Räum- und Streudienste auch für Anwohnerinnen und Anwohner zugänglich machen
Antrag Stadtrat Alexander Reissl (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 4.4.2023
Antwort Baureferefrentin Dr.-Ing. Jeanne-Marie Ehbauer:
In Ihrem Antrag bitten Sie die Stadtverwaltung zu prüfen, ob künftige Ausschreibungen für die Räum- und Streupflicht städtischer Liegenschaften so ausgestaltet werden können, dass direkte Nachbarn dieser Liegenschaften, die von der Landeshauptstadt München beauftragten Firmen ebenfalls beauftragen können.
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrags betrifft die Prüfung der für die laufende Aufgabenerfüllung des Baureferates eingesetzten Mittel und ist somit eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt, weshalb eine beschlussmäßige Behandlung im Stadtrat rechtlich nicht möglich ist.
Zu Ihrem Antrag vom 4.4.2023 teilen wir Ihnen aber Folgendes mit: Die gemeindliche Räum- und Streupflicht ergibt sich aus Art. 51 des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes (BayStrWG). Danach haben die Gemeinden zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung die öffentlichen Straßen u.a. zu räumen und streuen (Art. 51 Abs. 1 BayStrWG). Die gemeindliche Räum- und Streupflicht wird dabei durch die Leistungsfähigkeit der Gemeinde, also ihre technischen und finanziellen Möglichkeiten, begrenzt. Die Reinigungs- und Sicherungspflicht kann auch durch Rechtsverordnung der Gemeinde auf die Grundstückseigentümer*innen und die zur Nutzung dinglich Berechtigten übertragen werden. Die Rechtsgrundlage für die Übertragung auf die betroffenen Anlieger*innen bilden Art. 51 Abs. 4 und 5 BayStrWG. Von dieser Übertragungsmöglichkeit hat die LHM mit ihrer Reinigungs- und Sicherungsverordnung teilweise Gebrauch gemacht. Innerhalb des sog. Vollanschlussgebietes kommt die LHM ihrer gemeindlichen Räum- und Streupflicht nach, indem die städtische Straßenreinigung die Reinigungs- und Winterdienstleistungen im öffentlichen Straßenraum gegen Gebühr auch für die Grundstücks- und Hauseigentümer*innen vollständig selbst erbringt.
Außerhalb des sog. Vollanschlussgebiets müssen die betroffenen Anlieger*innen ihren Verpflichtungen aus der Verordnung nachkommen. Vondiesen Anliegerpflichten ist die LHM als Grundstückseigentümerin nicht ausgenommen. Außerhalb des Vollanschlussgebietes werden Fahrbahnen von Straßen, entsprechend ihrer Verkehrsbedeutung, in Erfüllung der kommunalen Winterdienstaufgabe durch von der Stadt beauftragte Firmen gesichert. Die LHM vergibt hierfür die Durchführung von Reinigungs- und Winterdienstarbeiten in 49 Einsatzgebieten, mit einer Vertragslaufzeit von mehreren Jahren, an geeignete Firmen. Diese Firmen werden im Rahmen des Vergabeverfahrens im jeweiligen Vertragsgebiet auch mit der Erfüllung der Anliegerverpflichtung für die Grundstücke der LHM beauftragt.
Abgesehen von dem damit verbundenen Eingriff in den Markt für Winterdienstleistungen ist eine Modifizierung der Vergabe der kommunalen Winterdienstleistungen außerhalb des Vollanschlussgebiets mit dem Ziel der Einbeziehung privater Nachbar*innen städtischer Liegenschaften schon aus praktischen Erwägungen nicht realisierbar.
Bereits jetzt müssen die von der LHM beauftragten Firmen angesichts begrenzter Gerätekapazitäten und schmaler Personalressourcen ihren Betrieb knapp kalkulieren.
Die Einführung der im Antrag gewünschten Option würde dazu führen, dass sich die Firmen auf eine nach Anzahl und Aufwand zum Zeitpunkt des Vergabeverfahrens nicht kalkulierbare Ausweitung ihrer Leistungsfähigkeit einstellen müssten, zumal es anderen Bürger*innen schwer zu vermitteln sein dürfte, weshalb nur den unmittelbaren Nachbar*innen städtischer Grundstücke eine entsprechende Möglichkeit eingeräumt werden soll. Nicht zuletzt mit Blick auf den mit weiteren Aufträgen verbundenen zusätzlichen Bürokratieaufwand bei vergleichsweise geringem Auftragsvolumen könnten die Fremdfirmen die Erfüllung eines solchen Winterdienstvertrags kaum noch wirtschaftlich bewältigen.
Eine entsprechende Vertragsgestaltung in künftigen Vergabeverfahren würde die Attraktivität des Auftrags für die Winterdienstfirmen schmälern und damit die Bereitschaft von Fremdfirmen zur Angebotsabgabe für den städtischen Reinigungs- und Winterdienstvertrag nachhaltig verschlechtern. Die Gewährleistung der Reinigung und Sicherung der Straßen im Stadtgebiet außerhalb des Vollanschlussgebiets wäre in diesem Fall gefährdet.
Die Delegation der Anliegerpflichten auf die Grundstückseigentümer*innen erfolgt bereits seit vielen Jahrzehnten. Diese wird in ähnlicher Form in fast jeder anderen bayerischen Kommune so praktiziert und hat in der Ver-gangenheit in der Umsetzung, von wenigen Ausnahmen abgesehen, keine Probleme bereitet.
Da die Winterdienstpflicht zudem keine höchstpersönliche Pflicht darstellt, steht es allen Grundstückseigentümer*innen frei, bzw. Hauverwaltungen Dritter mit dieser Aufgabe zu beauftragen.
Vor diesem Hintergrund bitten wir um Verständnis, dass eine Umsetzung des im Antrag formulierten Anliegens nicht möglich ist.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass der Antrag damit abschließend behandelt ist.