Versorgungssicherheit und Klimaschutz beschleunigen IV – Wärmepumpen und Nahwärmenetz
Antrag Stadtrats-Mitglieder Anja Berger, Beppo Brem, Mona Fuchs, Nimet Gökmenoglu, Dominik Krause, Clara Nitsche, Julia Post, Bernd Schreyer, Florian Schönemann, Christian Smolka, Sebastian Weisenburger (Fraktion Die Grünen – Rosa Liste) und Simone Burger, Anne Hübner, Christian Köning, Dr. Julia Schmitt-Thiel (SPD/Volt-Fraktion) vom 15.3.2022
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrem o.g. Antrag werden die Stadtwerke München beauftragt, das Fernwärmesystem durch den Einsatz von Großwärmepumpen u.a. am Standort HKW Süd und der Fernwärmeanlage Sendling zu optimieren und am entstehenden Standort Michaelibad eine größere Wärmepumpenanlage als bisher zu prüfen. Für Kunden außerhalb des Fernwärmegebietes sollen Produkte zum Bau und Betrieb von Wärmepumpen entwickelt und eingeführt werden. Neben schlüsselfertigen Angeboten für Erdsonden- und Luft-Wasser Wärmepumpen soll dies auch die Konzeption und Umsetzung von sektorgekoppelten, solaren Nahwärmenetzen beinhalten. Die SWM sollen dabei im Einklang mit der kommunalen Wärmeplanung der Stadt München unter Federführung des Referats für Klima- und Umweltschutz vorgehen.
Die Stadtverwaltung wird beauftragt entsprechende Genehmigungsverfahren beschleunigt und prioritär zu behandeln. Sollten dem Hindernisgründe wie beispielsweise fehlendes Personal entgegenstehen, sind diese dem Stadtrat mit einem Lösungsvorschlag vorzulegen.
Darüber hinaus wird der Oberbürgermeister gebeten, sich gemeinsam mit den SWM bei der Bundes- und Landesregierung für Änderungen im Energiewirtschaftsgesetz (EWG), der Wärmelieferverordnung (WärmeLV) und der Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW) einzusetzen, um die bestehenden gesetzlichen Vorteile von Erdgas gegenüber umweltfreundlichen Alternativen für Heizsysteme abzuschaffen.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, teile ich Ihnen zu Ihrem Antrag im Folgenden die Ausführungen der Stadtwerke München GmbH und des Referates für Klima- und Umweltschutz mit:
1. Stadtwerke München GmbH
„Als strategisch nachhaltig ausgerichtetes Unternehmen befürworten und unterstützen die SWM den schnellstmöglichen und konsequentenAusstieg aus Öl- und Gasheizsystemen, um die Abhängigkeit von Lieferungen fossiler Brennstoffe zu minimieren und die Versorgungssicherheit Münchens zu gewährleisten. Bereits in 2012 haben die SWM ihre Fernwärmevision vorgestellt, die eine CO2-neutrale Erzeugung von Fernwärme beinhaltet, überwiegend durch den Einsatz der Tiefengeothermie. Seither entwickeln die SWM ihre Fernwärmestrategie kontinuierlich weiter. Wie in der Studie von FfE und Öko-Institut festgestellt, ist die perspektivisch CO2-neutrale Fernwärme ein wichtiger Eckpfeiler für die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung Münchens.
Gemäß dieser Studie überprüfen die SWM an allen in Frage kommenden Standorten den Einsatz von Wärmepumpen. Dies gilt sowohl für die Integration in bestehende Fernwärmesysteme, zur Optimierung, als auch beim Einsatz als Insellösungen zur Wärmeversorgung außerhalb des bestehenden Fernwärmenetzes. Der Antrag entspricht dem aktuellen Vorgehen in den Konzepten und Planungen seitens SWM zur möglichst zeitnahen Realisierung einer klimaneutralen Wärmeversorgung.
