Inflationsausgleichsprämie für städtische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
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Rathaus Umschau 31 / 2023, veröffentlicht am 14.02.2023
Inflationsausgleichsprämie für städtische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Antrag Stadträte Dirk Höpner und Tobias Ruff (Fraktion ÖDP/München-Liste) vom 3.11.2022
Antwort Personal- und Organisationsreferent Andreas Mickisch:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrags betrifft keine Angelegenheit nach Art. 32 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GO und § 2 Nr. 21 GeschO, da der Stadtrat mangels Rechtsgrundlage keine allgemeine Regelung zur Gewährung einer Inflationsausgleichsprämie beschließen kann. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag können wir Ihnen jedoch Folgendes mitteilen:
Mit Antrag Nr. 20-29/A 03221 vom 3.11.2022 der Fraktion Ökologisch-Demokratische Partei/München-Liste des Stadtrates der Landeshauptstadt München (Fraktion ÖDP/München-Liste) wird beantragt: „Die Landeshauptstadt München zahlt ihren Vollzeit-Beschäftigten eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie von 3.000 Euro und ihren Teilzeit-Beschäftigten die Prämie anteilig, entsprechend deren persönlicher Arbeitszeit.
Mit den städtischen Beteiligungsgesellschaften, Eigenbetrieben und Zu- schussnehmern werden Gespräche mit dem Ziel geführt, dass diese ihren Beschäftigten ebenfalls eine Inflationsausgleichsprämie gewähren.“
1. Steuerfreiheit der Inflationsausgleichsprämie
Grundlage für die steuerfreie Inflationsausgleichsprämie ist das vom Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates beschlossene Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz. Es wurde am 25.10.2022 im Bundesgesetzblatt verkündet1 und ist rückwirkend zum 1.10.2022 in Kraft getreten.
Mit Artikel 2 dieses Gesetzes wurde das Einkommenssteuergesetz (EStG) mit der Maßgabe geändert, dass in § 3 die Nummer 11c neu eingefügt wurde. § 3 des EStG regelt die Steuerfreiheit von Leistungen.
Mit § 3 Nummer 11c EStG wird die Steuerfreiheit von vom Arbeitgeber -zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn
-in der Zeit vom 26.10.2022 bis zum 31.12.2024-in Form von Zuschüssen und Sachbezügen
-zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise
-bis zu einem Betrag von 3.000 Euro
gewährten Leistungen geregelt.
Ob die Landeshauptstadt München als tarifgebundene kommunale Arbeitgeberin und Dienstherrin ihren Beschäftigten eine solche steuerfreie Inflationsausgleichsprämie aber überhaupt gewähren darf, ist gesondert zu betrachten. Die Freistellung einer Zahlung von der Besteuerung alleine reicht hierfür nicht aus.
2. Rechtliche Möglichkeit zur Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie Finanzielle Leistungen an die städtischen Beschäftigten sind nur möglich, wenn es hierfür eine Rechtsgrundlage gibt.
2.1 Zahlungen an städtische Beamt*innen
Im Besoldungsrecht bedarf jegliche Leistung des Dienstherrn an die Beschäftigten einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage. Für Haupt- und Nebenleistungen im Sinne des Bayerischen Besoldungsgesetzes (BayBesG) besteht im Regelfall ein Gesetzesvorbehalt (vgl. Art. 3 Abs. 1 BayBesG). Für weitere Leistungen außerhalb der Besoldung reicht auch eine entsprechende Praxis des Freistaates gegenüber seinen Beschäftigten aus, um Kommunen vergleichbare Leistungsgewährungen zu ermöglichen (vgl. Art. 91 Abs. 2 BayBesG).
Es gibt derzeit jedoch weder eine Rechtsgrundlage im BayBesG für die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie noch eine entsprechende Praxis bzw. Leistungsgewährung des Freistaates Bayern seinen Beschäftigten gegenüber. Für die Landeshauptstadt München besteht damit derzeit keine rechtliche Möglichkeit zur Zahlung einer solchen Leistung.
Die Thematik „Inflationsausgleichsprämie für den öffentlichen Dienst“ wurde am 23.11.2022 auch im Bayerischen Landtag behandelt (vgl. Bayerischer Landtag, Protokoll 18/1272).
Der hier zugrunde liegende Antrag (Landtagsdrucksache 18/25139) wurde abgelehnt.3
Verwiesen wurde dabei unter anderem auf den für die Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes in Bayern bis zum 30.9.2023 laufenden Tarifvertrag (TV-L). Die Zahlung einer solchen Inflationsausgleichsprämie durch den Freistaat Bayern an seine Tarifbeschäftigten könnte daher nur im Rahmen einer außertariflichen Maßnahme erfolgen, die der Zustimmung durch die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) bedürfte. Diese Zustimmungsei allerdings derzeit nicht zu erreichen. Diese Entscheidung gelte auch für die bayerischen Beamt*innen, weil der Freistaat Bayern die Ergebnisse der Tarifabschlüsse zum TV-L seit dem Jahr 2013 immer zeit- und systemgerecht ins Besoldungsrecht – und damit auch auf die städtischen Beamt*innen – übertrage.
