Oberbürgermeister Dieter Reiter gratuliert dem Münchner Ehrenbürger Dr. h. c. Michael Krüger zum bevorstehenden 80. Geburtstag: „Große Literatur, so hast Du einmal gesagt, sitze immer schon auf den Schultern von Riesen und wachse von dort aus ins Freie, ins Offene. Wie ich Dich kenne, wirst Du nun abwinken, aber natürlich bist Du inzwischen selbst einer dieser Riesen, ja eine Art lebendes Gedächtnis der literarischen Republik, um das sich längst eigene Legenden ranken. Ob Dein berüchtigtes kurzes Schlafpensum, das ruhelose Arbeiten an so vielem gleichzeitig – oder Deine öffentlichen Kopfstände! Wenn Dir gerade danach war, hast Du Dich, sogar am Verlagsstand auf der Buchmesse oder mitten im Restaurant, einfach mal für eine Viertelstunde auf den Kopf gestellt, um auszuruhen und alles aus etwas anderer Perspektive zu betrachten. Dein besonderer, unangepasster Blick auf die Welt findet sich darin eindeutig wieder.
Du hast Dein Leben ganz der Sprache, dem Buch, der Literatur verschrieben. Unter Deinem jahrzehntelangen Wirken wurde der Carl Hanser Verlag zu einem der renommiertesten deutschsprachigen Häuser, dessen Autorinnen und Autoren regelmäßig die größten Literaturpreise erhalten. Dort fandest Du einen lebendigen, menschlichen Ort und eine literarische Heimat. Für viele, die Du verlegt hast, warst Du bald alles zugleich: Lektor, Psychologe, Freund und nicht zuletzt ‚wunderbares Klatschmaul‘, wie der große Cees Nooteboom Dich liebevoll nannte.
Mit all den Anekdoten ließe sich ein ganzes literarisches Jahrhundert erzählen: Wie Du mit Elias Canetti am Piccadilly Circus in London zwischen tausenden kreischender Beatles-Fans standest. Oder mit Umberto Eco nachts im Fernsehen alte Kriminalfilme schautest. Oder Erich Fried Dich zur Wahrsagerin geschickt hat. Viele herrliche und berührende Episoden können wir nun endlich auch nachlesen in Deinem jüngst erschienenen Buch ‚Verabredung mit Dichtern‘.
Zu den vielen großen Auszeichnungen, die Du erhalten hast, zählt auch der Kulturelle Ehrenpreis der Landeshauptstadt München. Damals, im Jahr 2000, beklagtest Du in Deiner kämpferischen Rede eine Verflüchtigung der Kultur, die den ‚Bürger zum Verbraucher und Marktteilnehmer‘ degradiere und die Idee des weltoffenen Europas einer ‚pompösen und leeren Sprache des Erfolgs‘ opfere. Was habe da ein ‚Schriftsteller alten Schlages‘ überhaupt noch beizutragen? Sehr viel, möchte ich Dir auch jetzt noch zurufen. Wann, wenn nicht heute, da die demokratischen Errungenschaften auch in Europa erschreckend stark angefochten werden, brauchen wir Deinen mitreißenden Scharfsinn und Deinen beharrlichen Glauben an die verbindende Kraft der Kultur, und wer, wenn nicht Du, könnte dies glaubhaft verkörpern?
Bitte erhalte Dir – und uns allen – Deine Liebe zur Sprache, Deine Überzeugung, dass die Literatur die Welt zu einem besseren Ort machen kann. Ich wünsche Dir für das kommende Lebensjahr nur das Beste, vor allem Gesundheit, persönliches Wohlergehen sowie allzeit Freude und Erfolg bei Deinen Vorhaben. Ich hoffe, dass Du Deinen Geburtstag im Kreise derer, die Dir am Herzen liegen, feiern kannst.“