Der Standort Süd befindet sich zur Zeit noch in der Entwicklung. Hier wird der Einsatz einer Wärmepumpe konzeptionell überprüft. Am Standort Sendling (ehemaliges HKW Sendling, Drygalskiallee) an dem derzeit eine kleine Fernwärmestation steht, wird mit der notwendigen Einbindung der südlich von München gelegenen Geothermie eine Weiterentwicklung erfolgen. Erst dann können der optimale Standort und die optimale Größe einer Wärmepumpe ermittelt werden. Für den Standort Geothermie Michaelibad ist der Einsatz einer größtmöglichen Wärmepumpe bereits festgelegt und wird mit der Umsetzung des Standorts realisiert.
Was die dezentral zu versorgenden Gebiete betrifft, arbeiten die SWM seit Anfang 2022 an der Entwicklung eines Wärmepumpen-Portfolios für bisher primär öl- und gasversorgte Gebiete außerhalb des Fernwärmenetzes. Ziel ist es dabei, alle Gebäude in und um München zukünftig durch den Umstieg vor allem auf Wärmepumpen mit nachhaltiger, dezentraler Wärme zu versorgen. Durch die geologisch günstigen Gegebenheiten in und um München eignen sich besonders Grundwasser-Wärmepumpen für eine effiziente Wärmeversorgung. Aus diesem Grund wird diese Technologie zunächst priorisiert. Hier kommen den SWM die bereits vorliegenden, jahrelangen Erfahrungen im Bereich der Geothermie zugute. Im Fokus des Angebots stehen alle Gebäudearten von Einfamilienhäusern, Bürogebäuden bis zu Gewerbeimmobilien. In 2022 wurden bereits erste Pilotprojekte gestartet und umgesetzt, der vollständige Markteintritt ist für 2023 geplant. Für Gebiete oder Objekte, in welchen keine Grundwasserwärmepumpeverbaut werden kann oder der Verbau nicht sinnvoll ist, wird das Produktangebot perspektivisch um Luftwärmepumpen ergänzt.
Neben der Ausstattung einzelner Gebäude mit Wärmepumpen verfolgen die SWM auch den Bau und Betrieb von effizienten (kalten) Nahwärmenetzen für die Versorgung ganzer Quartiere. Darüber hinaus haben die SWM auch in den vergangenen Jahren in enger Abstimmung mit Projektentwicklern und Investoren ganzheitliche Wärme- und Kälteversorgungskonzepte für die Versorgung von Arealen entwickelt und umgesetzt. So konnten in diesen Projekten bereits mehrere Grundwasser-Wärmepumpen und -Kältemaschinen mit einer Gesamtleistung von ca. 5 MW in Betrieb genommen werden, weitere Anlagen mit ca. 1 MW befinden sich im Bau und mit ca. 10 MW in der Angebotsphase. Die SWM versorgen beispielsweise schon heute Bürogebäude an der Balanstraße aus einer geothermischen Anlage, die mit oberflächennahem Grundwasser, Wärmepumpen und Fernwärme sowohl Wärme als auch Kälte bereitstellt. Weitere Informationen sind unter https://www.swm.de/energiewende/waermewende bereitgestellt.
Die SWM befinden sich bereits im Austausch mit dem Referat für Klima- und Umweltschutz und dem Lehrstuhl für Hydrogeologie an der Technischen Universität München, um gemeinsam relevante Quartiere zu definieren, in denen der Ausbau (kalter) Nahwärmenetze sinnvoll und im Einklang mit der kommunalen Wärmeplanung der Stadt München gewünscht ist. Die SWM setzen darüber hinaus auf eine enge Zusammenarbeit mit städtischen Referaten und der Stadtpolitik, um gemeinsam die richtigen regulatorischen und fördertechnischen Rahmenbedingungen zu schaffen, die einen schnellen und flächendeckenden Ausbau dezentraler Wärmepumpen in München ermöglichen.“
2. Referat für Klima- und Umweltschutz
„Das RKU begrüßt die im Antrag genannten Lösungen auf der Basis von Wärmepumpen und Nahwärmenetzen außerhalb des Fernwärmegebiets. Sie leisten einen zentralen Beitrag sowohl zur Versorgungssicherheit als auch zum Klimaschutz.
