Lobbyismus in den Bezirksausschüssen?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider, Dirk Höpner, Nicola Holtmann und Tobias Ruff (Fraktion ÖDP/München-Liste) vom 15.2.2023
Antwort Oberbürgermeister Dieter Reiter:
Ich nehme Bezug auf Ihre Anfrage vom 15.2.2023, der Sie den folgenden Sachverhalt vorausgeschickt haben:
„Im Jahr 2022 hat sich eine neue Lobby-Vereinigung mit dem PR-Namen ‚Allianz für München‘ gebildet. Deren Vertreter*innen sind vor allem in der Münchner Immobilienwirtschaft tätig und setzen sich für mehr Wohnungs- und Gewerbebau ein. Laut ihrer Website wird sie durch die Hendricks & Schwartz GmbH vertreten.
Hendricks & Schwartz ist sowohl im Lobbyregister des deutschen Bundestages als auch im Lobbyregister des Bayerischen Landtags und der Bayerischen Staatsregierung aufgeführt. Die Stadt München verfügt noch über kein Lobbyregister (Antrag ÖDP/München-Liste 11.3.2021). Im bayerischen Lobbyregister steht:
‚Kerngeschäft von Hendricks & Schwartz ist die Begleitung von privaten, kommunalen und staatlichen Vorhabenträgern bei allen Themen rund um die Schaffung von Baurecht und die Erzeugung von Akzeptanz für Immobi- lien- und Infrastrukturvorhaben bei behördlichen und politischen Entschei- dungsträgern.‘
Bei einem Auftritt in einem Bezirksausschuss (BA) sprachen Vertreter*innen dieser sog. ‚Allianz‘ davon, dass sie schon beim Oberbürgermeister gewesen seien, dieser die Initiative gut fände und auf die Ergebnisse gespannt sei.“
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Ist es richtig, dass der Oberbürgermeister sich positiv über die Lobby- Gruppierung ‚Allianz für München‘ geäußert hat?
Antwort:
Die Gruppe „Allianz für München“ hatte mich vor einiger Zeit um einen Termin gebeten. Die Anfrage habe ich an das Planungsreferat weitergegeben.
Frage 2:
Ist dem Oberbürgermeister bekannt, dass diese Gruppierung bereits in mehreren Bezirksausschüssen aufgetreten ist?
Antwort:
Nein.
Frage 3:
Laut BA-Satzung haben Einwohnerinnen und Einwohner des Stadtbezirks sowie Vertreterinnen und Vertreter von Bürgerinitiativen und sonstigen bezirklichen Interessengruppen das Recht, sich mit Eingaben und Beschwer- den an den Bezirksausschuss zu wenden.
Frage 3.1:
Die genannte Lobby-Vereinigung sieht sich als Interessensvertretung ihrer Klientel für ganz München, d.h. es handelt sich nicht um eine bezirkliche Interessengruppe. Hat eine stadtübergreifende Interessenvertretung das Recht, in einer Sitzung des Bezirksausschusses zu sprechen?
Frage 3.2:
Welche Bürgerinnen und Bürger, Vereine, Initiativen und Interessensvertreter können in einer Sitzung ihres jeweiligen Bezirksausschusses sprechen und haben somit ein Rederecht?
Frage 3.3:
Ist der Bezirksausschuss berechtigt, hier ein Rederecht einzuräumen, und falls ja, wie ist dies durch die geltende Bezirksausschuss-Satzung abgedeckt?
Antwort zu den Fragen 3.1 bis 3.3
Da die Fragen 3.1 bis 3.3 jeweils die Frage nach der Gewährung eines Rederechts in einer Sitzung des Bezirksausschusses zum Inhalt haben, erlaube ich mir diese gemeinsam zu beantworten.
Zunächst muss zwischen dem Recht, sich mit Eingaben an einen Bezirksausschuss zu wenden und dem Rederecht im Bezirksausschuss unter-
schieden werden.
Gemäß § 9 Abs. 6 BA-Satzung haben Einwohnerinnen und Einwohner des Stadtbezirks sowie Vertreterinnen und Vertreter von Bürgerinitiativen und sonstigen bezirklichen Interessengruppen das Recht, sich mit Eingaben und Beschwerden an den Bezirksausschuss zu wenden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die genannten Personen automatisch auch ein Rederecht im Bezirksausschuss haben.Über die Worterteilung an Einwohnerinnen und Einwohner des Stadtbezirks sowie Vertreterinnen und Vertreter von Bürgerinitiativen und sonstigen bezirklichen Interessengruppen, die sich mit Eingaben und Beschwerden an den Bezirksausschuss gewandt haben und damit über ein Rederecht, entscheidet der Bezirksausschuss per Beschluss (vgl. § 9 Abs. 6 BA-Geschäftsordnung). Darüber hinaus kann der Bezirksausschuss auch ganz allgemein anderen, nicht dem Bezirksausschuss angehörenden Personen mittels Mehrheitsbeschluss Rederecht im Bezirksausschuss einräumen. Handelt es sich hierbei nicht um Einwohnerinnen und Einwohner des Stadtbezirks oder Vertreterinnen und Vertreter von Bürgerinitiativen und sonstigen bezirklichen Interessengruppen, ergibt sich das Recht zur Einräumung des Rederechts aus § 9 Abs. 5 Satz 3 BA-Geschäftsordnung.