Wenn die Stadtverwaltung nicht weiß, was die Stadtverwaltung weiß…?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Sabine Bär, Beatrix Burkhardt, Alexandra Gaßmann, Ulrike Grimm, Jens Luther und Matthias Stadler (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 17.1.2023
Antwort Kreisverwaltungsreferentin Dr. Hanna Sammüller-Gradl:
Ihrer Anfrage vom 17.1.2023 stellten Sie folgenden Sachverhalt voraus:
„Am Freitag, den 13.1.2023 habe die tz den Artikel ‚Ramersdorf: tz erklärt die Pläne für den Schmuddeltunnel‘/‘Klettern in den Katakomben‘ veröffentlicht. Der Tunnel sei vom KVR dem ‚Kraxlkollektiv‘ zum Einbau von Boulderwänden freigegeben worden, obwohl die Landeshauptstadt München, in der Verantwortung des Baureferates, noch im November einen gleichlautenden Antrag der CSU-Stadtratsfraktion mit einem Schreiben abgelehnt habe, weil ‚die Fußgänger-Unterführung unter der Rosenheimer Straße in Ramersdorf für den Einbau einer Boulderanlage baulich ungeeig- net ist. Vor der Boulderwand wäre ein Sicherheits- bzw. Fallschutzbereich erforderlich, dessen Ausdehnung 2/3 der Fallhöhe plus 50 cm betragen muss. Bei einer 3 m hohen Boulderwand beträgt der Fallschutzbereich aus einem stoßdämpfenden Material, wie Kunststoff, Kies oder Sand somit 2,50 m. Um die Boulder-Sportler*innen so verkehrssicher von den durch- laufenden Verkehrsströmen zu trennen, reicht der vorhandene Platz leider nicht aus. Das Baureferat hat das Prüfungsergebnis den Teilnehmenden des Runden Tisches mitgeteilt, der Standort wird nicht weiterverfolgt.“
Zu Ihren konkreten Fragen möchte ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Wie kommt es zu dem Sinneswandel innerhalb der Stadtverwaltung?
Antwort:
Das Baureferat, Hauptabteilung Ingenieurbau, nimmt zur Frage 1 wie folgt Stellung:
„Die Überprüfung des Baureferates ergab nach der Stadtratsanfrage der CSU vom 4.5.2021, dass die Fußgängerunterführung unter der Rosenheimer Straße in Ramersdorf für den Einbau einer Boulderanlage unter gleichzeitiger Nutzung als Fußgängerunterführung baulich ungeeignet ist. Es wurde festgestellt, dass bei einem gleichzeitigen Betrieb der Boulderanlage und Nutzung als Fußgängerunterführung aus Platzgründen eine verkehrssichere Trennung zwischen den durchlaufenden Verkehrsströmen undden Nutzer*innen der Boulderanlage nicht möglich ist. Aus diesem Grund musste der Standort von Seiten des Baureferates am 2.11.2021 abgelehnt werden und wurde nicht mehr weiterverfolgt.
Da der Deutsche Alpenverein, vertreten durch das Kraxlkollektiv, weiterhin an diesem Standort festhielt, wurde seitens der Verwaltung daraufhin geprüft, ob eine eigenständige Nutzung der Fußgängerunterführung als Boulder-Sportstätte, unter der Voraussetzung, dass die Nutzung als Verkehrsbauwerk aufgehoben wird, möglich ist. Dabei unterstützte das Baureferat die anderen beteiligten Referate.
Aufgrund des an der Oberfläche parallel verlaufenden, signalisierten Übergangs wurde seitens PLAN und MOR festgestellt, dass die Unterführung nicht mehr zwingend erforderlich ist.
Aus diesem Grund konnte der Nutzungsänderung als Boulder-Sportstätte unter Auflagen (Unterführung erhält vom Betreiber Tore und wird verschlossen) und unter der Voraussetzung, dass eine gesicherte Querung an der Oberfläche vor allem zum ehemaligen Trambahnhäusl (kulturelle Nutzungen) und dem ZAR Biergarten erhalten bleiben muss, aus technischer und verkehrlicher Sicht stattgegeben werden.
Um die vom MOR und PLAN geforderte gesicherte Querungsmöglichkeit zu gewährleisten, muss vor Nutzung der Unterführung als Boulder-Sportstätte ein Fußgängerweg von der Fußgängerfurt der LSA Rosenheimer Straße/Kirchseeoner Straße/Wilramstraße zum Weg der Unterführungsaufgänge der Mittelinsel (ca. 30 Meter Länge) durch den Nutzer errichtet werden.
