Kunstwerk zur Geschichte und Gegenwart der Sinti und Roma
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Rathaus Umschau 58 / 2023, veröffentlicht am 23.03.2023
Die Stadt München beschließt die Realisierung eines Kunstwerks, das der Geschichte und Gegenwart der Sinti*zze und Rom*nja in der Innenstadt eine Stimme verschafft und Erinnerungskultur lebendig macht. Mit großer Mehrheit sprach sich die Vollversammlung des Stadtrats jetzt für die Umsetzung eines dauerhaften, partizipativen Kunstprojekts der Künstlerin Ladislava Gažiová am Frauenplatz aus. Es wird sowohl an die Opfer der systematischen Verfolgung und Ermordung während des NS-Regimes erinnert als auch das gegenwärtigen Leben der Sinti*zze und Rom*nja in München sichtbar machen. Damit will die Stadt auch der noch immer bestehenden Diskriminierung entgegenwirken. Für die Realisierung stellt das Kulturreferat aus seinem Kunstbudget 180.000 Euro zur Verfügung.
In einem Wettbewerbsverfahren, das von den Bereichen Public Art und Public History des Kulturreferats betreut und unter der Leitung von Kulturreferent Anton Biebl durchgeführt wurde, sprach sich die Jury für den Entwurf von Ladislava Gažiová aus. Die Vollversammlung des Stadtrats hat den Vorschlag der Jury übernommen.
Auszug aus der Jurybegründung: „Der Entwurf der in Prag lebenden Künstlerin Ladislava Gažiová verbindet Erinnerung an die historische Verfolgung de Sinti*zze und Rom*nja mit der Gegenwart, dem Leben und der Identität der Sinti*zze und Rom*nja in München heute. Das zentrale Element ist ein Bodendenkmal, das sich in einer fluiden Form aus Dreiecken zusammensetzt und eine Referenz an den ,schwarzen Winkel‘ herstellt. Im NS Regimes diente der ,schwarze Winkel‘ als Markierung für vermeintlich ,Asoziale‘ und ,Gemeinschaftsunfähige‘. Mit der flächigen Summe der Dreiecke soll ein bleibender, dunkler Fleck der Geschichte im öffentlichen Raum entstehen – vergleichbar mit den tödlichen Flecken der Pest, mit denen die Künstlerin die NS-Ideologie vergleicht.“
Das Konzept von Ladislava Gažiová räumt der Einbindung der Stadtbevölkerung einen zentralen Stellenwert ein. Die Gestaltung und Verlegung der Steine soll gemeinschaftlich mit Münchner Sinti*zze und Rom*nja erfolgen. Die Arbeit am Kunstwerk wird Mitte 2023 beginnen.
Das Bodendenkmal wird temporär mit einer mobilen und gut ausgestatteten Bibliothek ergänzt. Sie ist in einem umgebauten Wohnanhänger untergebracht und wird während der Entstehung des Kunstwerks als Begegnungsort an wechselnden Standorten dienen. In Workshops, Lesungen und anderen Aktivitäten wird der kulturelle Reichtum der Sinti*zze und Rom*nja widergespiegelt. Das Programm soll Themen der Sinti*zze und Rom*nja, darunter auch Fragen der gegenwärtigen Diskriminierung, ins öffentliche Bewusstsein bringen.
Entwurf des Kunstprojekts für den Frauenplatz (Skizze: Ladislava Gažiová)
Bürgermeisterin Katrin Habenschaden: „Wissenschaftliche Studien zeigen, dass antiziganistische Einstellungen immer noch tief in der Bevölkerung verwurzelt sind. Viele Menschen geben bei Befragungen an, sie hätten Probleme damit, wenn Sinti und Roma in ihrer Nachbarschaft lebten. Warum eigentlich? Welche Vorurteile liegen dahinter? Das Kunstprojekt will dazu beitragen, dass wir in persönlichen Begegnungen mehr übereinander erfahren. Und dass unser Zusammenleben besser wird.“
Kulturreferent Anton Biebl: „Das Kunstprojekt nimmt die Themen der Münchner Sinti*zze und Rom*nja ernst. Ihre vielfältigen und vielstimmigen Anliegen haben eine Gemeinsamkeit: Den Wunsch nach Akzeptanz und Anerkennung in einer vielfältigen Stadtgesellschaft. Der beteiligungsorientierte Ansatz soll genau dazu beitragen. Ich freue mich auf die Beteiligung zahlreicher Münchner*innen und werde mich auch selbst einbringen.“
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