Kampagne „München gegen Hass – Kein Raum für Hate Crime“
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Rathaus Umschau 74 / 2023, veröffentlicht am 18.04.2023
Heute startet in München eine breit angelegte Kampagne der städtischen Fachstelle für Demokratie gegen Hate Crime (Hasskriminalität). Die Kampagne ist eine Reaktion auf eine von der Stadt in Auftrag gegebenen repräsentativen Studie aus dem Jahr 2021, die aufgezeigt hat, dass viele Münchner*innen von Vorurteilskriminalität betroffen sind. Hate Crimes sind Straftaten, die auf Grund von Vorurteilen begangen werden oder bei denen Vorurteile eine Rolle spielen. Sie richten sich gegen Personen oder Gruppen wegen ihres Geschlechts, ihrer Sprache, ihrer Religion, ihrer geschlechtlichen oder sexuellen Identität, ihrer Behinderung oder chronischen Erkrankung, ihres Lebensalters, ihres sozialen Status oder aufgrund einer rassistischen, antisemitischen oder antiziganistischen Zuschreibung. Hasskriminalität kann sich in unterschiedlichen Ausprägungen zeigen: online (Hate Speech) oder offline, ausgehend von Fremden oder Bekannten, in Form von verbalen Angriffen, Sachbeschädigungen, aber auch körperlichen Angriffen.
Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (M.) stellt zusammen mit Münchens Polizeipräsident Thomas Hampel (li.), Dr. Miriam Heigl, Leiterin der Fachstelle für Demokratie (2.v.r.), und Vertreter*innen betroffener Communities die neue Kampagne der Stadt München gegen Hate Crime vor. (Foto: Michael Nagy/Presseamt München)
Im Rahmen der Studie gaben 17 Prozent der Befragten an, dass sie Opfer einer vorurteilsmotivierten (Straf-)Tat geworden waren. In München äußert sich Hate Crime häufig in abwertenden Aussagen und abwertendem Verhalten gegenüber dem Opfer, in 8 Prozent der Sachverhalte aber legten die Täter*innen eindeutig rechtsextreme Verhaltensweisen an den Tag (etwa das Zeigen von Hakenkreuzen und anderen Hass-Symbolen). Die repräsentative Studie der Landeshauptstadt München von 2021 hat auch gezeigt, dass die Opfer von Hate Crime in München nur in sehr wenigen Fällen Strafanzeige stellen (9 Prozent). Ein wichtiger Grund dafür ist laut der Studie, dass in München wenig Wissen über Hate Crime vorhanden ist. Zugleich leiden viele Opfer dauerhaft unter den Folgen der Tat (40 Prozent). Mehr als die Hälfte der Befragten gab zudem an, nach der Tat keine Unterstützung erhalten zu haben. Und bei rund der Hälfte aller Hate-Crime-Taten wird von den Zeug*innen weggeschaut. Als Orte, an denen Hate Crime besonders häufig stattfindet, wurden das Wohnumfeld (37 Prozent), der ÖPNV (25 Prozent) sowie der Arbeitsplatz (25 Prozent) identifiziert. Angesichts dieser Ergebnisse hatte der Stadtrat die Münchner Fachstelle für Demokratie beauftragt, eine Kampagne zum Thema zu entwerfen. Im Rahmen der Kampagne wird darüber aufgeklärt, was Hate Crime ist und wo und wie sich Betroffene Unterstützung holen können. Ziel der Kampagne ist es zudem, dass Opfer von Hate Crime konsequent Anzeige erstatten und mehr Münchner*innen Zivilcourage zeigen. Unterstützt wird die Kampagne vom Polizeipräsidium München sowie von der MVG und den städtischen Wohnungsgesellschaften.
Bürgermeisterin Katrin Habenschaden: „Hate Crime ist eine Bedrohung für unsere vielfältige und demokratische Stadtgesellschaft, für unser buntes München. Hasskriminalität verletzt Menschen in ihren elementaren Grundrechten, verunsichert das Umfeld der unmittelbar Betroffenen und beeinträchtigt zudem das weltoffene Lebensgefühl in unserer Stadt. Daher ist es notwendig, dass wir als Landeshauptstadt München gemeinsam mit Betroffenen deutlich machen: Es darf keinen Raum für Hate Crime in unserer Stadt geben.“
Polizeipräsident Thomas Hampel: „München hat eine bunte, moderne Stadtgesellschaft, geprägt von Toleranz und Vielfalt, aber Hasskriminalität ist ein ernstes Thema, das auch bei der Polizei München im besonderen Fokus steht. Im ständigen Austausch mit vulnerablen Gruppen stärkt die Münchner Polizei das Vertrauen der Menschen in unser Handeln. Dieser wichtige Austausch macht uns als Polizei zugleich ‚kulturell stark‘. Menschenverachtendem Verhalten tritt die Münchner Polizei entschieden entgegen. Die Bekämpfung von Hasskriminalität ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und daher auch für uns von zentraler Bedeutung. Darum bitte ich alle Bürgerinnen und Bürger, sensibel zu sein und uns frühzeitig, beim geringsten Verdacht, zu informieren, damit wir Straftaten konsequent verfolgen und weitere Straftaten verhindern können. Jeder Hinweis hilft uns, München noch sicherer zu machen.“
Kern der Kampagne ist die Homepage www.muenchen-gegen-hass.de, auf der anhand von eingängigen Texten und anschaulichen Beispielen die zentrale Frage „Was ist Hate Crime?“ beantwortet wird. Zudem werden auf drei Unterseiten die Schwerpunkte der Kampagne passgenau und zielgruppengerecht aufbereitet: „Hol Dir Hilfe!“, „Zeig’s an!“ und „Zeig Zivilcourage!“. Als Werbemittel im Rahmen der Kampagne stehen Flyer, Plakate, Fahrgastwerbung, SharePics für die sozialen Medien und In-App-Werbung zur Verfügung.