Die Ermöglichung der Umnutzung basiert auf der guten Zusammenarbeit aller beteiligten städtischen Referate.“
Frage 2:
Hat das KVR andere oder bessere Ingenieure und Fachleute für Boulderanlagen in Fußgängerunterführungen als das Baureferat?
Antwort:
Das Kreisverwaltungsreferat bindet bei Genehmigungsverfahren stets die betroffenen Fachdienststellen mit der Bitte um Stellungnahme ein. Auch in diesem Fall wurden u.a. verschiedene Stellen des Baureferats beteiligt. Die fachliche Beurteilung, soweit sie die Zuständigkeit des Baureferats berührt, wird folglich auch in einem Genehmigungsverfahren des Kreisverwaltungsreferats durch die Ingenieure und Fachleute des Baureferats getroffen.
Frage 3:
Wer hat die jeweilige Genehmigung bzw. Antwort autorisiert?
Antwort:
Im vorliegenden Genehmigungsverfahren wurden durch das Kreisverwaltungsreferat unter anderem das Baureferat, das Mobilitätsreferat und das Planungsreferat beteiligt.
Frage 4:
Welche fachliche Qualifikation des autorisierenden Personals und des gutachtenden Personals liegt der jeweiligen Entscheidung im Detail zu Grunde?
Antwort:
Die Fachdienststellen äußern sich zu ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen. So ist sichergestellt, dass die fachliche Expertise der jeweiligen Dienststelle unabhängig von der Federführung in das Genehmigungsverfahren einfließen kann.
Frage 5:
Findet bei solchen Projekten eine Absprache der Referate untereinander statt?
Antwort:
Wie dargestellt findet zu den im Genehmigungsverfahren zu prüfenden Gesichtspunkten stets ein reger Austausch zwischen den Referaten statt. Abhängig vom jeweiligen Einzelfall werden neben der schriftlichen Kommunikation auch Besprechungen oder gemeinsame Ortstermine durchgeführt, um alle für das Genehmigungsverfahren ausschlaggebenden Punkte hinreichend erörtern zu können.
Frage 6:
War es den herrschenden Mehrheiten seinerzeit nicht vielmehr politisch ungelegen oder lästig, dass der Antrag von Stadträtinnen und Stadträten der CSU-Fraktion gestellt wurde?
Antwort:
Es wurde das übliche Genehmigungsverfahren durchgeführt. Die Begründung dafür, dass der ursprüngliche Antrag abzulehnen war und die Genehmigung später doch erteilt werden konnte, erklärt sich aus der zu Frage 1 dargestellten Antwort.Da die Unterführung nur noch den Boulder-Sportler*innen zur Verfügung steht und diese mit keiner anderen Nutzung mehr konkurrieren müssen, sind die insoweit ursprünglich vorgebrachten Bedenken des Baureferats entfallen.
Frage 7:
Wenn der Oberbürgermeister sich als Chef der Verwaltung im Neujahrsinterview über die zunehmende Bürokratisierung beschwert, stimmt er dann zu, dass in solchen Fällen mehr als nur Handlungsbedarf besteht? Es haben sich schließlich die Beschäftigten von zwei Referaten, mehr oder weniger ausführlich mit einem Thema beschäftigen müssen, das nach der Beantwortung des Stadtratsantrages eigentlich vom Tisch hätte sein müssen.
Antwort:
Die Bedenken des Baureferats bezogen sich – wie unter der Antwort zu Frage 1 geschildert – auf die Konstellation, in der die Nutzung der Fußgängerunterführung durch die Öffentlichkeit als Verkehrsbauwerk weiterhin aufrecht erhalten und parallel die Unterführung (teilweise) zur Boulderanlage umgestaltet und entsprechend genutzt werden sollte. Hierzu gab es im Rahmen der Prüfung auch seitens anderer Referate Sicherheitsbedenken.
Durch den neuen Ansatz der rein sportlichen Nutzung der Unterführung konnte im vorliegenden Fall die positive Verbescheidung des Antrags doch noch erreicht werden. Hierin zeigt sich die Flexibilität und lösungsorientierte Zusammenarbeit der beteiligten Referate. Für die gefundene Lösung konnte die Bereitschaft der Antragsteller im ursprünglichen Genehmigungsverfahren nicht vorausgesetzt und daher auch keine entsprechende Genehmigung erteilt werden, da die Parallelnutzung durch die Verpflichtung zur Herstellung des neuen Weges mit einem erheblichen zeitlichen und finanziellen Mehraufwand für die Antragsteller verbunden ist.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.