Ostern mit Hasen: Geschützte Räume in der Natur schaffen Natur ermuntern: Wilde Ecken wild sein lassen Öffentliche Hundespielplätze auch in München
Anträge Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider, Dirk Höpner, Nicola Holtmann und Tobias Ruff (Fraktion ÖDP/München-Liste) vom 5.4.2023 und 18.4.2023
Antwort Baureferentin Dr.-Ing. Jeanne-Marie Ehbauer:
Da Ihre o.g. Stadtratsanträge thematische Überschneidungen aufweisen, möchten wir diese mit einem gemeinsamen Antwortschreiben beantworten.
Mit Antrag Nr. 20-26/A 03785 „Ostern mit Hasen: Geschützte Räume in der Natur schaffen“ haben Sie am 5.4.2023 Folgendes beantragt: „Wir fordern zusätzliche Schutz- und Rückzugsräume in der Stadtnatur für Hase, Igel & Co. In Parkanlagen und weiteren Grünflächen sollen geeignete Schutzräume für Wildtiere geschaffen und geschützt werden.“
Des Weiteren haben Sie mit Antrag Nr. 20-26/A 03786 „Natur ermuntern: Wilde Ecken wild sein lassen“ vom 5.4.2023 beantragt: „Die Stadtverwal- tung wird aufgefordert, in der Stadt kleine bis mittelgroße Grün- und Brach- flächen, begrünte Mauern und Heckensäume auszuwählen, die als ‚Wilde Ecken‘ wild belassen und mit Informationstafeln versehen werden.“
Am 18.4.2023 haben Sie mit Antrag Nr. 20-26/A 03794 „Öffentliche Hundespielplätze auch in München“ zudem Folgendes beantragt: „Auf zunächst einer öffentlichen Grünfläche (z.B. Ostpark, Westpark, Pasinger Stadtpark) wird an einer geeigneten Stelle ein abgegrenzter Trainingsplatz für Hunde eingerichtet. Bei der Ausgestaltung sollen vor allem natürliche Baustoffe (z.B. Baumstämme, Holz etc.) verwendet werden. Wenn dieser erste Hunde-Spielplatz stark frequentiert wird, sollen in den nächsten Jahren weitere Standorte ausgestattet werden.“
Ihr Einverständnis vorausgesetzt erlauben wir uns, Ihre Anträge mit Schreiben zu beantworten.
Zu Ihren Anträgen teilen wir Ihnen Folgendes mit:
Alle drei Anträge zielen darauf ab, Nutzungen in öffentlichen Grünflächen zu entzerren. Das Baureferat (Gartenbau) begrüßt die Absicht, Nutzungskonflikte unterschiedlicher Nutzergruppen in öffentlichen Grünflächengezielter zu kanalisieren, um allen Interessensgruppen den erforderlichen Raum geben zu können. So werden zum einen Schutz- und Rückzugsräume für Wildtiere und wilde Ecken beantragt, zum anderen, als Ausgleich, Flächen für Hunde zum Spielen und Trainieren, um Nutzungskonflikte aufzulösen.
Bei der Problematik handelt es sich um eine Thematik, zu der bereits ein Beschluss des Bauausschusses vom 7.3.2023 vorliegt: „Umsetzung Biodiversitätskonzept in Ausgleichs- und Biotopflächen, Straßenbegleitgrün und Grünanlagen“ (Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 08657). In diesem Beschluss wird das Baureferat (Gartenbau) beauftragt „die erforderlichen Ressourcen für eine detaillierte Bestandserhebung und Analyse der einzelnen rund 1.300 öffentlichen Grünanlagen sowie für die zukünftige Datenpflege zu ermitteln und im Eckdatenverfahren 2024 anzumelden“.
