Wo ist der Pflegebonus für Krankenpflegehelfer geblieben?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Michael Dzeba, Alexandra Gaßmann und Professor Dr. Hans Theiss (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 22.12.2022
Antwort Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek:
In Ihrer Anfrage vom 22.12.2022 haben Sie folgende Thematik aufgenommen:
„Wie die Abendzeitung (AZ) am 10. Dezember schrieb, wurde die bundesweite Corona-Sonderzahlung für Beschäftigte im Gesundheitswesen beispielsweise in der Notfallambulanz der München Klinik Schwabing nicht ausgezahlt. Die Klinik habe gemäß AZ deshalb beschlossen, den Bonus – noch in diesem Monat (und damit steuer- und abgabenfrei) – aus eigener Tasche zu bezahlen. Damit ist zumindest diese Ungerechtigkeit bereinigt. Weiterhin vergessen worden ist laut Betroffenen selbst jedoch die Gruppe der Krankenpflegehelfer und Krankenpflegehelferinnen. Auch sie haben während der Corona-Pandemie herausragende Arbeit für unser Gesundheitssystem geleistet und dürfen nicht vergessen werden.“
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet.
Die darin aufgeworfenen Fragen beantworte ich unter Berücksichtigung der Stellungnahme der München Klinik gGmbH (MüK) wie folgt:
Frage 1:
Stimmt es, dass die Krankenpflegehelfer und Krankenpflegehelferinnen die Corona-Sonderzahlung bei der München Klinik gGmbH nicht erhalten haben?
Antwort:
Der Bundesgesetzgeber hat bezüglich der Auszahlungsmöglichkeiten der Prämie strenge Vorgaben gemacht und den Begünstigtenkreis sehr eng definiert. Ausschließlich examinierte Pflegekräfte (insbesondere Pflegefachfrau/Pflegefachmann, Gesundheits- und Kinder-Krankenpfleger*in, Krankenschwester/Krankenpfleger, intensiv-weitergebildete Mitarbeiter*innen), welche an mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr 2021 in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen oder in der Intensivpflege tätig waren, erhalten diesen Bonus.Pflegehilfskräfte erfüllen nicht die gesetzlichen Voraussetzungen an eine „Pflegefachkraft“ nach § 26e Abs. 3 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG).
Frage 2:
Wenn ja, warum ist das der Fall, wenn man bei anderen, ursprünglich „übersehenen“ Gruppen noch nachsteuern konnte?
Antwort:
Es sind keine Gruppen von der MüK übersehen worden. Sofern mit der Frage die Funktionsmitarbeitenden in den Erwachsenen-Notfallzentren gemeint sind, wird wie folgt ausgeführt:
Die Erwachsenen-Notfallzentren der MüK (NOZ) bestehen sowohl aus einem klassischen Ambulanzbereich, als auch einer bettenführenden Aufnahmestation.
Zum Ausweis der Pflege-Personalkosten und aus betriebsorganisatorischen Gründen sind die in den Notfallzentren beschäftigten Pflegekräfte stellenplanmäßig
-entweder der Aufnahmestation NOZ zugeordnet und werden in der
Dienstart 02 (Pflegedienst) geführt
-oder dem NOZ-Ambulanzbereich in der Dienstart 04 (Funktionsdienst) zugeordnet.
Tatsächlich versorgen die (Funktions-)Pflegekräfte im NOZ, gleich welcher Dienstart, gleichermaßen die Patient*innen sowohl des Ambulanzbereichs, als auch der Aufnahmestation. Aufgrund des einheitlichen Tätigkeitsbildes ist in den Erwachsenen-Notfallzentren eine Differenzierung zwischen Pflegefachkräften in der Pflege am Bett und Pflege im nicht bettenführenden Ambulanzbereich nicht möglich.
Somit erfüllen beide Beschäftigtengruppen das Kriterium einer Tätigkeit in der unmittelbaren Patientenversorgung „auf einer bettenführenden Station“ gemäß KHG. Um eine Ungleichbehandlung dieser beiden Beschäftigtengruppen zu vermeiden, da der Corona Bonus 3.0 nur auf die Dienstart 02 ausgerichtet war, hat die MüK im Weg einer Betriebsvereinbarung eine Prämie unter gleichen Kriterien an die Funktionspflegekräfte der Dienstart 04 in den Erwachsenen-Notfallzentren gezahlt. Die Rechtsgrundlage der Auszahlung bildet hier der Gleichbehandlungsgrundsatz.
Frage 3:
Ist es noch dieses Jahr möglich, auch diese Gruppe in die freiwillige Zahlung mitaufzunehmen?
Antwort:
Nein, dies ist leider nicht möglich, da laut MüK dafür keine Rechtsgrundlage besteht.
Die Prämiengewährung basiert auf § 26e KHG. Nach § 26 e Abs. 2 Satz 1 KHG war die Prämie an Pflegefachkräfte auszuzahlen, wobei § 26e Abs. 3 KHG als Pflegefachkräfte diejenigen Personen definiert, die über eine Erlaubnis zum Führen einer Berufsbezeichnung nach Pflegeberufegesetz verfügen. Diese Voraussetzung erfüllen nur dreijährig examinierte Pflegefachkräfte, nicht jedoch Pflegehelfer*innen.
Als tarifgebundenes Unternehmen und Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbands (KAV) ist die MüK verpflichtet, sich an die gesetzlichen und tariflichen Vorgaben zu halten. Die Satzung des KAV verpflichtet die MüK, abgeschlossene Tarifverträge weder zu unter- noch zu überschreiten. Der Gewährung von freiwilligen Leistungen an Beschäftigte, für die es weder eine gesetzliche noch eine tarifvertragliche Grundlage gibt, sind daher Grenzen gesetzt.
Sowohl die MüK wie auch die LHM bedauern, dass es aufgrund dieser rechtlichen Vorgaben keine Möglichkeiten gibt, diese wie auch andere betroffene Beschäftigtengruppen am Corona Bonus 3.0 teilhaben zu lassen.
Aus diesem Grund hat sich Herr Oberbürgermeister Reiter bereits schriftlich an Herrn Bundesgesundheitsminister Professor Dr. Karl Lauterbach gewandt und an ihn appelliert, auch die Mitarbeitenden, die derzeit durch die gesetzlichen Vorgaben von den Bonuszahlungen ausgeschlossen sind, im Rahmen einer Gesetzesänderung mit zu berücksichtigen. Parallel dazu hat sich Herr Oberbürgermeister Reiter an die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Frau Yasmin Fahimi, gewandt. Er hat in seinem Schreiben angeregt, dass die Tarifvertragsparteien kritisch hinterfragen, welche Möglichkeiten bestehen, die bestehenden Flächentarifverträge sachgerechter und erfolgversprechender den regionalen Anforderungen anzupassen, um den Gegebenheiten in Ballungsräumen wie München Rechnung zu tragen.