Stadtviertelidentifikation – Münchens neuen Stadtteilen ein Gesicht
geben
Antrag Stadtrats-Mitglieder Andreas Babor, Hans Hammer, Heike Kainz, Hans-Peter Mehling, Veronika Mirlach, Manuel Pretzl, Alexander Reissl und Rudolf Schabl (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 31.3.2022
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk:
Der o.g. Stadtratsantrag der CSU-FREIEN WÄHLER Fraktion wurde dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung zur federführenden Bearbeitung zugeleitet.
In Ihrem Antrag fordern Sie das Referat für Stadtplanung und Bauordnung auf, gemeinsam mit den städtischen Referaten einen Masterplan zu entwickeln, wie bei großen Neubauquartieren und neuen Münchner Stadtvierteln durch städtebauliche Qualität und architektonischen Anspruch sowie einladende Gestaltung öffentlicher Räume bewusst eine eigene Identität dieser Gebiete geschaffen werden kann.
Der beantragten Fristverlängerung für die Erledigung des Antrages Nr. 20-26/A 02602 mit Datum vom 17.3.2023 bis zum 31.7.2023 wurde zugestimmt.
Zu Ihrem Antrag vom 31.3.2022 teilt Ihnen das Referat für Stadtplanung und Bauordnung mit, dass Ihrem Anliegen bereits wie folgt durch den Stadtrat entsprochen wurde und deshalb eine Erledigung mittels Antwortschreiben erfolgt:
Auf einer strategischen, gesamtstädtischen Ebene fungiert der Stadtentwicklungsplan der Landeshauptstadt München (STEP 2040) in Hinblick auf die geforderten Ziele als Masterplan. Sie sind dort konkret im Handlungsfeld „Starke Quartiere und eine zukunftsfähige Stadtentwicklung“ verankert. Die „Perspektive München“ bildet dabei mit der fortzuschreibenden Fachleitlinie Stadtgestaltung und Baukultur einen integralen Rahmen für die Ausbildung spezifischer räumlicher und baulicher Qualitäten neuer Quartiere. (Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 03346 vom 28.7.2021- PERSPEK-TIVE MÜNCHEN, Entwurf des Stadtentwicklungsplans STEP 2040 „München – Stadt im Gleichgewicht“ und Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 12615 Perspektive München – Integration der digitalen Transformation und Fortschreibung des strategischen Konzepts vom 29.10.2018).
Die Münchner Stadtviertel sind Quartiere, die sich in ihrer Eigenart unterscheiden und jeweils eine eigene Identität besitzen: Das gründerzeitliche Schwabing oder das Gärtnerplatzviertel mit einem urbanen und nutzungs-gemischten Charakter etwa, unterscheidet sich von der durchgrünten Gartenstadt in Solln.
Neue Quartiere stehen vor der Herausforderung, dass sich ihre Identität erst noch entwickeln muss. Die Vergangenheit zeigt, dass sich ihre Qualität oft nicht auf Anhieb erschließt und dass sie erst mit der „Inbesitznahme“ durch ihre Bewohner*innen ihr endgültiges Gesicht erhalten. Das olympische Dorf beispielsweise war anfangs nur schwer „an die Münchner Wohnungssuchenden zu bringen“. Die Wohnungen standen kurz nach den Spielen leer, bis sie sich schließlich Mitte der 1970er langsam, dann schlagartig füllten und das olympische Dorf sein ganz eigenes Gesicht erhielt, das es bis heute bewahren konnte. Heutzutage wird das olympische Dorf nicht nur von seinen Bewohner*innen geliebt und geschätzt. Als Teil des Olympiaensembles gilt es heute als architektonische und landschaftsplanerische Ikone des 20. Jahrhunderts.
Auf Ebene konkreter Planungsareale und neuer Quartiere kommen folgende Instrumente zum Tragen:
Die Identität eines neuen Quartiers und die Identifikation mit demselben entsteht vor allem in einem Prozess der Mitgestaltung und der Aneignung durch Alt- und Neubürger*innen. Um diesen Prozess zu fördern, legt das Referat für Stadtplanung und Bauordnung großen Wert auf die informelle und frühzeitige Mitwirkung der Stadtbevölkerung am Planungsprozess. Schon seit vielen Jahren haben die Münchner Bürger*innen deshalb die Möglichkeit, sich durch verschiedene Beteiligungsformate in die Maßnahmen der Stadtentwicklungsplanung, der Bebauungsplanung und der Stadtsanierung einzubringen.
Zur Verstetigung dieses Prozesses fördert das Referat für Stadtplanung und Bauordnung eigeninitiativ die Einrichtung eines Quartiersmanagements bei der Planung von Neubauquartieren, da diese nachhaltig für die Entstehung lebenswerter und attraktiver Quartiere sorgen können. Gelungene Beispiele hierfür sind der Prinz-Eugen Park und das Quartiersmanagement in Neufreimann und Freiham, die die bewährten Ansätze des Stadtteilmanagements der Stadtsanierung mit neuen Aufgaben des Quartiersmanagements verknüpfen und so als Anlaufstelle für Neu- und Altbürger*innen fungieren.
Die Ergebnisse der oben genannten Bürgerbeteiligung fließen auch in städtebauliche und landschaftsplanerische sowie architektonische Wettbewerbe ein. Sie sind bewährte Instrumente zur Förderung der Qualität von neuen Stadtquartieren.
Auf der Suche nach der angemessenen Lösung für neue Stadtviertel können so innovative Lösungsansätze eingebracht, fachlich diskutiert und von einer unabhängigen Jury mit fundierter Empfehlung an den/die Auslober*in weitergegeben werden. In der Regel werden städtebaulicheund landschaftsplanerische Wettbewerbe als Vorbereitung für ein Bauleitplanverfahren durchgeführt. Auf der Grundlage von Vereinbarungen in den städtebaulichen Verträgen zu den Bebauungsplänen oder auf Grund von Empfehlungen des Referates für Stadtplanung und Bauordnung bzw. der Stadtgestaltungskommission können ergänzend Hochbauwettbewerbe in Planungsgebieten ausgelobt werden. All dies erzeugt nicht nur architektonische Qualitäten, sondern trägt auch zur Ausbildung jeweils eigener Charakteristika, mithin Identitätsträgern der jeweiligen neuen Quartiere bei. Um die städtebauliche, landschaftsplanerische, stadtgestalterische und architektonische Qualität der Bebauung zu gewährleisten, werden im Regelfall die Planungsbegünstigten im städtebaulichen Vertrag verpflichtet, einen Gestaltungsleitfaden erstellen zu lassen und ein Beratungsgremium einzusetzen. Die Aufgabe des Beratungsgremiums besteht darin, im Vorfeld der jeweiligen förmlichen Genehmigungsverfahren die Bauherr*innen sowie deren Planer*innen beratend zu begleiten. Die vorgelegten Entwürfe werden hinsichtlich der gestalterischen Qualität auf der Grundlage der Festsetzungen des Bebauungsplanes und der Vorgaben des Gestaltungsleitfadens, auch im Zusammenhang mit anderen Projekten im Gebiet mit Fachleuten und unter Beteiligung des Bezirksausschusses diskutiert. Bei der Formulierung von Planungszielen nimmt in der Auslobung von Wettbewerben der Aspekt der Identifikationsstiftung mit dem Stadtteil bereits heute eine stärkere Position ein. Ziel sind prägende Strukturen, sichtbare Identifikationspunkte sowie das Entstehen und die Bewahrung besonderer Qualitäten.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.