Stärken von Strukturen und Einrichtungen zur Gewaltprävention II – Stark gegen Gewalt an Frauen* und Queers
Antrag Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (DIE LINKE. / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 29.11.2022
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
Vielen Dank für Ihre Anfrage per Brief vom 29.11.2022 an den Oberbürgermeister Herrn Dieter Reiter. Zuständigkeitshalber wurde Ihr Antrag an das Sozialreferat weitergeleitet.
Für den im Betreff genannten Antrag lief die geschäftsordnungsgemäße Bearbeitungsfrist am 1.8.2023 ab. Um Fristverlängerung wurde gebeten, da nicht alle benannten Anträge als Beschlussvorlagen eingebracht, sondern teilweise anders erledigt wurden. Die Bearbeitung dauerte noch an. Per 28.9.2023 wurde eine Fristverlängerung seitens der Fraktionen bis 30.11.2023 gewährt. Hierfür möchte ich mich ausdrücklich bedanken.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, teile ich Ihnen zu Ihrem Antrag vom 29.11.2022 Folgendes mit:
Punkt 1:
Psychosoziale Betreuung in Altenwohnheimanlagen, Rahmenkonzept und Queer Quartier Herzog*in, Wohnprojekt für LGBTIQ*-Senior*innen (Punkt 101 EDB)
Antwort:
Das Rahmenkonzept zur Psychosozialen Betreuung in den städtischen Wohnanlagen wurde am 15.12.2022 dem Sozialausschuss bekanntgegeben.
Das gemeinsame Wohnprojekt der MÜNCHENSTIFT GmbH und der Münchner Aidshilfe „Queer Quartier Herzog*in“ wird zum 1.11.2023 seinen Betrieb aufnehmen. Die Finanzierung der Psychosozialen Betreuung wird ab Inbetriebnahme in 2023 aus dem laufenden Haushalt einmalig per Büroverfügung des Amtes finanziert, zur dauerhaften Finanzierung ab 2024 wurde am 17.10.2023 die Beschlussvorlage Nr.20-26/V 07340 in den Sozialausschuss eingebracht und nach Antrag beschlossen.
Das Wohn- und Nachbarschaftsprojekt für ältere LGBTIQ* Senior*innen steht allen Senior*innen, unabhängig von Geschlecht, Religion, Weltan-schauung, Behinderung, kultureller und sozialer Herkunft sowie der sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität zur Verfügung. Mit dem geplanten Wohnprojekt an der Radlkoferstraße soll Wohn- und Lebensraum sichergestellt werden, der älteren Lesben, Schwulen, Trans*- und Inter*-Menschen ein gemeinsames, diskriminierungsfreies und selbstbestimmtes Leben in größtmöglicher gegenseitiger Verantwortung und Freiheit ermöglicht.
Punkt 2:
Partnerschaftsgewaltprogramm bei fehlenden Deutschkenntnissen (Punkt 201 EDB)
Antwort:
Bei häuslicher Gewalt ist stets von einer (latenten) Kindeswohlgefährdung auszugehen. Aus diesem Grund bedarf es passgenauer Beratungsangebote für alle Beteiligten/Betroffenen um dem gesetzlichen Auftrag nach §§8a, 17 und 18 SGB VIII nachzukommen. Die bestehenden Beratungsangebote im Bereich häusliche Gewalt decken nicht die zunehmenden Bedarfe von nicht oder nicht ausreichend Deutsch sprechenden Bürger*innen ab.
Durch ein Partnerschaftsgewaltprogramm bei fehlenden oder nicht ausreichenden Deutschkenntnissen soll diese Lücke in der Beratungslandschaft geschlossen werden.
Aufgrund der Haushaltslage wurde die Förderung dieser neuen Maßnahme im Rahmen des Eckdatenbeschlusses 2024 für das Jahr 2023 nicht anerkannt. Eine Finanzierung ist aus dem Referatsbudget leider nicht möglich. Für das Folgejahr wird an dem Bedarf festgehalten und erneut angemeldet.
Punkt 3:
Stellenzuschaltung für die Betreuung von LGBTIQ*-Geflüchteten (Punkt 309 EDB)
Antwort:
LGBTIQ*-Geflüchtete sind in den Gemeinschaftsunterkünften der Regierung von Oberbayern als auch in der dezentralen kommunalen Unterbringung erheblich von homophoben Übergriffen, bis hin zu körperlicher Gewalt, betroffen. Mit Beschluss des Sozialausschusses vom 13.12.2018 (Sitzungsvorlage Nr.14-20/V 13230) hat sich die LHM daher verpflichtet, LGBTIQ*-Geflüchtete im besonderen Maße zu schützen. Dieser Schutz-auftrag wird durch die Unterbringung in Einzelwohnungen oder kleinen Wohngemeinschaften im gesamten Stadtgebiet umgesetzt. Das Amt für Wohnen und Migration leistet zudem die notwendige sozialpädagogische Betreuung für die oftmals traumatisierte Zielgruppe.
