Austausch der Schwellen bei der Tram 25
Anfrage Stadtrat Manuel Pretzl (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄH-LER) vom 27.10.2022
Antwort Mobilitätsreferent Georg Dunkel:
Zunächst möchten wir uns für die lange Bearbeitungszeit entschuldigen und uns für die Gewährung der Fristverlängerungen bedanken.
In Ihrer Anfrage vom 27.10.2022 führten Sie als Begründung aus: „Seit Anfang August wird die Trambahntrasse der Linie 25 nach Grünwald umfassend erneuert. Unseren Informationen nach werden statt der bewährten Holzschwellen nun Betonschwellen auf dem Gleisbett verbaut.“
Zu den hierzu gestellten Fragen haben wir die SWM/MVG um Unterstützung gebeten, die uns Folgendes mitteilte:
Frage 1 und 2:
Welchen Grund hat der Wechsel der Schwellen von Holz zu Beton und ist Holz nicht ökologischer als Beton?
Antwort:
Im Laufe der Entwicklung von Querschwellen sind verschiedene Materialien verwendet worden oder werden auch heute noch verwendet. Zu diesen Materialien zählen:
- Hartholz (Buche und Eiche)
- Weichholz (Kiefer und Lärche)
- Stahl (Trogschwelle oder Bauform Y)
- Spannbeton
- Kunststoff
Holzschwellen waren über Jahrzehnte bis zur Einführung der Stahlschwelle, die am häufigsten angewandte Querschwelle. Mit der Verbreitung von Betonschwellen ging der Anteil an Holzschwellen weiter zurück.
Da die Holzschwellen aus einem teuren Rohstoff bestehen, wurde bereits in den letzten drei Jahrzehnten die Holzschwellen zunehmend durch Betonschwellen, feste, schwellen- und schotterlose Fahrbahnen, Y-Stahlschwellen und neuerdings Kunststoffschwellen verdrängt.
Auch im Gleisnetz der Deutschen Bundesbahn lagen z.B. 1981 von knapp 100 Mill. Gleisschwellen 45% Holzschwellen, noch 22% Stahlschwellen und bereits 33% Betonschwellen. Dagegen sind die Anteile der unterschiedlichen Schwellentypen im Bestandsnetz, nach Auskunft der DBAG im Jahr 2020 wie folgt geändert: Holzschwellen nur noch 11%, Stahlschwellen 6% und bereits 81% Betonschwellen.
Bereits 1991 wurden zwischen Theodolindenplatz und Großhesseloher Brücke Betonschwellen verbaut. Lediglich im Bereich zwischen Authariplatz und Theodolindenplatz kamen Holzschwellen zum Einsatz, die jetzt mittlerweile am Ende Ihrer Lebensdauer angelangt sind.
Für die Verkehrsunternehmen sind die Kosten der Schwellen für Ankauf, Einbau, Unterhalt, Amortisation, Ausbau und Entsorgung/Recycling über deren gesamte Lebensdauer ein zentrales Kriterium für die Wahl des Schwellentyps.
Jeder Schwellenart hat seine Vor- und Nachteile:
Betonschwelle
Vorteile:
- gegenüber tierischen und pflanzlichen Schädlingen unempfindlich
- Sanierung mit Kunststoffdübeln ist umsetzbar
- hohes Eigengewicht, dadurch bessere Lagesicherheit
- gute Spurhaltung
- niedriger Preis
- lange Lebensdauer
Nachteile:
- hohes Gewicht beim Einbau
- bei Entgleisung entsteht hoher Schaden an der Schwelle, eine Schwellenauswechslung wird notwendig
- keine Aufarbeitung bei Rissbildung
Holzschwelle
Vorteile:
- geringes Gewicht von Holz
- gutes elastisches Verhalten bei Beanspruchung
- gute Isolierfähigkeit des Signalstroms
- Aufarbeitung im Gleis ist jederzeit möglich
Nachteile:
- rissanfällig bei Beanspruchung und Feuchtigkeit
- durch Witterung stark fäulnisanfällig
- geringe Lebensdauer bei Außeneinsatz
Holzschwellen bestehen aus Hartholz, in Europa Buchen- und Eichenholz. Hartholzschwellen werden sowohl auf freier Strecke als auch im Bereichvon Brücken und Weichen eingebaut. Sie erreichen eine Lebensdauer von 15 bis zu 25 Jahren. Um diese Liegedauer zu erreichen, müssen die Holzschwellen in einem wasserabweisenden und gegen Holzschädlinge wirkenden Mittel getränkt werden.
