Vier MONATE und mehr für eine Gewerbeummeldung
Anfrage Stadträte Hans Hammer, Hans-Peter Mehling und Manuel Pretzl (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 20.10.2022
Antwort Kreisverwaltungsreferentin Dr. Hanna Sammüller-Gradl:
Ihre Anfrage vom 20.10.2022 wurde im Auftrag von Herrn Oberbürgermeister Dieter Reiter in Federführung dem Kreisverwaltungsreferat zur Beantwortung zugeleitet. In Ihrer Anfrage führen Sie Folgendes aus: „Unlängst haben Gewerbetreibende beim Kreisverwaltungsreferat um Termine zur kurzen Vorsprache im Falle von Gewerbeummeldung gebeten. Das KVR gab mit der Begründung des hohen Aufkommens von E-Mails und postalischen Zusendungen an, die Bearbeitung des Antrages werde ca. vier Monate in Anspruch nehmen, weshalb von weiteren Kontaktaufnahmen seitens der Antragsteller abzusehen sei. Die durch die Ummeldung ausgelöste Gebührenforderung könnte dann innerhalb weiterer drei Monate die Gewerbetreibenden erreichen. Ein Gesamtzeitraum von sieben Monaten zur abschließenden Bearbeitung eines solchen Vorganges ‚erscheint‘ viel zu lang insbesondere jenen Bürgerinnen und Bürgern gegenüber, die mit der Gewerbesteuer einen nicht unwesentlichen Teil des städtischen Haushaltes erwirtschaften.“
Zu Ihren diesbezüglich aufgeworfenen Fragen nimmt das Kreisverwaltungsreferat in Abstimmung mit dem Herrn Oberbürgermeister wie folgt Stellung:
Frage 1:
Was sind die Ursachen für die sehr lange Bearbeitungsdauer?
Antwort:
Tatsächlich kommt es derzeit im Bereich der Gewerbemeldungen zu längeren Bearbeitungszeiten. Dies ist darauf zurückzuführen, dass es hier in den zurückliegenden zwei Jahren während der Corona-Pandemie zu den größten Veränderungen der letzten Jahrzehnte gekommen ist.
Nachdem bereits zum 5.7.2021 in diesem Bereich die Online-Terminvereinbarung eingeführt wurde, wurde im März/April 2022 ein neues Gewerbefachverfahren implementiert. Dieses neue Fachverfahren löste die bisher bestehende Anwendung aus dem Jahr 1989 ab. Das entsprechende Projekt startete im Jahr 2016 und ist nach wie vor nicht abgeschlossen.
Im Vergleich zum alten Gewerbefachverfahren stellt das neue Programm technisch einen Quantensprung dar. Musste im alten Fachverfahren nochmit Kurzbefehlen gearbeitet werden, gibt es für die eingehenden Gewerbemeldungen mittlerweile eine E-Akte. Zudem können künftig auch endlich sukzessive online Services angeboten werden. Dennoch hat sich die Bearbeitungszeit für die einzelnen Gewerbemeldevorgänge im Rahmen der Einführung des neuen Verfahrens im Vergleich zum Jahr 2019 zunächst verdoppelt. Nach den ersten Monaten an Erfahrung ist die Tendenz aber wieder rückläufig.
Die Einführung dieses neue Fachverfahrens erfolgte durch zahlreiche Beteiligte, wie beispielsweise die beauftragte Firma, das IT-Referat und die Geschäftsleitung im KVR. Nichtsdestotrotz war gerade der Fachbereich zeit- und ressourcenmäßig stark beansprucht. Neben dem laufenden Geschäft mussten zahlreiche Kräfte für ein umfassendes Testmanagement und die Vor- und Nachbereitung des Go-Live zur Verfügung gestellt werden. Nach wie vor sind einzelne Kolleg*innen als Key-User besonders gefordert, um die Weiterentwicklung des Programms und die Behebung von Fehlermeldungen zu gewährleisten.