In enger Absprache mit den SWM werden derzeit im RKU die Voraussetzungen im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung geschaffen, dass derartige Alternativen zu fossilen Brennstoffen gezielt und wirkungsvoll eingesetzt werden können. Hierbei kann vielfach auf guten Daten- und Analysegrundlagen aufgebaut werden (z.B. Einsatz von Grundwasser-Wärmepumpen auf Basis der im Projekt Geo.KW entwickelten App, Nut-zung des Wärmepumpenatlas der Forschungsstelle für Energiewirtschaft, Vorarbeiten der Studie ‚Klimaneutrale Wärme München 2035‘ etc.).
Noch bestehende Datenlücken oder Ungenauigkeiten in der räumlichen Analyse werden derzeit auch mit Hilfe ergänzender externer Aufträge geschlossen (u.a. Potenzial von Abwärmelösungen, Identifikation von Eignungsgebieten für unterschiedliche Typen von Nahwärmenetzen, Kopplung der Modelle aus Geo.KW mit dem Wärmeplanungsinstrumentarium (Modell München) der SWM). Darauf aufbauend werden dann die zentralen Elemente einer räumlich differenzierten Wärmewendestrategie mit entsprechenden Transformationspfaden erarbeitet.
Aus der Sicht des Immissionsschutzes ist darauf hinzuweisen, dass die genannten Wärmepumpenanlagen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz nicht genehmigungspflichtig sind und bereits vielfach technisch erprobt sind. Im Rahmen der Erweiterung einer bestehenden nach BImSchG genehmigungspflichtigen Anlage (z.B. Heizkraftwerke) um eine Wärmepumpe, wäre durch den Betreiber eine Änderungsanzeige gemäß §15 BIm-SchG bei der zuständigen Behörde erforderlich.
Trotz der vielen Vorteile der Wärmepumpen in Sachen Klimaschutz und Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen ist der Betrieb oftmals mit Lärmproblemen in der Nachbarschaft verbunden; insbesondere durch die Geräuschanteile in den tiefen Frequenzbereichen (Brummtöne unter 100 Hz). Diese tieffrequenten Geräusche können, bei entsprechend leistungsstarken Aggregaten, weitreichend und durchdringend sein und sind oft nur mit großem technischen und baulichen Aufwand (z.B. massive Umhausungen, Betonwände) effektiv abzuschirmen.
Der Betrieb einer einzelnen kleinen Wärmepumpe stellt im näheren Umgriff (direkte Nachbarschaft) keine erhebliche oder eine leicht in den Griff zu bekommende Geräuschquelle dar. Beim Betrieb einer sehr leistungsstarken oder einer Vielzahl von Wärmpumpen im direkten Zusammenhang oder flächendeckend, ist jedoch von einer ganz anderen Geräuschsituation auszugehen. Eine erhöhte und weitreichende Geräuschbelastung, die insbesondere nachts und an Wochenenden zu erheblichen Störungen in der Nachbarschaft und folglich zu Anwohnerbeschwerden führt, ist dann nicht mehr auszuschließen.
Für Wasserwärmepumpen und Erdwärmesonden/-kollektoren wird eine wasserrechtliche Genehmigung notwendig. Das Sachgebiet RKU-IV-13 Wasserrecht führt die Verfahren durch. Die großen Grundwasservorkom-men in München lassen eine ergiebige thermische Nutzung zu. Aufgrund der aktuellen Situation in klima- und weltpolitischer Hinsicht hat sich die Anzahl der Anfragen und Anträge zur thermischen Nutzung bereits stark erhöht und diese werden weiter zunehmen. Das SG Wasserrecht verfügt allerdings gegenwärtig nicht über ausreichende Personalressourcen, um alle Verfahren termingerecht zu bearbeiten; es kommt daher zu nicht unerheblichen Wartezeiten. Um die Verfahren künftig ausreichend bearbeiten bzw. mit unter gar beschleunigen zu können, müssen erst entsprechende Personalressourcen verstärkt werden.“
Ich bitte Sie, von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen, und hoffe, dass Ihr Antrag zufriedenstellend beantwortet ist und als erledigt gelten darf.