Haben SWM-(Ökostrom)Kunden das Nachsehen?
Anfrage Stadträte Manuel Pretzl und Sebastian Schall (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 9.12.2022
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 9.12.2022 führten Sie als Begründung aus: „Viele Kunden haben die letzten Wochen einen Brief der Stadtwerke München GmbH (SWM) bekommen, in dem ihnen die neuen Strompreise ab 1.1.2023 mitgeteilt wurden. Die Rede ist von unterschiedlichen Erhöhungsbeträgen, je nach ‚Stromart‘. Der Stromtarif ohne Heizungsnutzung ist von 24,97 Cent/kWh brutto auf 61,89 Cent/ kWh brutto, also um 147% gestiegen. Zum Vergleich: Die Stadtwerke Kiel haben ihren Preis von 22,56 Cent/ kWh auf 35,50 Cent/ kWh erhöht.
Die SWM haben sich bereits vor Jahren das Ziel gesetzt, die Stadt München im Jahr 2025 mit 100% Ökostrom aus eigenen Anlagen versorgen zu können. Die Investitionen in den Anlagenbau oder zur Übernahme von Bestandsanlagen zur Gewinnung regenerativer Energien waren in den vergangenen Jahren stetig hoch. Deshalb müsste sich für den Laien der Ankauf/Zukauf von Strom von anderen, konventionellen Anbietern deutlich reduziert haben. Zudem ist die Ökostromproduktion unabhängig vom Ukrainekrieg oder sonstigen Krisensituationen. Umso unerklärlicher ist es, dass gerade Ökostromkunden auch derart hohe Preise zahlen müssen. Sie haben mit dem bewussten Abschluss eines Ökostromvertrages explizite auch in den Ausbau regenerativer Energien investiert bzw. diese gefördert.“
Die in Ihrer Anfrage gestellten Fragen können anhand einer Stellungnahme der SWM wie folgt beantwortet werden:
Frage 1:
Warum sind jene, die explizit einen Ökostromvertrag mit dem SWM abgeschlossen haben, von den Strompreiserhöhungen gleichermaßen betroffen, wie Kundinnen und Kunden mit einem konventionellen Stromliefervertrag?
Antwort der SWM:
„Strom wird über Leitungen in einem Stromnetz verteilt. Bei Angeboten leitungsgebundener Energien besteht die Herausforderung darin, dass man nicht eine konkrete Materie erwirbt, sondern dass man die benötigte bzw. vereinbarte Menge dann erhält, wenn man sie benötigt, wie sie physikalisch verfügbar ist – typischerweise aus der nächstgelegenen Erzeugungsanlage. Das bedeutet: Man kann über das Stromnetz die Kund*innen nicht mit Strom aus genau einer konkreten Anlage beliefern, es sei denn, die Kund*innen wären ausschließlich mit dieser Anlage verbunden. Deshalb ist Ökostrom immer ein Konstrukt, mit dem man entweder dazu beiträgt, dass mehr Erneuerbare-Energien-Anlagen entstehen, oder er enthält die Leistung bzw. ‚Eigenschaft‘, dass der Strom, den man verbraucht, mengen- und ggfs. zeitgleich in einer Anlage erneuerbaren Energien produziert wird.
Nahezu alle Ökostromanbieter beziehen ihren Strom in der Regel am Markt bzw. über die Strombörse. Sie kaufen sog. Grau- oder Mix-Strom. Zusätzlich müssen Herkunftsnachweise (HKN) für die Ökostromeigenschaft beschafft werden. Dementsprechend haben auch die Wettbewerber im Segment Ökostrom ihre Preise angehoben (siehe Artikel Spiegel.de vom 21.1.2023 „Warum Ökostrom zurzeit so teuer ist .…“).
