Waldaktien auflegen und einen Beitrag für den Klimaschutz leisten
Antrag Stadtrats-Mitglieder Heike Kainz und Manuel Pretzl (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 2.9.2021
Antwort Kommunalreferentin Kristina Frank:
Mit Ihrem Antrag fordern Sie die Landeshauptstadt München, Kommunalreferat (KR), auf, in Zusammenarbeit mit der Stadtkämmerei (SKA), dem Referat für Arbeit und Wirtschaft (RAW) sowie dem Referat für Klima- und Umweltschutz (RKU) die Einführung von Waldaktien für Tourist*innen aus dem In- und Ausland nach dem Beispiel des Landes Mecklenburg-Vorpommern zu prüfen sowie bei Bedarf entsprechende finanzielle und personelle Ressourcen für das Waldaktienprogramm bereitzustellen.
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO, dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zunächst möchte ich mich für die gewährten Fristverlängerungen bedanken.
Zu Ihrem Antrag vom 2.9.2021 teile ich Ihnen Folgendes mit:
Die Städtische Forstverwaltung (FV) hat in Kooperation mit der SKA das Waldaktienprogramm aus Mecklenburg-Vorpommern für Tourist*innen eingehend geprüft und dabei festgestellt, dass die Einführung eines ähnlichen Modells für München mit Änderungen möglich ist.
1. Begrifflichkeit
Der Begriff „Waldaktie“ ist im Beispiel Mecklenburg-Vorpommern irreführend, da die Geldgeber*innen keine Beteiligung und kein handelbares Zertifikat erwerben. Daher wird im Folgenden für das in München angedachte Modell der Begriff „Münchner Waldschein“ verwendet, welcher eine Bescheinigung ohne wirtschaftlichen Gegenwert darstellt.
2. Zeitraum einer potenziell möglichen CO2-Kompensation
Ein Hektar (ha) Wald produziert innerhalb von 100 Jahren durchschnittlich 1.000 Kubikmeter (m³) Holz, die ca. 925 Tonnen (to) CO2 binden können. Innerhalb eines Jahres werden pro ha ca. 10m³ Holz und somit 9,25to CO2 bzw. auf zehn Quadratmetern (m²) durchschnittlich 0,01m³ Holz und folg-lich 9,25 Kilogramm (kg) CO2 gebunden. Nach dem mecklenburg-vorpommerschen Modell erwirbt eine vierköpfige Familie zur Kompensation der durch den Urlaub zusätzlich freigesetzten rund 800kg CO2 zwei „Waldaktien“ in Höhe von je zehn Euro und damit ein Waldflächenäquivalent von 10m². Diese Fläche kann innerhalb von rund 86 Jahren den durch die Anreise und Aufenthalt in Mecklenburg-Vorpommern entstandenen CO2-Ausstoß dieser Familie kompensieren.
3. Kosten eines Münchner Waldscheins
Eine angepasste Kalkulation zur Ermittlung eines Münchner Waldscheins, der einen Urlaub in München innerhalb eines Jahres kompensiert, würde wie folgt aussehen:
Der durchschnittliche CO2 -Ausstoß eines/einer nach München reisenden Tourist*in liegt laut einer Statistik des RAW aus dem Jahr 2018 inkl. An- und Abreise für einen gewöhnlichen Aufenthalt bei 187,6kg CO2. Die Daten zur Erfassung des CO2-Ausstoßes beruhen auf einer Methodik, die von der Modul University Wien 2017 entwickelt wurde. Im weiteren Verlauf wird der Übersichtlichkeit halber für die Berechnung auf 200kg CO2 aufgerundet.
Ein ha Wald speichert durchschnittlich rund 10to CO2 pro ha und Jahr. Um eine Kulturfläche zu errichten, fallen für die FV für Kulturbegründung (Pflanzbeschaffung, Pflanzung, Verbissschutzmaßnahmen) sowie Pflegearbeiten in den Folgejahren jährlich durchschnittlich ca. 1.000 Euro Kosten ohne MwSt. pro ha und Jahr an. Kosten für den Flächenankauf sind hierbei nicht berücksichtigt. Somit würde die FV wie folgt kalkulieren:
1ha kostet 1.000 Euro/Jahr –> 1m² kostet 0,1 Euro/Jahr für einen gesicherten Waldbestand.