Die zum 1.11.2017 besetzte Stelle mit 0,5 VZÄ zur Betreuung von Geflüchteten mit LGBTIQ*-Hintergrund war aufgrund der stark gestiegenen Zahlen an Klient*innen nicht ausreichend. Die Zahl ist stark durch die Geflohenen aus der Ukraine gestiegen. Zusätzlich werden im Rahmen des Resettlementprogramms Geflüchtete (u.a. mit LGBTIQ*-Hintergrund) gezielt nach München verteilt, da diese Zielgruppe dort auf unterstützende Angebote zurückgreifen kann.
Ursprünglich wurden im Rahmen des EDB 2023 2,0 VZÄ beantragt. Diese wurden zunächst nicht berücksichtigt, jedoch per gemeinsamen Änderungsantrag der Fraktion Die Grünen – Rosa Liste und der SPD/ Volt-Fraktion in der Vollversammlung vom 21.12.2022 doch noch genehmigt (Sitzungsvorlage Nr.20-26/V 08111). Die Stellen wurden inzwischen eingerichtet und sind besetzt.
Punkt 4:
Frauenobdach KARLA 51 und Schutzraum für Frauen* (Punkt 322 EDB)
Antwort:
Das Frauenobdach wurde im Jahr 1996 in der Karlstraße 51 eröffnet und ist seitdem zu einem unverzichtbaren Bestandteil des Münchner Netzes für wohnungslose Frauen* und Kinder geworden. Seit 1996 wird das Frauenobdach KARLA 51 von der LHM mittels unbefristeten Zuschussvertrags finanziert. Die Einrichtung wird in Trägerschaft des Evangelischen Hilfswerks geführt.
KARLA 51 ist ein niedrigschwelliges Angebot für alleinstehende, latent oder akut wohnungslose Frauen* mit und ohne Kinder. Seit dem 1.1.2007 steht der vorher nur in den Wintermonaten geöffnete Schutzraum mit vier Plätzen ganzjährig für Frauen* zur Verfügung (Beschluss des Sozialausschusses vom 9.11.2006, Sitzungsvorlage Nr.02-08/V 08877). Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass wohnungslose Frauen* nicht nur einen Schutz vor Kälte benötigen, sondern aufgrund der spezifischen Problematik weiblicher Wohnungslosigkeit einen Schutzraum zu jeder Jahreszeit.
Er steht allen Frauen* offen, die nachts ohne Unterkunft sind, unabhängig von ihrer Anspruchslage. Die Betreuung der Frauen* im Schutzraum wirdseit 1.1.2007 vom Fachpersonal des Frauenobdachs durchgeführt. Durch die Anbindung des Schutzraumes an KARLA 51 mit seiner Clearing- und Vermittlungsfunktion gelingt es, auch die Wanderinnen* zu erreichen und im Idealfall in das Hilfesystem zu integrieren.
Trotz der Bedeutung dieser renommierten Einrichtung im Wohnungslosenhilfesystem für die besonders vulnerable Zielgruppe wohnungslose Frauen* und ihrer Kinder in München ist die Finanzierung schwierig. So konnten sowohl die zum Eckdatenbeschluss 2022 als auch zum Eckdatenbeschluss 2023 zusätzlich gemeldeten Finanzierungsbedarfe aufgrund der schwierigen Haushaltslage im Eckdatenbeschluss leider nicht berücksichtigt werden, werden aber durch Einsparungen und Umschichtungen innerhalb des Budgets des Amts für Wohnen und Migration gedeckt.
Aus Sicht der Gleichstellungsstelle für Frauen ist die Einrichtung KARLA 51 ein unverzichtbares Element der Versorgung obdachloser Frauen*. Die vielfältigen Krisen in jüngster Zeit und eine stark wachsende Stadtbevölkerung mit einer großen Spaltung in Arm und Reich lassen befürchten, dass auch die Anzahl an Frauen*, die sich in Notlagen und prekären Verhältnissen befinden, ansteigen wird. Auch deren Unterstützung muss dann sichergestellt werden. Sehr viele wohnungslose Frauen* sind Betroffene von Gewalt. Die KARLA 51 ist hierfür eine kompetente Anlaufstelle mit hohem Bekanntheitsgrad und genießt bei der Zielgruppe großes Vertrauen. Ihre Finanzierung muss daher absolut gesichert sein.
Ich hoffe, auf Ihr Anliegen hinreichend eingegangen zu sein, und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.