Demzufolge werden Holzschwellen mit dem Imprägniermittel Kreosot getränkt, um sie gegen Pilz- und Insektenbefall widerstandsfähig zu machen. Diese Imprägnierung ist auch die Ursache für das typische dunkle Aussehen von Holzschwellen.
Es gibt keinen ähnlich wirksamen Ersatz für Kreosot. Das Imprägniermittel und die durch Verdampfung daraus entstehenden gasförmigen Kohlenwasserstoffe sind ebenso wie Kupfer-Chrom-Arsenverbindungen gesundheits- und umweltgefährdende Stoffe. Diese Stoffe und damit imprägnierte Holzschwellen unterliegen in Deutschland seit 1991 Verwendungsbeschränkungen, die bis 2002 in der Teerölverordnung, und seit 2002 in der Chemikalien-Verbotsverordnung festgelegt sind. Holzschwellen stellen neben den Imprägniermitteln auch aufgrund von Rückständen aus dem Bahnbetrieb eine Gefahr für Gesundheit und Umwelt dar.
Gebrauchte Bahnschwellen sind Altholz nach der Altholzverordnung. Anlage VI der Altholzverordnung ordnet Bahnschwellen der Altholzkategorie A IV zu; für die die thermische Verwertung vorgesehen ist.
Nach Auskunft der DB AG wurden alternative Imprägniermittel erprobt. Bisher waren diese Erprobungen ohne nachhaltigen Erfolg.
Die DB Netz AG beschaffte im Jahr 2021 weitere sogenannte Systemschwellen für Betriebserprobungen. Bei der Systemschwelle handelt es sich um Alternativen zur Holzschwelle, die aus unterschiedlichen Materialien bzw. Materialkombinationen wie Glasfasern, Holzmehl und sogar Sand bestehen und, die sich noch im Freigabeprozess im Rahmen von Betriebserprobungen befinden.
Frage 3:
Werden bei künftigen Tramtrassen auch Betonschwellen zum Einsatz kommen?
Antwort:
In Anbetracht der oben genannten Voraussetzungen werden bei den zukünftigen Projekten in den meisten Strecken vermehrt Betonschwellen anstelle Holzschwellen zum Einsatz kommen.
Außerdem sieht die durch SWM/MVG favorisierte Rasengleisvariante (sogenannter „Kasseler Rasengleis“) zulassungsbedingt keine Möglichkeit, eine Holzschwelle zu verbauen.
Ein Vorteil von Betonschwellen ist ihre lange Lebensdauer und ihre hohe Stabilität. Gegenüber Holzschwellen zeichnen sich Betonschwellen zudemdurch tiefere Lebenszykluskosten aus. Durch die längere Nutzungsdauer ist auch die Umweltbelastung einer Betonschwelle aufs Jahr gerechnet geringer als die einer Holzschwelle.
Nichtdestotrotz bleiben für die Holzschwellen Nischen mit besonderen Anforderungen, wo sie ihre Stärken ausspielen können. Das wird weiterhin immer projektbezogen betrachtet und beim Bedarf im MVG-Streckennetz eingesetzt.
Ich bitte Sie, von den vorstehenden Ausführungen der MVG Kenntnis zu nehmen, und hoffe, dass wir Ihre Anfragezufriedenstellend beantworten konnten und diese als erledigt gelten darf.