Lärmbelästigung durch Autoposer stoppen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Dirk Höpner und Tobias Ruff (Fraktion ÖDP/ München-Liste) vom 4.11.2022
Antwort Mobilitätsreferent Georg Dunkel:
Nach § 60 Abs.9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist.
Ihr Antrag hat die Einrichtung einer streckenbezogenen, nächtlichen Tempo 30-Regelung mit dem Zweck der Eindämmung von verkehrsbedingtem Lärm zum Ziel.
Das Mobilitätsreferat trifft als Straßenverkehrsbehörde Maßnahmen auf öffentlichem Verkehrsgrund nach den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung (StVO). Der Vollzug der StVO ist eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art.37 Abs.1 Satz 1 Nr.1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt.
Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist rechtlich nicht möglich.
Ich erlaube mir daher, Ihren Antrag in Abstimmung mit dem Herrn Oberbürgermeister auf dem Schriftwege zu beantworten.
In Ihrem Antrag vom 4.11.2022 fordern Sie, für die Lilienthalallee, die Maria-Probst-Straße und die Heidemannstraße ein nächtliches Tempolimit von 30 km/h einzuführen. Die Polizei soll gebeten werden, Geschwindigkeitsbegrenzungen verstärkt zu überwachen und konsequent gegen illegale Autorennen sogenannter Autoposer vorzugehen.
In Abstimmung mit dem Polizeipräsidium München kann ich Ihren Antrag wie folgt beantworten:
Die Straßenverkehrsbehörde kann die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das Gleiche gilt zum Schutz der Wohnbevölkerung unter anderem vor Lärm. Es handelt sich dabei um eine Ermessensvorschrift, d.h. die Behörde hat – bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen (hier eine Verkehrslärmbelastung, die über bestimmten Richtwerten liegt) – bei der Entscheidung neben den Individualinteressen wie den Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm auch die Interessen der Allgemeinheit zu würdigen und diese gegeneinander abzuwägen.Die Lilienthalallee liegt im Wesentlichen in einem Gewerbegebiet bzw. in einem Gebiet mit gewerblichen Charakter (Sondergebiet Fachmarkt bzw. gewerblicher Gemeinbedarf).
Die Maria-Probst-Straße liegt ebenfalls in einem Gewerbegebiet bzw. in einem Gebiet mit gewerblichen Charakter (Sondergebiete Einzelhandel). Am nordwestlichen Abschnitt des Straßenzugs ist eine gemischte Baufläche ausgewiesen.
Nördlich der Heidemannstraße erstrecken sich von der Ingolstädter Straße im Westen bis zur Grusonstraße zunächst ein Gewerbegebiet, gefolgt von einem reinen Wohngebiet. Daran anschließend ist bis zum Werner-Egk-Bogen ein Kleinsiedlungsgebiet, gefolgt von einem allgemeinen Wohngebiet und bis zur Bundesautobahn München – Nürnberg (A9) einem Gewerbegebiet. Die Fläche zwischen der Bundesautobahn München – Nürnberg (A9) und der Freisinger Landstraße ist wiederum als Kleinsiedlungsgebiet ausgewiesen.
Südlich der Heidemannstraße erstreckt sich von der Ingolstädter Straße bis zur Paracelsusstraße ein allgemeines Wohngebiet, an das im Anschluss in Richtung Osten Wohnbauflächen und gemischte Bauflächen ausgewiesen sind. Ab der Maria-Probst-Straße folgen bis zur Bundesautobahn München – Nürnberg (A9) wiederum Gewerbegebiete bzw. Gebiete mit gewerblichen Charakter. Die Fläche zwischen der Bundesautobahn München – Nürnberg (A9) und der Freisinger Landstraße ist südlich der Heidemannstraße als reines Wohngebiet ausgewiesen.
Straßenverkehrliche Maßnahmen kommen regelmäßig dann in Betracht, wenn die Beeinträchtigungen durch den Verkehrslärm höher sind als orts-üblich hingenommen werden muss. Nach den „Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm“ (Lärmschutz-Richtlinien StV) ist das dann der Fall, wenn der vom Stra-ßenverkehr herrührende Beurteilungspegel am Immissionsort bestimmte Richtwerte überschreitet.