1ha speichert rund 10.000 kg CO2/Jahr –> 1m² speichert rund 1kg CO2/ Jahr.
200m² Wald speichern demnach in ihrer Wachstumsphase durchschnittlich circa 200kg CO2 in einem Jahr. Dies entspricht der durch den Münchenurlaub eines/einer Tourist*in emittierten CO₂-Menge. Zur Etablierung dieser 200m² Wald fallen Kosten in Höhe von 20 Euro/Jahr an.
Bei Umwandlung einer potentiell landwirtschaftlichen Fläche zu einer Waldfläche in und um München geht dies in der Regel mit einem Wertverlust einher, so dass dieser korrekterweise einzukalkulieren wäre. Verteilt man den realen Wertverlust von 10 Euro/m² auf dreißig Jahre, ergibt sich ein jährlicher Verlust von 0,3 Euro/m²/Jahr und damit Gesamtkosten fürKulturbegründung und Flächenverlust in Höhe von 0,4 Euro/m²/Jahr. Diesen Betrag mit einer Fläche von 200m² multipliziert, ergibt einen Gesamtpreis in Höhe von 80 Euro pro Münchner Waldschein zur Speicherung von 200kg CO2 innerhalb eines Jahres. Alle entstehenden Kosten sind damit abgegolten.
4. Umsetzung des Projekts Münchner Waldschein
Die SKA richtet einen festen Verwendungszweck mit Namen „Münchner Waldschein“ auf einem Bankkonto der Stadt München ein. Die FV prüft die Zahlungseingänge in regelmäßigen Abständen, unterrichtet das RAW dar-über und verantwortet die Mittelverwendung. Das RAW bewirbt die Aktion „Münchner Waldschein“ auf der touristischen Webseite des RAW, erstellt ein Layout für den Münchner Waldschein und sendet den Tourist*innen, die Geld unter diesem Verwendungszweck eingezahlt haben, eine schriftliche Bestätigung (Münchner Waldschein) mit Angabe des Geldbetrags, der Größe der aufgeforsteten Waldfläche sowie der potenziell dadurch gespeicherten CO2 -Menge zu. Spendenquittungen können in diesem Fall nicht ausgegeben werden, da die Ausgabe eines Zertifikats grundsätzlich gegen den Charakter einer freizügigen Spende spricht.
Da in und um München eine hohe Flächenkonkurrenz besteht, werden Bäume seitens der FV im Rahmen des 500.000 Bäume Projekts gepflanzt. Die Baumpflanzung kann nur in Ausnahmefällen durch Münchner Waldscheininhaber*innen selbst erfolgen, da zum einen in der Haupturlaubszeit von Mai bis Oktober aufgrund der Bodentrockenheit kaum Pflanzen gesetzt werden können, zum anderen einzelne Bäume nicht den Münchner Waldscheininhaber*innen zugeordnet werden sollten, da sie teilweise nicht anwachsen oder von Durchforstungsmaßnahmen betroffen sind und dies zur Enttäuschung bei Münchner Waldscheininhaber*innen führen könnte.
5. Limitation der Ausgabemenge und Anrechnung für weitere CO2-Kompensationsmaßnahmen
Im Jahr 2025 werden die Erstaufforstungen im Rahmen des 500.000 Bäume-Projektes auf mehr als 50ha abgeschlossen sein. Da für die Kompensation des durch die Münchenreise entstandenen CO2 -Ausstoßes für jeden Waldschein eine Fläche von 200m² für ein Jahr benötigt wird, können jährlich maximal 2.500 Münchner Waldscheine an Tourist*innen ausgegeben werden, solange die neu begründeten Wälder bestehen.
Da bereits ein Teil der Erstaufforstungen erfolgt ist und in der Anlaufphase nicht damit zu rechnen ist, dass die Nachfrage das Angebot übersteigt,kann bereits jetzt mit dem Verkauf der Münchner Waldscheine begonnen werden.
Die FV prüft zum Ende jeden Jahres über die Menge der ausgegeben Waldscheine. Sollten weniger als 2.500 Münchner Waldscheine ausgegeben worden sein, kann das durch Aufforstungen generierte CO2 -Senkenpotential, welches nicht in Form von Waldscheinen an Dritte ausgegeben wurde, für die Erreichung der Klimaneutralität der LHM genutzt werden.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.