Polizeieinsatz Veranstaltung Skatepark Fröttmaning
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (DIE LINKE. / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 20.9.2022
Antwort Kreisverwaltungsreferentin Dr. Hanna Sammüller-Gradl:
Danke für Ihre Anfrage vom 20.9.2022, in der Sie anführen und Kritik darüber aussprechen, dass die Polizei beim Rave am Skatepark Fröttmaning am 2.9. und 3.9.2022 mit großer Präsenz auftrat, obwohl die Veranstaltung von der Stadt über das Jugendkulturwerk gefördert wurde. In diesem Schreiben tragen Sie auch vor, dass Veranstaltungen der jungen Kollektive seitens der Polizei ausgebremst würden und die Veranstalter*innen deshalb nicht wüssten, ob sie weiterhin Veranstaltungen durchführen möchten.
Mit Ihrer Anfrage bitten Sie Herrn Oberbürgermeister Reiter, das Kreisverwaltungsreferat und das Polizeipräsidium München die folgenden 15 Fragen zur Veranstaltung am 2.9. und 3.9.2022 zu beantworten.
Zur Veranstaltung darf ich kurz ausführen, dass die öffentliche Veranstaltung als Open Air Tanzveranstaltung mit elektronischer Musik, Bushbash und Syndikat Session Open Air für max. 500 gleichzeitig anwesende Personen angezeigt wurde. Dazu sollte die Fläche am Skatepark Fröttmaning am Fuße des Fröttmaninger Bergs bis dahin zum ersten Mal mit einer Open-Air-Tanzveranstaltung bespielt werden. Das Veranstaltungs- und Versammlungsbüro des Kreisverwaltungsreferates (KVR-VVB) hat die Veranstaltung nach Einbindung der betroffenen Fachdienststellen und der Polizei genehmigt.
Zur Beantwortung der Fragen 1 bis 10 hat das KVR das Polizeipräsidium München gebeten, Stellung zu nehmen. Das Polizeipräsidium München hat auf Ihre Fragen (1 bis 10) wie folgt geantwortet:
Frage 1 a):
Es wurden auf dem Gelände der U-Bahn Fröttmaning, Außenfläche, abends in der Dunkelheit Personenkontrollen durchgeführt. a) § 21 PAG „(3) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts oder Ärzten durchsucht werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.“
Wie wurde sichergestellt, dass nur Personen gleichen Geschlechts die Durchsuchung durchgeführt haben?
Antwort:
Die rechtlichen Grundlagen polizeilicher Durchsuchungen werden sowohl als Ausbildungsinhalt und auch in sämtlichen weiteren Schulungen vermittelt. Bezugnehmend auf den angesprochenen Einsatz ist kein problembehafteter Fall bekannt.
Frage 1 b):
b) § 21 PAG (1) „Die Polizei kann, außer in den Fällen des Art. 13 Abs. 2 Satz 5 eine Person durchsuchen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen.“ Mit welcher Begründung wurden die Kontrollen am U-Bahnhof Fröttmaning und in der näheren Umgebung durchgeführt? Welche Tatsachen lagen vor, die die Annahme rechtfertigen, dass illegale und verbotene Sachen mitgeführt wurden?
Antwort:
Kontrollen wurden unter anderem getätigt, wenn der Anfangsverdacht einer Straftat vorlag, aber auch zum Zwecke des Jugendschutzes. Weiterführende Kontrollen mit etwaigen Anschlussmaßnahmen sind immer Einzelfallentscheidungen nach Beleuchtung des Gesamtsachverhaltes. Um hier eine Bewertung abgeben zu können, ist ein konkreter Sachverhalt erforderlich.
Frage 2:
Bei den Personenkontrollen gibt es Berichte, dass den Personen am U-Bahnhof-Außengelände, ohne Abschirmung von Passant*Innen, mit Taschenlampen in die Hosen/Unterwäsche geleuchtet wurde. Wie begründet sich diese Methode und wie sieht die rechtliche Einordnung dieser Methode aus?¹
a) Hätte dieser geschilderten Methode nicht ein konkretes Verdachtsmoment zugrunde liegen müssen?
b) Müssten diese Kontrollen nicht in einem geschützten Raum stattfinden?