Danach kommen straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen insbesondere dann in Betracht, wenn in reinen und allgemeinen Wohngebieten, in Kleinsiedlungsgebieten sowie an Krankenhäusern, Schulen, Kur- und Altenheimen die folgenden Richtwerte überschritten werden:
- bei Tag (in der Zeit von 6 Uhr bis 22 Uhr): 70 dB(A),
- bei Nacht (in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr): 60 dB(A).
Für Gewerbegebiete gelten die folgenden Richtwerte:
- bei Tag (in der Zeit von 6 Uhr bis 22 Uhr): 75 dB(A),
- bei Nacht (in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr): 65 dB(A).
Der Beurteilungspegel ist dabei ein Maß zur Kennzeichnung der auf einen Ort (Hausfassade) wirkenden Schallimmission. Er wird auf der Grundlage umfangreicher Untersuchungen aus der Verkehrsmenge, dem für eineQuelle ermittelten, standardisierten Mittelungspegel und einer Vielzahl immissionsortsabhängigen Korrekturen, wie beispielsweise der Entfernung von der Quelle, berechnet.
Anhaltspunkte für die bestehende Lärmbelastung ergeben sich aus den Lärmkartierungen, die vom Bayerischen Landesamt für Umwelt auch online zur Verfügung gestellt werden (http://www.umweltatlas.bayern.de). Eine von den genannten Straßen und Straßenzügen ausgehende unzumutbare Verkehrslärmbelastung wird in der für München bestehenden Lärmkartierung objektiv weder für den Tag noch für die Nacht bestätigt. So werden die oben genannten Richtwerte an keiner der im Umfeld betrachteten 90 Hausfassaden annähernd erreicht oder gar überschritten. Ergänzend ist hier anzumerken, dass zur Beurteilung der Verkehrslärmbelastung über die Zeit gemittelte Lärmpegel heranzuziehen sind und nicht die mitunter subjektiv als besonders störend empfundenen Spitzenpegel, die beispielsweise bei der Vorbeifahrt einzelner, sehr lauter Fahrzeuge erreicht werden. Dies ist gesetzlich so vorgeschrieben.
Folglich sind aus Gründen des Lärmschutzes derzeit keine objektiven Anhaltspunkte ersichtlich, die auf Grundlage der maßgeblichen Rechtsvorschriften und Regelwerke für die genannten Straßen und Straßenzüge verkehrsbeschränkende bzw. -verbietende Maßnahmen rechtfertigen können.
Teil zwei des Antrags zielt auf eine verstärkte Überwachung der Geschwindigkeitsbegrenzungen und ein konsequentes Vorgehen gegen illegale Autorennen sogenannter Autoposer durch die Polizei ab.
Die zu Grunde liegenden Beobachtungen bezüglich Verkehrsteilnehmenden mit offensichtlich getunten Fahrzeugen, deren Lenkende in der Nacht durch lautstarkes Aufheulen von Motoren und Reifenquietschen, sowie regelmäßiges Missachten der bestehenden Geschwindigkeitsbegrenzung auch abseits von Wohnvierteln Aufmerksamkeit erreichen wollen, deuten auf ein seit einiger Zeit bundesweit zu beobachtendes Phänomen hin, das mit Schlagworten wie „Autoposer*innen“, „Profilierungsfahrer*innen“ bezeichnet oder verniedlichend mitunter auch als „emotionelles Fahren“ umschrieben wird.
Seitens des Mobilitätsreferats als untere Straßenverkehrsbehörde bestehen keine Möglichkeiten, direkt gegen diese sogenannten Autoposer*innen und Profilierungsfahrer*innen und mitunter auch Raser*innen tätig zu werden. Im fließenden Verkehr obliegt die Kontrolle und Überwachung des Verkehrs ausschließlich der Polizei. Im Grundsatz kann also nur die Polizei Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung feststellen und ahnden. Zudem sind nach den zulassungsrechtlichen Vorschriften beispielsweise mit einem so genannten „Klappenauspuff“ ausgestattete Kraftfahrzeuge in Deutschland erlaubt, solange sie die vorgeschriebenen Grenzwerte für Motorenlärm nicht überschreiten.Die Bitte, die Geschwindigkeitsbegrenzungen verstärkt zu überwachen und konsequent gegen illegale Autorennen sogenannter Autoposer vorzugehen, wurde durch das Mobilitätsreferat an das Polizeipräsidium München weitergegeben.
