Strompreiserhöhung bei den Stadtwerken: Werden Wärmestromkunden benachteiligt?
Anfrage Stadträte Hans-Peter Mehling und Sebastian Schall (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 29.11.2022
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 29.11.2022 führten Sie als Begründung aus: „Viele Kunden haben die letzten Wochen einen Brief der Stadtwerke München GmbH (SWM) bekommen, in dem ihnen die neuen Strompreise ab 1.1.2023 mitgeteilt wurden. Die Rede ist von unterschiedlichen Erhöhungs- beträgen, je nach ‚Stromart‘. So wurde für Kunden, die Heizstrom für ihre Heizungsanlage beziehen, der Preis von 20,27 Cent brutto auf 75,24 Cent brutto gesteigert. Das entspricht einer Steigerung um 271%, während der Stromtarif ohne Heizungsnutzung um 147% gestiegen ist. Also von 24,97 Cent brutto auf 61,89 Cent brutto – noch immer eine deutliche Steigerung.“
Wir haben die SWM um Stellungnahme gebeten, die zu Ihrer Anfrage Folgendes mitteilte:
In der Anfrage (Nr. 20-26/F 00605) werden die Tarife für Ein- und Zweitarifmessung (Tag- und Nachtstrom getrennte Messung) miteinander vermengt. Zur Verdeutlichung nachfolgend beispielhaft die Münchner Tarife für normalen Haushaltsstrom und Wärmepumpenstrom ab 1.1.2023 für Eintarif (ET) und Zweitarif (HT/NT). Der Preis für den normalen Haushaltsstrom setzt sich aus Arbeitspreis ET bzw. HT und NT und einem Grundpreis zusammen; wohingegen der Wärmepumpenstrom keinen Grundpreis hat.
Besonders betroffen von den Preissteigerungen am Energiemarkt waren die Peak-Zeiten (für Belieferung in der Starklast). Ein Grund hierfür ist, dass zu Spitzenverbrauchszeiten/Starklastzeiten auch Mittel- und Spitzenlastkraftwerke wie Gas- oder Pumpspeicherkraftwerke, die (noch) nicht so günstig Strom erzeugen, zum Einsatz kommen. In den Base-Zeiten (für Schwachlast) fiel der Anstieg der Handelspreise weniger stark aus. Für die Tarifzeiten ergibt sich daraus ein unterschiedlicher, prozentualer Anstieg, und zwar aufsteigend in der Reihenfolge: Nieder-, Ein- und Hochtarif.Wärmepumpenstrom ist in der Regel aufgrund niedrigerer Konzessionsabgaben und Netzentgelte günstiger als der Haushaltsstrom. Beim Strom für Wärmepumpen wurde zum 1.1.2023 die sog. Bestabrechnung eingeführt. Das bedeutet, dass Kunden mit Zweitarifmessung mit dem Preis für Eintarif abgerechnet werden, wenn sich dieser in der individuellen Verbrauchskonstellation im Abrechnungszeitraum günstiger rechnet.
Zudem profitieren auch die Wärmestromstromkunden von der Preissenkung zum 1.4.2023 unabhängig von der Tarifmessung. Die Preise sind dann:
Die in Ihrer Anfrage gestellten Fragen können wie folgt beantwortet werden:
Frage 1:
Welchen Grund gibt es für die unterschiedlichen Erhöhungen?
Antwort:
Siehe Einleitung.
Frage 2:
Warum werben die SWM auf ihrer Website mit dem Angebot günstiger Heizstromtarife, wenn diese doch noch einmal erheblich teuer sind, als der übliche Stromtarif?
Antwort:
Siehe Einleitung.
Frage 3:
Welche Möglichkeiten der Reduzierung des Wärmepumpenstromtarifs gibt es?
Antwort:
Siehe Einleitung.
Frage 4:
Wie sehen die SWM ihr eigenes Ausbauziel, München bis 2025 mit 100% Ökostrom aus eigenen Anlagen versorgen zu können? Ist dieses Ziel realistisch und zu welchem Realisierungsgrad bis heute erreicht?
Antwort:
Seit dem letzten Jahr produzieren die SWM bereits 6,3 Milliarden Kilowattstunden Ökostrom – das entspricht rund 90 Prozent des Münchner Strombedarfs. Die SWM werden deshalb ihr Ziel, bis 2025 so viel Ökostrom in eigenen Anlagen zu produzieren, wie ganz München verbraucht, voraussichtlich planmäßig erreichen.