Die Gewinne, die die Betreiber von Ökostromanlagen durch die hohen Markt- bzw. Börsenpreise erzielen, stehen für eine Preisabsenkung für Ökostrom-Kund*innen nicht zur Verfügung, da sie durch das Mitte Dezember beschlossene Gesetz zur Erlösabschöpfung vom Bund abgeschöpft werden. Für die SWM bedeutet dies eine Abschöpfung von ca. 330 Mio. Euro im Jahr 2023 für Gewinne aus Windparks, aber auch aus der Kernkraft.“
Frage 2:
Müsste der Strompreis in Anbetracht des angesprochenen Ziels und den bereits zahlreichen Investitionen in den Ausbau der Erneuerbaren Energien nicht schon jetzt deutlich günstiger sein als anderswo?
Antwort der SWM:
„Siehe Antwort zu Frage 1.“
Frage 3:
Warum ist der Strom bei den SWM im Bundes- und Städtevergleich besonders teuer?
Antwort der SWM:
„Die SWM beschaffen den für das konkrete Lieferjahr benötigten Strom üblicherweise über einen eher nicht so langfristen Zeitraum wie andere und so, dass die Beschaffung im Herbst abgeschlossen ist. Diese Vorgehensweise bei der Beschaffung hat sich in den vergangenen Jahren bewährt und maßgeblich dazu beigetragen, dass die SWM einen überdurch-schnittlichen Marktanteil halten konnten, weil sie ihre Kund*innen, wie oben dargestellt, zu sehr günstigen Preisen beliefern konnten.
Für das Lieferjahr 2023 hat die Strategie allerdings leider nicht funktioniert, da die Beschaffung den Zeitraum beinhaltete, für den sich an den Energiemärkten hohe Preise eingestellt haben. Bei stark steigenden Marktpreisen und in der Annahme, dass die Preise zum Jahresende weiter steigen könnten, haben die SWM zudem im August 2022 die noch fehlenden Strommengen für das Jahr 2023 zu aus heutiger Sicht hohen Preisen beschafft, um so die Versorgungssicherheit der Münchner Bürger*innen zu gewährleisten.“
Frage 4:
Haben sich die SWM beim Ankauf an den Strombörsen schlicht mit den Ankaufzeitpunkten verzockt?
Antwort der SWM:
„Siehe Antwort zu Frage 3.“
Frage 5:
Nutzen die SWM die Gelegenheit, um ihren Kundinnen und Kunden überdimensional hohe Preise abzuverlangen, um eine Gewinnsteigerung im SWM-Konzern herbeizuführen?
Antwort der SWM:
„Nein, s. auch die Antworten zu den vorherigen Fragen.“
Frage 6:
Lassen sich die Preiserhöhungen sachlich gerechtfertigt begründen oder laufen die SWM Gefahr, von der Bundesregierung wegen ihres doch sehr hohen Preises überprüft und gerügt zu werden?
Antwort der SWM:
„Die SWM haben zum 1.1.2023 die Preise für Strom erhöht. Diese Preiserhöhung basiert, wie bereits erläutert, auf Kostensteigerungen. Damit ist die Preiserhöhung sachlich gerechtfertigt. Im Übrigen haben die SWM bereits angekündigt, die Strompreise für Privat- und Gewerbekund*innen zum 1.4.2023 um 10 Cent je Kilowattstunde zu senken. Dies wurde möglich, da die von der Bundesregierung beschlossene Gewinnabschöpfung erst zu einem späteren Zeitpunkt greift als vorgesehen. Im Übrigen erfolgt eine Entlastung der Stromkund*innen durch die Preisbremsen der Bundesregierung.Sobald sich weitere Spielräume ergeben, werden die SWM die Preise entsprechend senken. Es ist auch weiterhin das Ziel der SWM, die Kund*innen zu wettbewerbsfähigen Preisen zu beliefern.“
Frage 7:
Wie viele Anbieterwechsel sind seit Bekanntgabe der neuen Strompreise erfolgt? Bitte zeigen Sie diese getrennt nach Ökostrom- und konventionellem Strom. Führen Sie auch die Wechsel bei Wärmestromkunden auf, die trotz einer nachträglichen Preisanpassung noch viel stärker von den Preiserhöhungen betroffen sind.
Antwort der SWM:
„Hierzu können die SWM keine Angaben machen, da es sich um wettbewerbsrelevante Informationen handelt.“
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten konnte.