¹ https://www.br.de/nachrichten/bayern/polizeikontrolle-ihren-ausweis-bitte-wen-die-polizei-kontrollieren- darf,T6s3ra5 „In einem Urteil von 2009 (Az: 2 BvR 455/08) erteilte das Bundesverfassungsgericht einer standartmäßigen Intimkontrolle von Untersuchungshäftlingen eine Absage. Es stellte zwar fest, dass sich Eingriffe, die das Schamgefühl eines Inhaftierten berühren, ‚nicht prinzipiell vermeiden‘ lassen. eine Untersuchung im Intimbereich sei aber nur bei konkreten Verdachtsmomenten verfassungsgemäß.“
Antwort zu Fragen 2a/2b:
Hier darf auf die Antwort zur Frage 1b verwiesen werden. Um hier eine Bewertung abgeben zu können, ist ein konkreter Sachverhalt erforderlich.
Frage 3:
Es liegt die Information vor, dass die eingesetzte Polizei bei Rückfrage der Veranstaltenden bzgl. der Personenkontrolle mit der Drohung reagiert hat, sollte weiter nachgefragt werden, würde gegen die Veranstaltenden ein Platzverweis ausgesprochen und im weiteren Fall sogar gedroht wurde, die Veranstaltenden müssten dann die Nacht auf der Wache verbringen? Mit welcher rechtlichen Begründung wurden diese Ansagen ausgesprochen?
Antwort:
Dem Veranstalter wurden die Maßnahmen erläutert. Als er im weiteren Verlauf trotzdem durch sein Verhalten polizeiliche Maßnahmen behinderte, wurden seitens der Polizei daher etwaige Rechtsfolgen aufgezeigt.
Frage 4:
Wie viele Einsatzkräfte waren im Einsatz? Bitte aufschlüsseln nach Geschlecht und Einsatztag (Freitag/Samstag)
Antwort:
Am 2.9.2022 befanden sich insgesamt 27, am 3.9.2022 insgesamt 28 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte im Einsatz.
Frage 5:
Wie viele Personen wurden kontrolliert im Rahmen einer Personenkontrolle?
Frage 6:
Wie viele Personen wurden durchsucht?
Antwort zu Fragen 5 und 6:
Sofern keine Folgemaßnahmen notwendig sind (vgl. Frage 7), werden die Personenkontrollen aus Datenschutzgründen nicht weiter dokumentiert.
Frage 7:
Wie viele „Sachen, die sichergestellt werde dürfen“ wurden sichergestellt?
Antwort:
Im Rahmen beider Einsatztage konnten nachfolgende Verstöße festgestellt werden:
In den Fällen der Verstöße nach dem BtMG erfolgten Sicherstellungen des Betäubungsmittels, bei den Verkehrsstraftaten erfolgte die Sicherstellung eines Führerscheins sowie des Fahrzeugschlüssels.
Frage 8:
Laut Einsatzleitung war das Ziel „größere Verkäufer“ von Drogen zu identifizieren, gelang dieses Ziel?
Antwort:
Zu laufenden Verfahren kann keine Auskunft erteilt werden.
Frage 9:
Es liegt die Information vor, dass die Zivilpolizei auf dem Gelände Gäste in sexpositiven Outfits, vermehrt angesprochen und nach den Beweggründen, solche Outfits zu tragen, angesprochen hat. Welche Motivation der Zivilbeamten stand hinter diesen doch sehr persönlichen und grenzüberschreitenden Fragen?
Frage 10:
Es liegt weiterhin die Information vor, dass Polizeibeamten am Samstag Gästen mit Fetisch-Outfits den Zutritt auf das Gelände verweigern wollten. Mit welcher rechtlichen Begründung wurde dieses Einlassverbot ausgesprochen?