Frage 5:
Müsste der Strompreis in Anbetracht des angesprochenen Ziels und den bereits zahlreichen Investitionen in den Ausbau der Erneuerbaren Energien nicht schon jetzt deutlich günstiger sein als anderswo? Zudem gibt es bei der Produktion von Ökostrom keine Verwerfungen aufgrund des Ukraine-Krieges.
Antwort:
Die SWM Versorgung deckt ihren Strombedarf für die Belieferung ihrer Kunden mittels Stromlieferverträgen, deren Preis sich nach den Preisen an den Energiemärkten richtet. Die Energiemärkte unterscheiden hinsichtlich der Preise nicht danach, wie der Strom erzeugt wird. Strom, der mittels erneuerbarer Energien, und Strom, der mittels konventioneller Anlagen erzeugt wird, kostet an den Energiemärkten daher dasselbe.
In der Vergangenheit waren die Preise an den Energiemärkten niedrig, so dass die SWM ihre Kund*innen zu günstigen Preisen beliefern konnte. Seit dem zweiten Halbjahr 2021 und erst recht nach Ausbruch des Ukraine-Russland-Kriegs sind die Preise an den Energiemärkten stark gestiegen.
Frage 6:
Wie viel Ökostrom fließt tatsächlich durch das Münchner Netz?
Antwort:
Die SWM können nur die Ökostrommenge bestimmen, die durch im Netzgebiet der SWM Infrastruktur GmbH & Co. KG installierte Anlagen eingespeist wird. Umfangreiche Informationen stellt dazu die SWM Infrastruktur GmbH & Co. KG über deren Homepage zur Verfügung.
https://www.swm-infrastruktur.de/online-services/energieatlas Interaktiver Energie-Atlas für München | SWM Infrastruktur GmbH & Co. KG (swm-infrastruktur.de)
Frage 7:
Angeblich sind die Stromtarife in München höher als in anderen Städten. Wie erklären sich die höheren Tarife im Städtevergleich?
Antwort:
Im Vergleich zu anderen großen Anbietern kaufen die SWM weniger langfristig ein, um in der Preisbildung flexibler zu sein. Diese Beschaffungsstrategie hat 15 Jahre lang zu günstigen Preisen geführt.
Im Sommer 2022, vor dem Hintergrund des Kriegs und der unterbliebenen Gaslieferungen Russlands, sahen sich die SWM aber veranlasst, bei stark steigenden Marktpreisen die noch fehlende Strommenge für das Jahr 2023 zu aus heutiger Sicht hohen Preisen zu kaufen, um so die Versorgungssicherheit der Münchner Bürger*innen zu gewährleisten.
Leider gehören die SWM damit erstmalig zu den teuersten Anbietern in Deutschland. Dies bedauern die SWM sehr, da es nach wie vor unser Ziel ist, zu den günstigsten Anbietern zu zählen.
Übrigens: Bundesweit gibt es derzeit 90 Stromversorger, die Preisanpassungen zwischen 1.12.2022 und 1.2.2023 durchgeführt oder angekündigt haben, deren Preise über denen der SWM liegen, sogar teilweise deutlich darüber (Quelle: Get AG Tool, Stand 30.11.22). Ca. ¾ dieser Anbieter sind ebenfalls kommunale Unternehmen.
Frage 8:
Sollten nicht Wärmekunden, die sich am Einsparen von Gas und Öl beteili- gen, weniger stark belastet werden?
Antwort:
Für die Wärmestromlieferung gelten geringere Konzessionsabgaben als für Haushaltsstrom, innerhalb des Haushaltsstrom geringere Abgaben im Niedertarif als im Hoch- oder Eintarif – siehe hierzu
https://www.gesetze-im-internet.de/kav/__2.html
§ 2 KAV - Einzelnorm (gesetze-im-internet.de)
Auch bei den staatlich regulierten Netzentgelten wird preislich die Verwendung des Stroms unterschieden, und zwar absteigend wie folgt: Kraft/Licht (Haushalt) > E-Mobilität > Wärmepumpe > Speicherheizung – siehe hierzu Seite 3 oben der
https://www.swm-infrastruktur.de/dam/swm-infrastruktur/dokumente/strom/netzzugang-netznutzungsentgelte/preisblaetter-2023/strom-preisblatt-2023.pdf
Netzentgelte Strom 2023 (swm-infrastruktur.de)Diese Voraussetzungen (= Beschaffung nach Lastzeiten, unterschiedliche Konzessionsabgaben und Netzentgelte) führen zur Preisdifferenzierung bei unterschiedlichen Strom- und Messarten – siehe hierzu
https://www.swm.de/dam/doc/strom/preise-strom-01-2023.pdf Preisblatt M-Strom Muenchen (swm.de)
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten konnte.