Klimaziele ernst nehmen – die Wärmewende bei GWG und GEWOFAG voranbringen: Maßnahmenpaket beschließen – II
Antrag Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (Die Linke / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 6.6.2023
Antwort Sozialreferat:
Für die in Ihrem Antrag vom 6.6.23 angeführten Sachverhalte (Abschaffung der bundesweiten Modernisierungsumlage; Förderprogramme der Bundesregierung; Wiedereinführung der Vermögenssteuer) besteht seitens der Landeshauptstadt München keine Zuständigkeit. Für eine Änderung mietrechtlicher Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs und die Wiedereinführung der Vermögensteuer ist ausschließlich der Deutsche Bundestag zuständig.
Zu Ihrem Antrag vom 6.6.2023 teile ich Ihnen aber Folgendes mit:
Zu Nr. 1:
Eine Entlastung der Mieter*innen hinsichtlich der bundesweit geltenden Modernisierungsumlage (§ 559 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB) ist grundsätzlich zu begrüßen. Zugleich ist aber auch das gesamtgesellschaftliche Ziel des Klimaschutzes im Auge zu behalten, zu dem auch der Mietwohnungsbestand durch CO2- und Energieeinsparungen ihren Beitrag leisten muss. Die im BGB vorgesehene Möglichkeit, Mieterhöhungen aufgrund durchgeführter energetischer Maßnahmen in begrenztem Umfang auf die Mieter*innen umzulegen, dient als Anreiz, verstärkt in klimaschützende Maßnahmen zu investieren. Energieeinsparmaßnahmen und der Wechsel zu einer Heizung, die nicht mit fossilen Brennstoffen arbeitet, führen für Mieter*innen zu erheblichen Einspareffekten. Ich sehe daher eine komplette Abschaffung der Modernisierungsumlage als nicht zielführend an, da sie die Investitionen in den Klimaschutz im Mietwohnungsbau hemmen würde. Vielmehr setze ich mich dafür ein, dass die Modernisierungsumlage wegfällt, sobald sich die energetische Maßnahme für die*den Vermieter*in amortisiert hat. Der von Herrn Oberbürgermeister Reiter initiierte Mietpreisstopp für kommunale Mietwohnungen
(vgl. Stadtratsbeschluss vom 24.7.2019) hat beispielgebend festgelegt, dass die Modernisierungsumlage nach Amortisierung der Modernisierungsmaßnahmen wieder wegfällt. Der Mietenstopp für kommunale Mietwohnungen wurde durch Beschluss des Ausschusses für Stadtplanung und Bauordnung vom 6.12.23 über den 31.7.2024 hinaus verlängert. Die Modernisierungsumlage ist weiterhin auf 5%, jedoch maximal 2 Euro proqm je Monat innerhalb von 6 Jahren begrenzt. Die Modernisierungsumlage umfasst dabei auch den Heizungstausch.
Die Neufassung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), die zum 1.1.2024 in Kraft tritt, sieht als mieterschützende Maßnahme vor, dass die Erneuerung der Heizung im Sinne von § 71 GEG nur zu einer Erhöhung von maximal 0,50 Euro/qm je Monat innerhalb von sechs Jahren führen darf. Für öffentlich geförderte Wohnungen existiert keine Modernisierungsumlage. Hier gilt das Kostenmietprinzip, das sich nach den Vorschriften der II. Berechnungsverordnung (BV) und der Neubaumietenverordnung (NMV) 1970 richtet. Die Miete wird anhand einer Wirtschaftlichkeitsberechnung ermittelt. Nachdem im Kostenmietprinzip kein Ertrag erzielt wird, sondern lediglich die dem Eigentümer entstandenen Aufwendungen in die Miete einfließen, kann nach meiner Einschätzung nicht auf den Ansatz der entstandenen Aufwendungen für die Modernisierung verzichtet werden. Innerhalb der Kostenmiete gibt es lediglich eine Pauschale für Instandhaltungskosten, jedoch nicht für Modernisierungen. Folglich ist es für den Eigentümer schwerlich möglich, Rücklagen für Modernisierungen zu bilden. Infolgedessen ist damit zu rechnen, dass viele Eigentümer*innen von öffentlich geförderten Wohnungen auf Modernisierungen (insbesondere energetische Modernisierungen) gänzlich verzichten würden.