Antwort zu Fragen 9 und 10:
Nach Angaben der einsatzführenden Dienststelle wurden zu keinem Zeitpunkt Gäste in Bezug auf ihr äußeres Erscheinungsbild angesprochen. Ebenfalls wurde keinem Besucher der Zutritt verwehrt.
Zu Ihren Fragen 11 bis 15 kann ich Folgendes antworten:
Frage 11:
Welche Auflagen hat das KVR für die jeweiligen Tage im Bescheid auferlegt?
Antwort:
Das KVR Veranstaltungsbüro hat für die Veranstaltung folgende Auflagen im Bescheid festgesetzt:
- Auflagen des Baureferates, Gartenbau
- Auflagen der Branddirektion inkl. gestempeltem Lageplan
- Auflagen des Referates für Klima- und Umweltschutz, Immissionsschutz
- Auflagen der Erzdiözese München und Freising
- Auflagen des KVR Veranstaltungsbüro
- Auflagen des Entsorgungsparks Freimann
- Auflagen des Planungsreferates, Untere Naturschutzbehörde
Frage 12:
Wurden diese Auflage alle eingehalten?
Antwort:
Die Fachdienststellen teilen dem KVR regelmäßig mit, wenn Auflagenverstöße festgestellt werden. Zur vorliegenden Veranstaltung haben die Fachdienststellen keine Auflagenverstöße angezeigt.
Frage 13:
Wie bewertet das KVR das Vorliegen eines Awareness-Konzeptes, eines Awareness-Teams vor Ort und entsprechendem Infomaterial bei Durchführung von Veranstaltungen dieser Art allgemein?
Antwort:
Ein Awareness-Konzept ist nicht Inhalt der sicherheitsrechtlichen Prüfung, welche vom KVR Veranstaltungsbüro als Sicherheits- und Genehmigungsbehörde durchgeführt wird. Ganz allgemein ist ein Awareness-Konzept oder ein Awareness-Team meines Erachtens zu begrüßen, wenn den Feiernden auf einer Veranstaltung damit ein Raum geboten werden soll, in dem aktiv gegen diskriminierendes Verhalten vorgegangen wird und Personen Unterstützung finden, wenn diese von Nöten ist.
Frage 14:
Wie bewertet das KVR das Vorliegen des gesamten Awareness-Konzeptes bei den oben genannten Veranstaltungen im Zusammenhang mit dem Einsatz der Polizei?
Antwort:
Es liegt nicht in der Zuständigkeit des KVR als Sicherheits- und Genehmigungsbehörde Polizeieinsätze zu bewerten. Im Übrigen darf ich auf die Antwort zu Frage 13 verweisen.
Frage 15:
Wie bewertet das KVR die weiteren Anmeldungen und Planungen ähnlicher oder entsprechender Veranstaltungen, nachdem bei dieser ersten, von der Stadt München geförderten Veranstaltungen eine durchaus hohe Polizeipräsenz herrschte, obwohl die Auflagen eingehalten wurden und ein Awareness-Konzept vorlag und umgesetzt wurde und eine Veranstaltung mit der Förderung der Stadt unterstützt wurde (Freitag)?
Antwort:
Das KVR steht weiteren Anmeldungen und Planungen wie bisher offen gegenüber. Jedoch kann vorab keine abschließende allgemeingültige Aussage für ein bestimmtes Veranstaltungsformat getroffen werden. Insbesondere werden Veranstaltungen einzelfallbezogen sicherheits- und ordnungsrechtlich sowie dahingehend geprüft, ob eine vorgesehene Fläche für die Veranstaltung genutzt werden kann. Die Verwaltung der Landeshauptstadt München bzw. das KVR hat hierbei keinen Einfluss auf die Personal- und Einsatzplanung der Polizei.
Unabhängig davon wird das KVR die Kollektive im Sinne von „Jungen Menschen Raum geben“ weiterhin im Rahmen seiner Zuständigkeit und rechtlichen Möglichkeiten unterstützen.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.