Zustand des Münchner Waldes nach vier Dürrejahren
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Rathaus Umschau 29 / 2023, veröffentlicht am 10.02.2023
Zustand des Münchner Waldes nach vier Dürrejahren
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Heike Kainz und Matthias Stadler (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 21.10.2022
Antwort Kommunalreferentin Kristina Frank:
In Ihrer Anfrage teilten Sie uns Folgendes mit:
„Das vierte Jahr in Folge hat es gerade in den Sommermonaten bis auf wenige Ausnahmen deutschlandweit zu wenig geregnet. Darunter leiden die Menschen, das städtische und private Grün sowie die Land- und Forst- wirtschaft. Mittlerweile sind deutschlandweit nahezu alle Baumbestände, insbesondere die Fichten massiv betroffen oder bereits abgestorben. Auch wenn der Waldumbau voranschreitet, wird es noch Jahrzehnte ggf. Jahrhunderte dauern, bis sich dieser bemerkbar macht. Ungeachtet dessen steigt der Bedarf an Holz stetig an und kann durch eher langsam wachsendes Laubholz kaum oder gar nicht mehr gedeckt werden. Für die Forstbetriebe wird es immer schwerer, einerseits ökonomisch zu wirtschaften und z.B. den Bedarf eines nachhaltigen Baustoffes zu decken, andererseits die sonstigen Leistungen eines intakten Ökosystems Wald für die Gesellschaft in Einklang zu bringen.“
Zunächst möchten wir uns für die gewährte Fristverlängerung bedanken.
Sie bitten in diesem Zusammenhang um die Beantwortung folgender Fragen:
Frage 1:
Wie haben sich die letzten vier „Dürre“-Jahre auf den Gesamtbaumbestand der Städtischen Forsten ausgewirkt?
Antwort:
Im letzten Jahrzehnt war Sturmtief Niklas (April 2015) ein für den Forstbetrieb der Stadt München einschneidendes und folgenschweres Ereignis. Aufgrund der hohen Mengen an Sturmwurfflächen und der in den darauffolgenden Jahren trockenen Sommermonate, die ursächlich für hohe Borkenkäferbefallsraten waren, musste in den Münchner Stadtforsten (FV) Holz über dem nachhaltigen Hiebsatz eingeschlagen werden. Dies hatte zur Folge, dass der Waldumbau durch Wiederaufforstungen bzw. in geeigneten Beständen durch Sicherung und Pflege der Naturverjüngung vorangetrieben wurde. Die Fichtendominanz in den Verjüngungen ist größtenteils zugunsten klimatoleranter Mischwaldbestände zurückgegangen.
Frage 2:
Gibt es bei den städtischen Forsten noch Fichtenmonokulturen und wie haben sich diese auch bzgl. Trockenstress und Borkenkäferkalamitäten entwickelt?
Antwort:
In jungen Beständen sowie der Verjüngung unter Schirm gibt es keine Fichtenmonokulturen mehr, da Fichtenmonokulturen seit mehreren Jahrzehnten sukzessive in klimatolerante gestufte Mischwälder umgebaut werden. In den älteren Beständen (> 60 Jahre) herrscht in Teilflächen noch eine Fichtendominanz, die nach und nach durch die bereits vorhandene baumartenreiche zweite Generation im Unter- und Zwischenstand abgelöst wird.
Die Fichtenvorräte werden zunehmend, wie auch in den letzten Jahren, aufgrund von Kalamitäten (wie Windwurf, Trockenstress und Borkenkäferbefall) sowie gezielten Durchforstungen schwinden.
Frage 3:
Sind auch andere Baumarten betroffen? Wenn ja, in welchem Ausmaß?
Antwort:
Buche, Eiche und Ahorn haben zwar aufgrund des Trockenstresses „gezeichnet“ und beispielsweise vermehrt ihr Laub früher abgeworfen, waren aber nicht abgängig oder sind im Kronenbereich abgestorben.
Die Esche, die zu mehreren Prozent im Baumbestand der FV vertreten ist, wird aufgrund des sog. „Eschentriebsterbens“ in den nächsten Jahren komplett abgängig sein.
Die Pilzerkrankung, die für das Eschentriebsterben ursächlich ist, korreliert möglicherweise mit dem Klimawandel.
Bei der Tanne konnten keine wesentlichen Trockenstressmerkmale festgestellt werden.
Mit zunehmender Trockenheit steigt jedoch die Anfälligkeit für den Tannenborkenkäfer ähnlich den Schwarzwaldregionen. Dies wird weiterhin seitens der FV beobachtet.
Bei den Lärchen sind ebenfalls bisher noch keine signifikanten Trockenstressmerkmale ersichtlich. Jedoch ist auch hier bei zunehmender Trockenheit mit verstärkten Lärchenborkenkäferkalamitäten zu rechnen.
Frage 4:
Gibt es im Bestand der Münchner Forsten und deren Auftragswäldern noch Gebiete, in denen schnell wachsende Nadelbäume wie Fichten, Weißtannen oder Kiefern in Mischwäldern wachsen können?
Antwort:
Die FV geht unter Berücksichtigung der allgemeinen wissenschaftlichen Meinungen davon aus, dass in den Gebieten nördlich von Holzkirchen in den nächsten 50 - 70 Jahren die Fichte nur noch zu geringen Mengen in den laubholzdominierten Beständen mitwachsen kann. Südlich von Holzkirchen wird es aufgrund des Alpenstaus auch künftig mehr Niederschläge geben, so dass die Fichten langfristig einen gewissen Anteil des Baumbestandes in Beimischung bilden. In diesem Bereich wird die Tanne eine zunehmend bedeutende Rolle spielen, da sie unter anderem aufgrund ihres tiefergreifenden Wurzelsystems als stresstoleranter gilt.
In der Münchner Schotterebene ist es zweifelhaft, wie gut die Tanne künftig zurecht kommen wird. Aufgrund der Schotterpakete kann sie den Vorteil ihres tiefwurzelnden Systems nicht nutzen und wird dort nur als Beimischung in laubholzdominierten Beständen vorkommen.
Die Kiefer hat bereits derzeit nur einen geringen Anteil am Baumbestand der Münchner Stadtforsten. Sie wird jedoch aufgrund der steigenden Temperaturen künftig in ihrem Anteil weiter zurückgehen.
Allgemein wird der Nadelholzanteil in der FV stark zugunsten trockenheitsresistenten Laubholzes zurückgehen.
Frage 5:
Wie bewerten die Städtischen Forstbetriebe die stetig wachsende Nachfrage nach Bau- und Energieholz in Bezug auf die Menge des jährlichen Zuwachses?
Antwort:
Die FV begrüßt die Nachfrage nach nachhaltig produzierten und CO2-neutralen Rohstoffen und die damit verbundene Wertschätzung der naturverträglichen Holzproduktion. Da die FV trotz wachsender Nachfrage den nachhaltigen Hiebsatz grundsätzlich beibehält, hat eine steigende Nachfrage höhere Preise zur Folge, die sich positiv auf die Einnahmen der Stadt München auswirken.