzerne, insbesondere Mineralölkonzerne, die Ihre gesetzlichen Vorgaben zur Emissionsminderung nicht erfüllen und durch den Zukauf dieser Quoten hohe Strafzahlungen vermeiden (im Folgenden: Kund*innen). Damit unterstützen die SWM, dass sich die Mineralölkonzerne auf dem Papier schönrechnen. Am Klimanutzen dieser Schönfärberei gibt es große Zweifel*2. Gleichzeitig profitieren von diesem Prämiensystem einmal mehr Menschen mit höheren Einkommen, die sich ein E-Auto überhaupt erst leisten können. Menschen, die zu Fuß, mit dem ÖPNV oder mit dem Rad unterwegs sind, gehen bei diesem System leer aus, obwohl ihre Fortbewegung wesentlich klimafreundlicher ist als mit einem E-Auto.“
*1 https://www.swm.de/elektromobilitaet/thg-quote-praemie
*2 https://www.stern.de/auto/e-mobilitaet/thg-quote--kritik-an-der-praemie-fuer-elektroauto-fahrer-31808742.html
Die in Ihrer Anfrage gestellten Fragen können auf der Basis einer Stellungnahme der SWM wie folgt beantwortet werden:
Stellungnahme der SWM:
„In Deutschland ist es Unternehmen, die in Deutschland CO2-emittierende Kraftstoffe – allen voran Diesel und Benzin – verkaufen, erlaubt, auf ihre Verpflichtung zur Minderung von Treibhausgasen Strom anzurechnen, der nachweislich zur Verwendung in Straßenfahrzeugen mit Elektroantrieb aus dem Netz entnommen wurde.
SWM bieten Kund*innen mit E-Fahrzeugen den Service an, sich ihre Einsparquote bescheinigen zu lassen und die Quote zu vermarkten. Der Kundenbindungs- und Kundengewinnungs-Gedanke steht dabei im Vordergrund.“
Frage 1:
Ist für die teilnehmenden Fahrzeughalter*innen transparent, wessen verfehlte Emissionsminderungsziele durch die Prämienzahlung kompensiert werden? Wieso wird diese Information nicht auf der Homepage veröffentlicht?
Antwort der SWM:
„Die SWM vermarkten die THG-Quoten der E-Fahrzeughalter*innen wegen der geringen Mengen nicht direkt an Quotenverpflichtete, sondern an Händler*innen. Diese wiederum treten mit Quotenverpflichteten in Kontakt. Deshalb kann SWM zu Quotenverpflichteten keine Auskunft geben.“
Frage 2:
Auf welche Branchen teilen sich die Kund*innen des Programms prozentual nach Umsatz auf?
Antwort der SWM:
„Über 90% sind Privatkund*innen, die restlichen Kund*innen sind Gewerbetreibende oder Freiberufler über alle Branchen hinweg. Eine signifikant überrepräsentierte Branche ist nicht feststellbar.“
Frage 3:
Wie hoch sind der Umsatz und der Gewinn der Stadtwerke aus diesem Produkt pro Jahr seit Einführung?
Antwort der SWM:
„Im Jahr 2022 haben die SWM die THG-Quote für rund 1.700 E-Fahrzeughalter*innen vom Umweltbundesamt bescheinigen lassen. Die erzielten Erlöse waren insgesamt kostendeckend. Der Kundenbindungs- und Kundengewinnungs-Gedanke stand und steht für SWM dabei im Vordergrund.“
Frage 4:
Wie hoch waren pro Jahr die gesamten Verfehlungen an nicht eingesparten Emissionen der Kund*innen, die durch das Produkt kompensiert wurden (in t CO2eq), und wie hoch die auf diese Weise vermiedenen Strafzahlungen? Wenn keine genauen Zahlen ermittelbar sind, bitten wir um Schätzung.
Antwort der SWM:
„Das Umweltbundesamt bescheinigte den privaten, gewerblichen und freiberuflichen E-Fahrzeughalter*innen, die sich im Jahr 2023 bei den SWM angemeldet haben, eine Gesamtquote in Höhe von rund 3.500MWh zur Verwendung in Straßenfahrzeugen mit Elektroantrieb nach § 7 der 38. BImSchV. Die Treibhausgasemissionen nach § 5 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 3 und der Anlage 3 der 38. BImSchV betrugen rund 1.500.000 Kilogramm CO2-Äquivalent.
Frage 5:
Sind den SWM Fälle bekannt, bei denen die Prämie für Fahrzeughalter*innen ausschlaggebend dafür war, statt eines neuen Verbrenner-Autos ein E-Auto anzuschaffen? Mit anderen Worten: Wurden durch dieses Programm irgendwelche Emissionen tatsächlich eingespart?
Antwort der SWM:
„Den SWM liegen diesbezüglich keine Informationen vor.“
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten konnte.