Auch die Corona-Pandemie hat sich unmittelbar auf diesen Bereich ausgewirkt, weil sich hunderte Münchner Unternehmer*innen mit Fragen rund um die Auslegung der jeweils geltenden Infektionsschutzmaßnahmenverordnung an die Gewerbeabteilung gewandt hatten. Dies zeigen unmittelbar vor allem auch die Anrufendenzahlen im Servicetelefon der Gewerbeabteilung. Während im Durchschnitt vor der Corona-Pandemie etwa 1.500 Anrufe pro Kalendermonat bearbeitet werden mussten, haben sich die Zahlen innerhalb der letzten beiden Jahre nahezu vervierfacht, sodass zeitweise mehr als 6.000 Anrufe pro Monat beim Servicetelefon der Gewerbeabteilung eingingen.
In Folge der Corona-Pandemie und den damit einhergehenden Auswirkungen auf den städtischen Haushalt konnte den oben dargestellten Herausforderungen nur mit einem stark eingeschränkten Personalkörper begegnet werden. Nachdem vorläufig keine Stellen mehr nachbesetzt werden konnten, waren bis zum 1.7.2022 lediglich 50 Prozent der Stellen in der Sachbearbeitung besetzt (5,5 VZÄ von 11 VZÄ). Immerhin konnten im Juli 2022 drei neue Kolleg*innen eingestellt werden, deren Einarbeitung mittlerweile weitestgehend abgeschlossen ist. Nach wie vor sind 2,5 VZÄ in der Sachbearbeitung unbesetzt, die Nachbesetzungen laufen.
Selbstverständlich ist es dem Kreisverwaltungsreferat ein Anliegen, dass eingehende Gewerbemeldungen zeitnah wieder schneller bearbeitet werden können. Dies soll nicht nur die verbesserte Personalsituation in die-sem Bereich sicherstellen. Um die bestehenden Rückstände abarbeiten zu können, leisten auch die anderen Unterabteilungen Gewerbeüberwachung und Gewerblicher Kraftverkehr Unterstützung. Eine Unterstützung durch andere Bereiche war während der Hochphase der Corona-Pandemie leider nicht möglich, da die Besetzungsquote hauptabteilungsweit unter Berücksichtigung der Abordnungen zu PEIMAN zwischenzeitlich auf knapp über 70 Prozent gesunken ist. Allgemein möchten wir auch darauf hinweisen, dass durch entsprechende Priorisierungen stets darauf geachtet wurde, dringliche Anliegen mit besonders weitreichenden Auswirkungen für die Gewerbetreibenden vorrangig zu bearbeiten.
Darüber hinaus können seit dem 1.11.2022 wieder vermehrt Termine im Parteiverkehr angeboten werden, um dem Beratungsbedarf gerecht werden zu können und den Antragstellenden eine schnelle Sachbearbeitung zu gewährleisten. Zudem ist auch die Online-Gewerbemeldung, die letztlich den Bürger*innen den Behördengang ersparen soll, ein wesentliches Instrument, um die Servicequalität zu steigern und die Zufriedenheit bei den Bürger*innen wieder auf das gewohnt hohe Niveau zu heben.
Ein besonderer Dank gebührt an dieser Stelle allen engagierten Kolleg*innen aus dem betroffenen Fachbereich, die mit ihrem herausragenden Einsatz trotz der großen Belastungen stets einen bestmöglichen Kundenservice aufrechterhalten haben. Die enorme Einsatzbereitschaft der Mitarbeiter*innen zeigt sich nicht zuletzt dadurch, dass Anfang des Jahres 2023 die bestehenden Rückstände durch freiwillige Arbeit an einzelnen Wochenenden reduziert werden sollen.
Frage 2:
Dem KVR wurden in den letzten Jahren wegen der Darstellung des demographischen Wandels hunderte Stellen zugeschaltet. Wurden diese besetzt und wie viele davon sind der Gewerbebehörde zugeteilt worden?