Das Bayerische Staatsministerium der Finanzen und für Heimat (BaySt-MFH) hat Entsprechendes auch zu einer Landtagsanfrage4 mitgeteilt und ausgeführt, dass noch nicht absehbar sei, ob das Thema „Inflationsausgleich“ in der nächsten Entgeltrunde der Länder, die im Oktober 2023 beginnt, eine Rolle spielen werde (vgl. Landtagsdrucksache 18/24350).
Für die Landeshauptstadt München bzw. die städtischen Beamt*innen bleibt daher das Ergebnis des Tarifabschlusses für die Arbeitnehmer*innen des öffentlichen Dienstes der Länder und dessen besoldungsrechtliche Umsetzung abzuwarten.
2.2 Zahlungen an städtische Tarifbeschäftigte
Die für die städtischen Beschäftigten gültigen Tarifverträge (insbesondere TVöD, TV-Versorgungsbetriebe) sehen derzeit die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie nicht vor.
Als tarifgebundene Arbeitgeberin ist die Landeshauptstadt München verpflichtet, diese Tarifverträge weder zu unterschreiten noch zu überschreiten. Für über die tariflich geregelten Leistungen hinausgehende Zahlungen ist die Zustimmung des Kommunalen Arbeitgeberverbands Bayern e.V. (KAV Bayern) erforderlich (vgl. § 5 Absatz 1 der KAV-Satzung5).
Am 24.1.2023 haben die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen zum TVöD begonnen. Bei den gewerkschaftlichen Forderungen spielt auch die Entwicklung der Lebensmittel- und Energiepreise sowie die Inflation eine Rolle. Es ist davon auszugehen, dass die nach § 3 Nummer 11c EStG bestehende Möglichkeit der Zahlung einer steuerfreien Inflationsausgleichsprämie auch in den Verhandlungsrunden von den Tarifvertragsparteien eine Rolle spielen wird. Das Verhandlungsergebnis bleibt abzuwarten.
3. Beteiligungsgesellschaften, Eigenbetriebe und Zuschussnehmer
Die vorstehenden Ausführungen gelten grundsätzlich auch für die städtischen Eigenbetriebe. Dies gilt ebenso für städtische Beteiligungsgesellschaften, die über die Mitgliedschaft beim KAV Bayern der Tarifbindung unterliegen. Es ist auch hier davon auszugehen, dass die jeweils zuständigen Tarifvertragsparteien die bis 31.12.2024 bestehende Möglichkeit einersteuerfreien Inflationsausgleichsprämie in anstehenden Gesprächen beziehungsweise Verhandlungen thematisieren werden. Eine entsprechende Tarifeinigung ist dann verbindlich umzusetzen.
Die Regularien, denen die einzelnen Zuschussnehmer*innen in ihrer Arbeitgebereigenschaft unterliegen, sind nicht bekannt, hierauf hat die Landeshauptstadt München grundsätzlich auch keinen Einfluss. Die Zahlung von städtischen Zuschüssen richtet bzw. orientiert sich jedoch im Regelfall an den Personalleistungen, die die Landeshauptstadt München ihren eigenen Beschäftigten gewährt (Gleichstellungsgebot und Besserstellungsverbot). Erhalten also zukünftig städtische Beschäftigte eine steuerfreie Inflationsausgleichsprämie, können auch die Zuschussnehmer*innen eine solche – zuschussrechtlich unbedenklich – an ihre Beschäftigten ausbezahlen. Die Zuschüsse würden dann entsprechend der städtischen Regularien angepasst.
4. Fiktive Darstellung der Kosten
Entsprechende rechtliche Grundlagen vorausgesetzt würde die Zahlung einer steuerfreien Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3.000 Euro (bei Teilzeit entsprechend anteilig) an alle städtischen Beschäftigten für die Landeshauptstadt München im Jahr 2023 Mehrkosten in Höhe von ca. 86 Millionen Euro bedeuten (Gemeindehaushalt: 57 Millionen Euro für Tarifbeschäftigte, 29 Millionen Euro für Beamt*innen). Für die Eigenbetriebe und Stiftungen wären ca. 12 Millionen Euro zu veranschlagen. Hinzu kommen ggf. weitere Finanzmittel für die Zuschussbereiche, entsprechend der jeweils individuellen Zuschussrichtlinien.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.
1 Link: https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundes-anzeiger_BGBl&start=//*%5B@attr_id=%27bgbl122s1743.pd-f%27%5D#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl122s1743.pdf%27%5D__1674023190230
2 Link: https://www.bayern.landtag.de/webangebot3/views/protokolledirektanzeige/protokolledirektanzeige.xhtml?date=231122&sitzn- r=127&wp=18&gremium=PL
3 Link: https://www.bayern.landtag.de/webangebot2/webangebot/vorgangsanzeige?execution=e2s1
4 Link: http://www1.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP18/Drucksachen/Basisdrucksachen/0000015000/0000015252_030.pdf
5 Link: https://www.kav-bayern.de/fileadmin/user_upload/benutzer/pdf/Downloads/SatzungKAVMai2022.pdf