Baurechtliche Abstandsflächen auch bei unterirdischen Gebäudeteilen
wahren
Antrag Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider, Dirk Höpner, Nicola Holtmann und Tobias Ruff (Fraktion ÖDP/München-Liste) vom 21.6.2023
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr. (Uni. Florenz) Elisabeth Merk:
Mit Antrag vom 21.6.2023 „Baurechtliche Abstandsflächen auch bei unterirdischen Gebäudeteilen wahren“ bitten Sie die Stadtverwaltung zu prüfen, inwiefern es möglich ist, auf eine Änderung der Bayerischen Bauordnung (BayBO) hinzuwirken, mit dem Ziel, dass die bei oberirdischen Gebäudeteilen vorgeschriebenen Abstandsflächen auch für die unterirdischen Gebäudeteile gewahrt werden müssen.
Nach §60 Abs.9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art.37 Abs.1 GO und §22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt, weil es sich letztendlich um den Vollzug der Baugesetze handelt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag vom 21.6.2023 teilt Ihnen das Referat für Stadtplanung und Bauordnung Folgendes mit:
Eine Änderung der Bayerischen Bauordnung mit dem Ziel, dass die bei oberirdischen Gebäudeteilen vorgeschriebenen Abstandsflächen auch für unterirdische Gebäudeteile gewahrt werden müssen, ist rechtlich leider nicht möglich.
Zwar teilen wir Ihr Interesse an der Einführung einer rechtlichen Regelung, mit der eine vollständige Unterbauung von Grundstücken, insbesondere mit Tiefgaragen, verhindert werden kann. Wie Sie in Ihrem Antrag zu Recht ausführen, könnte hierdurch ein Mindestmaß an Versickerungsfläche gewahrt sowie mehr Bäume und Hecken auf dem Grundstück erhalten bzw. Ersatzbäume angepflanzt werden.
Die Einführung „unterirdischer“ Abstandsflächen durch den Landesgesetzgeber ist rechtlich jedoch nicht zulässig.
Der Zweck des Abstandsflächenrechts besteht darin, dass es eine ausreichende Belichtung und Belüftung der Gebäude gewährleisten will. Dieser Schutzzweck ist nur oberirdisch erreichbar, eine entsprechende Ausweitung der Regelungen auf unterirdische Gebäudeteile ist mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes nicht vereinbar. Neuregelungen zur Einführung eines „unterirdischen“ Abstandsflächenrechts beträfen zudem das Maß und dieIntensität der baulichen Nutzung, die wiederum dem „Bodenrecht“ im Sinne des Art.74 Abs.1 Nr.18 Grundgesetz zuzuordnen sind.
Da diese Rechtsmaterie Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung ist und der Bundesgesetzgeber sie in den Vorschriften des Baugesetzbuchs materiell und verfahrensmäßig abschließend und umfassend geregelt hat, fehlt es dem Landesgesetzgeber auch an der Gesetzgebungskompetenz.
Eine – wenn auch nur örtlich sehr eingeschränkte und zeitaufwendige-rechtliche Möglichkeit, Unterbauverbote zu regeln, bietet aus unserer Sicht allenfalls der Erlass örtlicher Bauvorschriften nach Art.81 Abs.1 Nr.7 BayBO. Nach dieser Regelung können Gemeinden durch Satzung örtliche Bauvorschriften erlassen, „dass auf den nicht überbaubaren Flächen der bebauten Grundstücke Bäume nicht beseitigt oder beschädigt werden dürfen, und dass die Flächen nicht unterbaut werden dürfen“. Dabei muss es sich um ein Gebiet handeln, bei dem die fehlende Überbaubarkeit jeweils durch Bebauungsplan festgestellt wurde und in dem es „für das Straßen- und Ortsbild oder für den Lärmschutz oder die Luftreinhaltung bedeutsam oder erforderlich“ ist. Zwar ist eine großflächige Umsetzung der Regelung durch diese Anforderungen ausgeschlossen, jedoch plant die Stadt im Anschluss an die Novellierung der Baumschutzverordnung zu prüfen, ob auf diesem Wege die Festlegung von Unterbauverboten für ausgewählte Flächen sinnvoll ist.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.