Im oben genannten Beschluss wird dargestellt, dass, neben der Erholungsnutzung, die Parks und Grünanlagen auch der Förderung der innerstädtischen Biodiversität sowie der Verbesserung des Stadtklimas dienen. Teilweise konkurrieren diese drei Belange miteinander. So sind für die zukünftig erforderliche Klimaanpassung Gehölzpflanzungen und speziell vitale Bäume zur Kühlung besonders wichtig. Hingegen sind magere Offenlandstandorte (Magerrasen und sonstige Blumenwiesen) Lebensraum vieler, für die Biodiversität relevante, Insektenarten, wie Wildbienen, Schmetterlinge und Heuschrecken. Diese Offenlandstandorte sollten, um ihr Potential für die Biodiversität ausschöpfen zu können, in ihrer Qualität geeignet und in ihrer Lage für potenziell dort lebende Insektenarten erreichbar sein, was im Innenstadtbereich nur für wenige Arten gegeben wäre. Die Freizeitnutzung dagegen erfordert gemähte sowie robuste Rasenflächen und bauliche Infrastruktur.
Ziel einer angepassten Grünflächenpflege sollte sein, dass für alle drei Belange (Erholungsnutzung, Klimaanpassung und Förderung der Biodiversität) Flächen erhalten und entwickelt werden. So dienen in München im stadtweiten Durchschnitt etwa 35% der bestehenden Flächen in öffentlichen Grünanlagen als Rasen für intensive Freizeit- und Erholungsnutzung, 30% als Gehölzflächen (Bäume und Sträucher) und etwa 15% als extensiv gepflegte Wiesen. Bei den restlichen 20% handelt es sich um Wasser-, Erschließungs- und Spielplatzflächen. Die Balance der Verteilung der Flächen und Funktionen erscheint in der Gesamtbetrachtung grundsätzlich ausgewogen. Bei der detaillierten Betrachtung der einzelnen Grünanlagen sind jedoch Optimierungspotentiale bezüglich aller drei Aspekte, Biodiversität, Freizeitnutzung und Klimaanpassung, zu vermuten.Die im Beschluss bereits beispielhaft genannten gezielten Fördermaßnahmen „Nachsaat fehlender floristischer Arten in Wiesen, die Ergänzung bestehender Pflanzungen mit Vogel- und Insektennährgehölzen, die Ergänzung von Nisthilfen für Wildbienen oder eine Ergänzung von Versteckstrukturen für Kleintiere“ beinhalten bereits die Zielsetzung Ihrer beiden Anträge „Ostern mit Hasen: Geschützte Räume in der Natur schaffen“ und „Natur ermuntern: wilde Ecken wild sein lassen“.
Aktuell besteht jedoch keine ausreichend konsistente und differenzierte Datenbasis, die eine flächenhafte Auswertung der öffentlichen Grünflächen mit ihren Objekten, Einzel- und Teilflächen, deren Nutzungen, Funktionen und Qualitäten ermöglicht.
Als Grundlage für ein weiteres Vorgehen soll deshalb eine detaillierte Bestandserhebung der einzelnen rund 1.300 öffentlichen Grünanlagen durchgeführt werden. Auf diese Weise können, in Abstimmung mit dem Referat für Klima- und Umweltschutz, standortgerechte Potentialanalysen angefertigt und somit entsprechende (weitere) Schlussfolgerungen gezogen werden.
Im Rahmen dieser Analysen können auch Flächen herausgearbeitet werden, in denen „wilde Ecken“ mit Brachflächen, begrünten Mauern und Heckensäumen sich selbst überlassen werden können, was dem Handlungsfeld „Prozessschutz – Wildnis wagen“ der Biodiversitätsstrategie München (Sitzungsvorlage Nr.14-20/V 13218, Vollversammlung vom 19.12.2018) entspricht, und Schutz- und Rückzugsräume für Wildtiere entwickelt werden. Um den größtmöglichen Effekt dieser Flächen für die Biodiversität und Wildtiere zu erwirken, soll auch die Nutzungsart und -intensität unterschiedlicher Park- und Grünanlagenbesucher beurteilt werden. Es werden auch für Parkbesucher mit unterschiedlichen Interessen (Kinder, Gassi-Geher*innen, Spaziergänger*innen, Sonnenbadende, Freizeitsportler*innen etc.) Räume entwickelt werden müssen, um eine lenkende und konzentrierende Wirkung heraus aus den wilden und ruhigeren Ecken zu gewährleisten. Ob auch weitere besucherlenkende Maßnahmen, wie die im Antrag „Natur ermuntern: Wilde Ecken wild sein lassen“ geforderten Infotafeln, erforderlich werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht zu beantworten und hängt stark von der Gestaltung der Grünflächen (Wegenetz, Ausstattung, Gehölzanteil etc.), dem Nutzungsdruck und der Lage im Stadtgebiet ab.