Zu der für die genannten Straßenzüge geschilderten Situation hat das Polizeipräsidium München mitgeteilt, dass die genannten Straßenzüge Maria-Probst-Straße, Heidemannstraße und Lilienthalallee bei der örtlich zuständigen Polizeiinspektion 47 (Milbertshofen) nicht als „Raserstrecken“ bekannt seien. Von Januar 2022 bis dato sei für die Heidemannstraße sowie der Maria-Probst-Straße bezüglich nächtlichen Ruhestörungen durch „Autoposer“ jeweils lediglich eine Meldung eingegangen. In der Lilienthalallee habe es diesbezüglich gar keine Beschwerden gegeben.
Weiterhin befinde sich die Heidemannstraße im Bereich zwischen der Ingolstädter Straße und der Freisinger Landstraße bereits jetzt im Geschwindigkeitsmessprogramm des Polizeipräsidiums München. Im Jahr 2022 seien insgesamt 14 Geschwindigkeitsmessungen mittels Großgerät erfolgt. Die Beanstandungsquote lag hier mit 2,05% im unteren Bereich. In der Maria-Probst-Straße und der Lilienthalallee werden laut Mitteilung der Polizei derzeit keine polizeilichen Geschwindigkeitsmessungen durchgeführt.
Lärmbelästigungen durch Autoposer
Zu einer möglichen Korrelation zwischen Autoposing und der Motorworld als Ausgangspunkt bzw. zu in der Zenithhalle stattfindenden Konzertveranstaltungen teilte das Polizeipräsidium mit, dass ein Zusammenhang zwischen Poserfahrten und der genannten Motorworld nicht zwingend ausgeschlossen werden könne. Oftmals verkehrten hier hochpreisige Fahrzeuge und insbesondere hochwertige Sportwagen, die bauartbedingt nicht geräuscharm seien. Oftmals werde die Motorworld auch als Zusammenkunft im privaten Bereich genutzt. Davon erlangt die Polizei keine Kenntnis, eine gezielte Überwachung sei daher nicht möglich.
Ein Zusammenhang von Poserfahrten mit stattfindenden Konzerten im Zenith wird aus polizeilicher Sicht eher verneint, da hier meist Konzertgäste ausfahren. Deren Intentionen liege nicht in einer Profilierung (durch Poserfahrten).
Zudem seien bei Konzerten im Zenith in der Regel Gewerbebeamte der örtlich zuständigen Polizeiinspektion 47 (Milbertshofen) zugegen bzw. werde dort im Rahmen der Streife kontrolliert. Hierbei seien bislang keine Probleme im Sinne der Anfrage bekannt.
Eine Erhöhung der Präsenz im Rahmen der Streifentätigkeit um den Bereich der Motorworld sei grundsätzlich möglich, wenn die dortigen Veranstaltungen angezeigt und die Polizei somit Kenntnis von diesen habe.Sofern Mitteilung oder Beschwerden im Zusammenhang mit der An- und Abfahrt an die Polizei durch Bürger*innen erfolgen, wird diesen selbstverständlich nachgegangen.
Konkrete Wahrnehmungen dazu können jederzeit bei der örtlich zuständigen Polizeidienststelle (PI 47) zur Anzeige gebracht werden.
Um den Verursacher des Lärms ermitteln zu können, benötigt die Polizei jedoch regelmäßig
- die Örtlichkeit,
- die Tatzeit,
- die Fahrtrichtung,
- das Kennzeichen,
- die Fahrzeugmarke und möglichst
- eine Beschreibung des Kraftfahrzeugführers.
Kontaktdaten der zuständigen Polizeiinspektion PI 47 können aus dem Internetauftritt des Polizeipräsidiums München ersehen werden: https://www.polizei.bayern.de/muenchen.
Ich bitte um Kenntnisnahme und gehe davon aus, dass der Antrag damit erledigt ist.