Wieder Fisch auf den Kita-Speiseplan!
Antrag Stadtrats-Mitglieder Beatrix Burkhardt, Alexandra Gaßmann und Manuel Pretzl (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 10.1.2023
Antwort Stadtschulrat Florian Kraus:
In Ihrem Antrag baten Sie darum, dass das Referat für Bildung und Sport „schnellstmöglich wieder einmal wöchentlich ein Gericht mit Fisch auf den Speiseplan der Kinderbetreuungseinrichtungen“ aufnimmt.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, teile ich Ihnen auf diesem Weg zu Ihrem Antrag Folgendes mit:
Der aktuelle Rahmenvertrag für die Mittagsverpflegung an städtischen Kindertageseinrichtungen im Verpflegungssystem Cook & Freeze hat eine Laufzeit von 12 Monaten und begann zum 1.4.2023. Optional kann der Vertrag um weitere 12 Monate bis zum 31.3.2025 verlängert werden. Fisch und Fischprodukte sind in diesem nicht enthalten.
In der Verpflegung von Kindern in Kindertageseinrichtungen stellt es eine besondere Herausforderung dar, ein ausgewogenes Fischgericht anzubieten. Zum einen liegt dies an der aufwendigen Beschaffung und Verarbeitung von Fisch, welcher weder mit Schwermetallen noch mit Mikroplastik belastet sein sollte und der zudem praktisch grätenfrei sein muss. Zum anderen ist es schwierig, eine ausreichende Zufuhr der langkettigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA über das Fischangebot in der Mittagsverpflegung sicherzustellen.
Die empfohlene Menge von 250–500 mg EPA/DHA pro Tag konnte schon bisher und wird auch in Zukunft nicht in der Kindertageseinrichtung sichergestellt werden; die Verpflegung in der Kindertageseinrichtung kann nur als Ergänzung zur Familienmahlzeit beitragen.
Auch wenn ein entsprechendes Angebot an Fisch vorliegt, haben die erfahrungsgemäßen Abrufmengen für Fisch gezeigt, dass die Kindertageseinrichtungen in der Praxis überwiegend panierten Fisch bevorzugen, welcher aus ernährungsphysiologischer Sicht jedoch nicht empfehlenswert ist, und andere Fischgerichte, wie z.B. Fischpfanne oder Wildlachs, sehr wenig Interesse finden.
Stattdessen soll Rapsöl, welches einen hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren sowie ein günstiges Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäurenaufweist, als Standardöl sowohl in der Kindertageseinrichtung als auch zu Hause eingesetzt werden.1
Süßwasserfisch als Alternative zum Seefisch anzubieten, ist aufgrund des deutlich reduzierten Anteils an langkettigen Omega-3-Fettsäuren sowie der nicht garantierten Grätenfreiheit in Kindertageseinrichtungen nicht üblich. Gemäß Auskunft eines großen Lieferanten kann demnach nicht garantiert werden, Süßwasserfisch so zu verarbeiten und anzubieten, dass er hundertprozentig grätenfrei ist. Das heißt, dass sowohl in der Küche der Kindertageseinrichtung als auch in der Essenssituation besonders sorgfältig darauf geachtet werden muss, dass sich keine Gräten im Essen befinden. Diese Grätenfreiheit ist ein unbedingtes Muss in der Verpflegung von (Klein-)Kindern. Kindertageseinrichtungen sind auch als Lebensmittelunternehmen gesetzlich verpflichtet, ein sicheres Essen anzubieten und stehen somit in der (Produkt-)Haftung.
Das Risiko, an einer Gräte zu ersticken, wird zwar als gering eingeschätzt, aber eine verschluckte Gräte kann sich in der Speiseröhre festsetzen und – sofern dies zu spät erkannt wird – zu einer Perforation dieser führen. Weiterhin sind hohe Preise sowie fehlende geschmackliche Akzeptanz Gründe, warum Süßwasserfisch üblicherweise in der Gemeinschaftsverpflegung von Kindern nur selten oder gar nicht angeboten wird.
Die Ausschreibung für das Verpflegungssystem Cook & Freeze erfolgte zum fünften Mal seit 2013 und erfordert aufgrund des Volumens ein europaweites Verfahren. Bei den bisherigen Ausschreibungen wurde bereits MSC-zertifizierte Ware gefordert. Laut der Organisation WWF (World Wide Fund For Nature), welche selbst vor zwanzig Jahren Mitbegründerin des MSC war, erfüllt dieser jedoch inzwischen nicht mehr die Erwartungen an eine nachhaltige Fischerei. So wurden bei MSC deutliche Mängel festgestellt, wie auch die wachsende Zahl der vom WWF eingereichten Beanstandungen einzelner MSC-Zertifizierungen zeigt.2
Das macht deutlich, dass Verbesserungen im Hinblick auf beispielsweise vollständige Transparenz der zertifizierten Fischereien, Fangaktivitäten sowie Schutz des Beifangs vorgenommen werden müssen.
Weiterhin ist Zuchtfisch aus Aquakultur nicht immer nachhaltiger. Laut der Verbraucherzentrale Hamburg werden die Wildbestände trotz der Haltung vieler Fische und Meeresfrüchte in Aquakultur nicht immer geschont. Für die Fütterung von z.B. Lachs oder Forelle wird teilweise Wildfang oder Beifang aus dem Meer eingesetzt.Immer häufiger wird hierfür auch alternatives Futter – bestehend aus Sojamehl, Pflanzenöl und Getreide – eingesetzt. Somit reduziert sich deutlich die Zufuhr an Omega-3-Fettsäuren, die originär aus Mikroalgen stammen. Entsprechend finden sich im Zuchtfisch aus Aquakultur ebenfalls deutlich weniger essenzielle Omega-3-Fettsäuren, welche aus ernährungsphysiologischer Sicht jedoch den hauptsächlichen Grund für die Empfehlung des Verzehrs von Fisch darstellen.
Ernährungsphysiologische wie ökologische Gründe sind somit ausschlaggebend, das Angebot an Fischmahlzeiten in städtischen Kindertageseinrichtungen zu überprüfen. Die Einrichtungen werden deshalb unterstützt, im Rahmen begleitender pädagogischer Maßnahmen dieses zu thematisieren und ggf. auf Wunsch der Kinder geeignete Fischmahlzeiten im Rahmen der Frisch-Misch-Küche anzubieten.
Ich bitte um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen und gehe gleichzeitig davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.
1 DGE Standard Kita Verpflegung, Nov. 2020
2 WWF: Der Marine Stewardship Council (MSC) (Stand: 06.03.2023) https://www.wwf.de/themen-projekte/meere-kuesten/fischerei/nachhaltige-fischerei/der-marine-stewardship-council-msc [17.09.2018]