Digitales Hinweisgebersystem: Wie ist der Sachstand?
Anfrage Stadtrat Leo Agerer (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 23.3.2023
Antwort Personal- und Organisationsreferent Andreas Mickisch:
Auf Ihre Anfrage vom 23.3.2023 nehme ich Bezug. Sie haben folgenden Sachverhalt vorausgeschickt:
„Die aktuellen Vorgänge rund um den Gewofag-Geschäftsführer Dr. Klaus-Michael Dengler zeigen, wie wichtig die Einführung eines anonymen Digitalen Hinweisgebersystems für die Arbeitsatmosphäre in einem Unternehmen ist. Die Einführung eines solchen Systems wurde im Verwaltungs- und Personalausschusses für die Landeshauptstadt München (LHM) bereits am 21.7.2021 beschlossen (20-26/V 03787). Außerdem hat die Stadtratsfraktion CSU mit FREIE WÄHLER dazu am 20.12.2022 einen weiteren Antrag gestellt (20-26/A 03525), der auch die städtischen Beteiligungsgesellschaften umfasst.“
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Wann wird das digitale Hinweisgebersystem eingerichtet und für die Beschäftigten der LHM nutzbar sein? Wie ist der aktuelle Stand der Umsetzung?
Antwort:
Die fachlichen und technischen Anforderungen an das digitale Hinweisgebersystem wurden definiert und eine Markterkundung zur Auswahl geeigneter Anbieter durchgeführt. Aktuell befindet sich das Projekt in der Vergabevorbereitung und benötigte Vergabeunterlagen werden erstellt. Nach Finalisierung aller Dokumente (voraussichtlich Ende Mai) startet die Angebotsphase und die Anbieter werden zur Angebotsabgabe aufgefordert. Nach Auswertung aller Angebote ist mit einer Zuschlagserteilung innerhalb von zwei Monaten bis Ende Juli zu rechnen (sofern, wie geplant, auf eine Verhandlungsrunde verzichtet werden kann). Die Erklärung der Betriebsbereitschaft inklusive Anbindung der Schnittstellen soll innerhalb von zwei Monaten erfolgen, sodass die Nutzung des Systems voraussichtlich ab Q4/2023 möglich sein sollte.
Frage 2:
Ist – auch im Lichte der aktuellen Entwicklungen – geplant, die Einrichtung des digitalen Hinweisgebersystems auch auf städtische Tochter- und Beteiligungsgesellschaften auszuweiten?
Antwort:
Nach aktuellem Stand ist eine Ausweitung des von der Landeshauptstadt München in der Beschaffung befindlichen Hinweisgebersystems auf die städtischen Tochter- und Beteiligungsgesellschaften nicht geplant.
Aufgrund der Unklarheiten bei den aktuellen gesetzgeberischen Vorhaben zur Umsetzung der EU-Whistleblowerrichtlinie ist nicht absehbar, welche konkreten Verpflichtungen auf die Landeshauptstadt München und ihre Beteiligungsgesellschaften zukommen werden. Nach dem aktuellen Entwurf des Hinweisgeberschutzgesetzes wird hinsichtlich der Verpflichtungen etwa zwischen Beteiligungsgesellschaften unterschieden, die im Eigentum oder unter der Kontrolle von Gemeinden und Gemeindeverbänden stehen und solchen, die dies nicht tun. Vor diesem Hintergrund erscheint eine „vorgezogene“ Ausweitung des Hinweisgebersystems nicht zweckmäßig. Vielmehr sollte dafür die Entscheidung des Gesetzgebers abgewartet werden. Um Wiederholungen zu vermeiden, verweise ich auf die Ausführungen in meinem Schreiben an die Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER vom 29.3.2023 (veröffentlicht in der Rathaus Umschau 62/2023, abrufbar unter: https://ru.muenchen.de/2023/62/Schaffung-ei-ner-Hinweisgeberstelle-fuer-Anliegen-der-Mitarbeiterinnen-und-Mitarbei-ter-der-Stadt-sowie-deren-Beteiligungsgesellschaften-106359).
Ergänzend erlaube ich mir anzumerken, dass manche Beteiligungsgesellschaften wie die Flughafen München GmbH und digital@M GmbH bereits über eigene digitale Hinweisgebersysteme verfügen und mit der Bearbeitung von eingegangenen Hinweisen bereits langjährige Erfahrungen haben. Es stellt sich daher die Frage, ob eine Ausweitung des Hinweisgebersystems auf die Beteiligungsgesellschaften überhaupt zweckmäßig ist. Fraglich bleibt zudem, ob es unter rechtlichen Gesichtspunkten zulässig ist, ein Hinweisgebersystem, das durch die Landeshauptstadt München beschafft und finanziert wird, den städtischen Gesellschaften zur Nutzung zu überlassen. Diese Fragen können erst sinnvoll beurteilt werden, wenn sich die Rechtslage, wie oben erwähnt, klärt.
Frage 3:
Wie schnell und mit welchem personellen und finanziellen Aufwand könnte das System ausgeweitet werden?
Antwort:
Das Hinweisgebersystem soll, wie vom Stadtrat beschlossen, zunächst für Meldungen von Korruptionssachverhalten eingerichtet werden. Eine Ausweitung auf weitere Themenfelder innerhalb der Landeshauptstadt München ist ohne größeren Aufwand möglich und im Rahmen der Ausschreibung bereits optional vorgesehen. Der zeitliche, personelle und finanzielle Aufwand kann noch nicht abschließend beurteilt werden.
Zur Ausweitung des Hinweisgebersystems auf die städtischen Tochter- und Beteiligungsgesellschaften verweise ich auf meine Ausführungen zu Frage 2.
Was die Einrichtung einer zentralen stadtinternen Meldestelle als solcher und deren Aufgabenzuschnitt anbelangt, möchte ich abschließend darauf hinweisen, dass der Stadtrat – nach Klärung der gesetzgeberischen Lage – zu dieser Frage befasst werden wird. Aktuell ist aufgrund der unklaren Gesetzeslage eine Prognose über die rechtlichen Rahmenbedingungen äußerst schwierig. Auch insoweit möchte ich auf die Ausführungen in meinem Schreiben an die Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER vom 29.3.2023 verweisen (veröffentlicht in der Rathaus Umschau 62/2023, abrufbar unter: https://ru.muenchen.de/2023/62/Schaffung-einer-Hinweis-geberstelle-fuer-Anliegen-der-Mitarbeiterinnen-und-Mitarbeiter-der-Stadt-so-wie-deren-Beteiligungsgesellschaften-106359).
Frage 4:
Wie wird sichergestellt, dass die Anonymität der Hinweisgeber gesichert ist?
Antwort:
Bei der Abgabe eines Hinweises ist die Hinweisperson nicht verpflichtet, persönliche Daten oder Kontaktinformationen anzugeben und kann insoweit anonym bleiben. Am Ende des Meldeprozesses hat die Hinweisperson die Option, ein geschütztes Postfach mit automatisch generierten Zugangsdaten einzurichten. Über dieses Postfach ist eine Kommunikation mit der Hinweisperson ohne Nennung von E-Mail-Adresse oder anderer personenbezogener Daten möglich. Es erfolgt kein Tracking von IP-Adressen oder anderen Daten, die zu Rückschlüssen auf die Hinweisperson führen könnten. Weder der Betreiber des Hinweisgebersystems noch eine Stelle bei der Landeshauptstadt München, auch nicht die IT, haben die Möglichkeit, den abgegebenen Hinweis zurück zu verfolgen.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.