Antwort:
Im Zeitraum 1.1.2016 bis 30.9.2022 wurden für das KVR (ohne Branddirektion) knapp 800 VZÄ Stellen vom Stadtrat beschlossen. Davon wurden tatsächlich 732 VZÄ Stellen eingerichtet und 67 VZÄ Stellen wurden aufgrund fortlaufender Engpässe der städtischen Haushaltssituation konsolidiert. 632 VZÄ Stellen der eingerichteten Stellen wurden besetzt. Das entspricht 86%.
Im Bereich der Gewerbebehörde wurden 31,6 VZÄ Stellen beschlossen. Nach der Konsolidierung von 3,5 VZÄ Stellen wurden 28,1 VZÄ Stellen eingerichtet. Besetzt wurden 27,1 VZÄ Stellen, also 96%. Die genannten Stellen wurden in unterschiedlichen Sachgebieten der Gewerbeabteilung eingerichtet. Keine der genannten Stellen betraf allerdings den hier in Rede stehenden Bereich der Gewerbemeldungen.
Frage 3:
Wie ist die Stellenbesetzungsquote in den Hauptabteilungen im Vergleich und zur Gewerbebehörde?
Antwort:
Die Stellenbesetzungsquote im KVR (ohne Branddirektion) liegt zum Stand 30.9.2022 bei 80,8%. Die Besetzungsquote in den einzelnen Hauptabteilungen liegt bei der Hauptabteilung I bei 72,3%, bei der Hauptabteilung II bei 84,7% und bei der Hauptabteilung III bei 82,7%.
Bei der Gewerbebehörde (KVR-III/2) liegt die Besetzungsquote bei 89,8% und damit wesentlich höher im Vergleich zu den Hauptabteilungen und dem KVR Gesamt.
Diese erfreuliche Entwicklung darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass im Bereich der Gewerbemeldungen noch bis zum 1.7.2022 eine Stellenbesetzung von 50% Realität war. Das dargestellte Defizit war mitunter für die Entstehung der aktuellen Rückstände ursächlich. Die Gewerbebehörde insgesamt hatte zum Stand 30.3.2022 eine Besetzungsquote von lediglich 79,4%.
Frage 4:
Welche Maßnahmen ergreift die Stadtkämmerei, wenn die Gewerbesteuervorauszahlung eines Gewerbebetriebs vier oder sieben Monate zu spät erfolgt?
Antwort:
Die Stadtkämmerei teilt im Hinblick auf Frage 4 das Folgende mit:
„Eine verzögerte Gewerbeummeldung innerhalb des Stadtgebietes hat keinerlei Auswirkungen in Bezug auf Gewerbesteuervorauszahlungen. Bereits festgesetzte Vorauszahlungen bleiben hier unverändert bestehen.
Darüber hinaus haben Bürger*innen jederzeit die Möglichkeit, bei einem Wechsel des Gewerbestandortes nach München und einer damit verbundenen Gewerbeanmeldung in München entweder bei der Stadtkämmerei direkt eine Festsetzung von Vorauszahlungen zu beantragen oder sich mit der Bitte, einen geänderten Messbescheid für Zwecke der Vorauszahlungen zu erlassen, an das für sie zuständige Betriebsfinanzamt zu wenden.Da eine Anpassung der Gewerbesteuervorauszahlungen auch im Nachhinein erfolgen kann, ist ein verzögertes Verfahren bei Gewerbeanmeldungen und Ummeldungen hier unerheblich. Je nach Veranlagungsjahr endet die Frist für eine Anpassung frühestens mit Ende des 15. auf den Erhebungszeitraum folgenden Kalendermonats (§ 19 Abs. 3 GewStG-Gewerbesteuergesetz).
Die Gewerbesteuerpflichtigen haben in der Regel ein hohes Eigeninteresse an der Leistung von Vorauszahlungen, die ‚passend‘ zur tatsächlichen wirtschaftlichen Situation des jeweiligen Betriebes sind und nehmen weit überwiegend selbst Kontakt mit den städtischen oder finanzamtlichen Stellen auf, mit dem Ziel keine hohen Abschlusszahlungen nach der Abgabe von Steuererklärungen leisten zu müssen.“
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.