Beworben wird die Kampagne vor allem an den besonders von Hate
Crime betroffenen Orten in München, weshalb ab dem 18. April Spots beispielsweise im Fahrgastfernsehen sowie auf den Infoscreens in den U-Bahnhöfen zu sehen sind. Zudem werden an solchen Orten die zentralen Informationen der Kampagne mittels In-App-Werbung direkt an die Münchner*innen ausgespielt.
Dr. Miriam Heigl, Leitung der Fachstelle für Demokratie: „Die Kampagne soll dazu beitragen, über Hate Crime in München aufzuklären und mehr Bewusstsein für die Vielschichtigkeit des Problems zu schaffen. Wir wollen zudem Betroffene ermutigen, sich bei Beratungsstellen Unterstützung zu holen und Strafanzeigen bei der Polizei zu stellen. Gleichzeitig wollen wir alle Münchner*innen, die Zeug*innen von Hate Crime werden, dazu aufrufen, nicht wegzusehen, sondern einzugreifen und solidarisch zu sein.“ Die Kampagne ist auch das Ergebnis intensiver Gespräche zwischen der Fachstelle für Demokratie und Vertreter*innen der besonders von Hate Crime betroffenen Communities, der Schwarzen Community, der Community der Sinti und Roma, muslimischen sowie jüdischen Münchner*innen. Pia Chojnacki: „Wir brauchen strukturelle Veränderungen, wenn wir wollen, dass Menschen zukünftig weniger von den unterschiedlichen Formen von Hate Crime betroffen sind. Ich, als Schwarze Frau, unterstütze die Kampagne, weil ich hoffe, dass sie ein gesellschaftliches Bewusstsein dafür etabliert, dass viele Menschen von Hate Crime betroffen sind und es unbedingt struktureller Veränderungen bedarf. Diese Kampagne könnte der erste Schritt sein.“
Alexander Adler: „Nur wer sich integriert fühlt und Vertrauen in Staat und Behörden hat, kann auf Dauer Teil der Gesellschaft sein. Das gilt auch für die Münchner Sinti und Roma. Um zu beleuchten, wie viele Menschen sich aus welchen Gründen nicht an die Polizei wenden, braucht es Studien, um Missstände zu erkennen und dagegen etwas unternehmen zu können. Gleichzeitig verändern Kampagnen wie diese das Gefühl von Teilhabe bei den betroffenen Gruppen und verändern das Selbstbild, um sich auch als Teil der Bevölkerung gesehen zu fühlen.“
Michael Movchin: „Im Jahr 2021 gab es deutschlandweit 3.027 antisemitische Straftaten, aber die Dunkelziffer dürfte viel höher sein. Viel zu häufig werden antisemitische Beleidigungen, Drohungen oder Angriffe nicht zur Anzeige gebracht. Mit der Kampagne ‚München gegen Hass‘ wollen wir Jüdinnen und Juden ermutigen, dass sie Antisemitismus konsequent anzeigen.“
Nesrin Gül: „Hate Crime verletzt Menschen in ihrer Menschenwürde, indem sie aufgrund ihrer Nationalität, ihrer Hautfarbe, ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit, ihres Geschlechts oder anderer Merkmale diskriminiert oder angegriffen werden. Sie sind im Bus, auf der Straße, in der Schule, in den Betrieben, im Fitnessclub oder in der Nachbarschaft psychischer, verbaler und körperlicher Gewalt ausgesetzt und trauen sich in den meisten Fällen nicht, dies zur Anzeige zu bringen. Hate Crime steht jedoch klar im Widerspruch zu einer solidarischen und diskriminierungsfreien Gesellschaft, daher begrüße ich die Kampagne der Stadt München sehr.“ Achtung Redaktionen: Fragen an die Fachstelle für Demokratie bitte per E-Mail an fgr@muenchen.de oder telefonisch unter 233-92642.