Am 10. Februar 1970 kam es zu einem Attentat palästinensischer Terroristen am damaligen Flughafen München-Riem. Nach der Landung einer israelischen El Al-Maschine zündeten sie Sprengsätze im Transitbereich und vor dem Flughafengebäude und eröffneten das Feuer auf israelische Passagiere und herbeigeeilte Polizeibeamte. Zum Jahrestag 2023 geben die Stadt München und das Unternehmen Brainlab AG, das am Ort des Anschlags heute seinen Firmensitz hat, bekannt, dort einen Gedenkort zu schaffen.
Künftig soll ein Arrangement aus künstlerischen Elementen sowie historischen Informationen an den Bombenanschlag und seine Folgen erinnern. Der Fluggast Arie Katzenstein opferte damals sein Leben und warf sich auf einen Sprengsatz, womit er vielen Weiteren das Leben rettete. Elf weitere Menschen wurden teils schwer verletzt, auch der Vater des Todesopfers Heinz Katzenstein. In Kassel geboren war er als Jugendlicher mit seiner Familie vor der nationalsozialistischen Judenverfolgung nach Palästina geflohen. Sein Sohn Arie Katzenstein, der die israelische und die deutsche Staatsangehörigkeit besaß, hatte mehrere Jahre in München gelebt und hier sein Studium absolviert. Gemeinsam mit ihrer Familie entwickeln die Stadt München und Brainlab AG am Sitz des Unternehmens den Gedenkort.
Der Firmensitz der Brainlab AG in München-Riem (Foto: Brainlab AG).
Der historische Ort des Anschlags am ehemaligen Flughafen München-Riem ist heute Teil des Firmengeländes der Brainlab AG. Das Medizintechnikunternehmen konnte die international renommierte Künstlerin Alicja Kwade für die Umsetzung des Gedenkkunstwerks gewinnen. Die Fertigstellung des Kunstwerks wird für das Jahr 2024 geplant. In den Prozess sind die in Israel lebende Familie Katzenstein sowie von Seiten der Stadt München das Kulturreferat und das Baureferat eingebunden. Kulturreferent Anton Biebl: „Menschen in unserer Stadt wurden immer wieder Ziel antiisraelischen Terrors. Solche Taten verhärten Fronten, sie stehen für Vernichtung und Zerstörung. Arie Katzenstein hat in Riem eine noch größere Katastrophe verhindert und dafür sein Leben gegeben. Von uns wird im Einsatz für Menschlichkeit und Frieden weit weniger verlangt im Alltag. Der Gedenkort in Riem möge uns immer daran erinnern, dass jeder einzelne Mensch den Unterschied machen kann“.
Das Kulturreferat begleitet die Entwicklung des Gedenkorts und ergänzt das geplante Kunstwerk um Ausstellungen zum Attentat.
Stefan Vilsmeier, Vorstandsvorsitzender der Brainlab AG: „Unser Unternehmen schafft Zukunftstechnologie mit Mitarbeitenden in der ganzen Welt. Wir haben uns mit unserem Standort in Riem bewusst für einen Ort mit internationaler Geschichte entschieden und nehmen die damit verbundene Verantwortung an. Wir freuen uns, Alijca Kwade für das Kunstwerk gewonnen zu haben. Durch ihre Gestaltung wird die Auseinandersetzung mit dem Attentat in die Öffentlichkeit getragen.“
Im Entwurf der Künstlerin Alicja Kwade werden Stahlrahmen ineinander versetzt auf der Freifläche vor dem historischen Flughafentower situiert. An den Rahmen sind Ziffernblätter zu finden, die sich in der formalen Gestaltung an der nicht mehr vorhandenen historischen Uhr am Tower orientieren.
Um den inhaltlichen Kontext des Attentats auch vor Ort sichtbar zu machen, soll eine separate, aber in der Gestaltung mit dem Kunstwerk korrespondierende Information vor Ort erstellt werden. Die Inhalte werden in der Abteilung Public History des Kulturreferats im Austausch mit der Familie Katzenstein erarbeitet. Auch zu diesem Anlass hat die Landeshauptstadt gemeinsam mit Brainlab AG die Familie Katzenstein für Juni 2023 nach München eingeladen.
„Der 10. Februar 1970 und der schreckliche Tod unseres Vaters hat unsere Familiengeschichte geprägt. Es berührt uns sehr, dass dieses tragische Ereignis in München nicht vergessen ist, so dass unsere Kinder und Enkelkinder einen Ort haben, den sie zum Gedenken besuchen können. Die Einladung nach München nehmen wir gerne wahr, um den historischen Ort inhaltlich mitzugestalten“, betonen die Kinder von Arie Katzenstein.
Zur Künstlerin Alicja Kwade
Sie zählt zu den international renommiertesten Künstler*innen der Gegenwart. Die in Berlin lebende Kwade wird weltweit ausgestellt, hat unter anderem den Dachgarten des Metropolitan Museums of Modern Art in New York gestaltet, war Teilnehmerin der 57. Venedig Biennale 2017 und ist mit der Arbeit „Bavaria“ Teil des Programms Public Art München. Alicja Kwades Arbeiten sind konzeptionell verankert in naturwissenschaftlichen und philosophischen Diskursen, sie verhandelt die gesellschaftliche Wahrnehmung von Realität, subjektiver und objektiver Erkenntnis.
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