Ob, wie in Ihrem Antrag Nr. 20-26/A 03794 „Öffentliche Hundespielplätze auch in München“ gefordert, auch öffentliche Spiel- und Trainingsplätzefür Hunde zur Entzerrung der Nutzungsinteressen zielführend sind, muss ebendiese Nutzungsanalyse beantworten.
Die bisher geltende Richtlinie hat der Stadtrat am 2.5.2013 in seinem Konzept für das Halten von Hunden in München, die sogenannte „Neue Münchner Linie“, beschlossen. Anschließend wurde eine Hundeverordnung erlassen, die am 11.7.2013 in Kraft getreten ist und die Regelungen zur Hundehaltung in der städtischen Grünanlagensatzung ergänzt bzw. präzisiert. Das Thema „Ausweisung von Hundewiesen“ wurde in diesem Zusammenhang mit einem negativen Ergebnis behandelt. Es blieb beim bisherigen Leitgedanken der Stadt München, dem Bewegungsbedürfnis der Hunde und der Bewegungsfreiheit von Hundehalter*innen beim Mitführen ihrer Tiere auf öffentlichen Flächen möglichst weitgehend entgegenzukommen. In den rund 1.300 öffentlichen Grünanlagen ist gemäß Grünanlagensatzung das Freilaufenlassen von Hunden in allen Bereichen erlaubt, die nicht als Kinderspielplatz, mit grünen Pollern gekennzeichnete Spiel- und Liegewiese, Bade- und Liegebereich eines Freibadegeländes, Zieranlage oder Biotopfläche qualifiziert sind. Nur für den Westpark wurde ein allgemeines Leinengebot festgelegt. Die vorhandenen Freiflächen in öffentlichen Grünanlagen reichen nach derzeitigem Stand nicht aus, um Flächen für Hunde einzuzäunen und für sie zu reservieren. Vor allem der steigende Nutzungsdruck in den Grünanlagen infolge der baulichen Verdichtung und des Bevölkerungswachstums allgemein sowie an die Bedürfnisse unterschiedlichster Nutzergruppen nach attraktiven, gender- und altersgerechten Erholungs- und Freizeitangeboten sorgen für eine entsprechende Nutzungskonkurrenz, die derzeit keine eigenen Bereiche für Hunde zulässt.
Weiter besagt die Grünanlagensatzung, dass öffentliche Grünanlagen der Allgemeinheit dienen. Eine Ausgrenzung von Teilen der Bürgerschaft aus bestimmten eingezäunten Bereichen in Grünanlagen und Parks widerspräche der Zweckbestimmung öffentlicher Grünanlagen sowie dem Charakter des öffentlichen Raums.
Gemäß dem Stadtratsbeschluss wird dem Stadtrat über die Ergebnisse der Bestandserhebung und Analyse berichtet. Wenn die entsprechenden Mittel und Personalressourcen für eine detaillierte Bestandserhebung und Analyse der einzelnen rund 1.300 öffentlichen Grünanlagen sowie für die zukünftige Datenpflege im Eckdatenverfahren und im Haushalt 2024 beschlossen und die Stellen besetzt sind, wird das Baureferat (Gartenbau), in Abstimmung mit dem Referat für Klima- und Umweltschutz, Potenzialflächen zur Förderung der Biodiversität mit Rückzugsräumen für Wildtiereund wilde Ecken in Grünanlagen ermitteln sowie Nutzungsbedarfe und -konflikte analysieren.
Das Referat für Klima- und Umweltschutz hat das Antwortschreiben mitgezeichnet.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Anträge damit abschließend behandelt sind.