Zu Nr. 2:
Mit den Maßnahmen des kommunalen Förderprogramms Klimaneutrale Gebäude (FKG) werden Investitionen in Gebäude zur Steigerung der Energieeffizienz (zur Energieeinsparung) und damit zur Verringerung der CO2-Emissionen bezuschusst. Bei der Bemessung des Fördersatzes bei der energetischen Sanierung hat sich der Fördermittelgeber an den Mehrkosten für die energetischen (Modernisierungs-)Maßnahmen gegen-über den regulären Instandhaltungskosten (Sowieso-Kosten) orientiert. Fördermittelempfänger*innen sind die Gebäude- oder Wohnungseigentümer*innen (oder Kontraktoren) als Träger der Instandhaltungs- oder Modernisierungskosten. Die Wirtschaftlichkeit (Amortisationszeit) einer Energiesparmaßnahme zeigt sich an dem Verhältnis der energiebedingten Investitions-Mehrkosten (abzüglich der Zuschüsse aus öffentlichen Haushalten) zur kumulierten Energiekosteneinsparung und der mit der Energieeinsparung vermiedenen Umweltfolgekosten. Seit Einführung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes vom 19.12.2019 sind daher zusätzlich zur Energiekosteneinsparung die vermiedenen kumulierten CO2-Kosten (für Brennstoffemissionen) in der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung zu berücksichtigen, bzw. die CO2-Kosten der unsanierten Wärmeerzeugung auf Basisfossiler Brennstoffe denen des energetisch sanierten Gebäudes gegen-überzustellen.
Nach der kürzlich erfolgten Novellierung des GEG zum 1.1.2024 ist nun eine Novellierung der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) angekündigt, der zufolge erstmalig bei Heizungserneuerung zusätzlich zur Basisförderung von 30% der förderfähigen Investitionskosten ein Einkommensbonus von 30% für selbstnutzende Wohnungseigentümer*innen mit bis zu 40.000 Euro zu versteuerndem Haushaltseinkommen pro Jahr gewährt werden soll. Dieser bundesweite einkommensorientierte Bonus gilt nur für die gesetzlich geforderte Heizungserneuerung mit erneuerbaren Energien, alle übrigen Energieeffizienzmaßnahmen sind davon ausgenommen. In Frage kommen z.B. selbstnutzende Wohnungseigentümer*innen in Rente oder sonstige selbstnutzende Wohnungseigentümer*innen mit geringem Haushaltseinkommen. Haushalte mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von bis zu 90.000 Euro können für Heizungstausch und Effizienzmaßnahmen darüber hinaus zinsvergünstigte KfW-Kredite beantragen. Hinsichtlich der von der Bundesregierung in Aussicht gestellten KfW-Kredite ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Beratungen für den Bundeshaushalt 2024 noch nicht abgeschlossen sind.
Das Referat für Klima- und Umweltschutz (GB-II-6) wird prüfen,
- ob der bundesweite Einheitsbonus für Haushalte mit begrenztem Einkommen auf Ebene der Länder und Kommunen entsprechend des lokalen Einkommens- und Preisniveaus aufgestockt werden kann,
- ob die Einkommensgrenzen für den sozialen Bonus entsprechend der Haushaltsgrößen gestaffelt werden (München Modell),
- ob der einkommensorientierte Bonus auf alle FKG-Maßnahmen für Wohngebäude ausgeweitet werden sollte,
- ob die Integration sozialer Boni für Klimaschutzmaßnahmen im FKG nicht in Konkurrenz steht zu bestehenden Förderungen für den sozialen Wohnungsbau wie dem Bayerischen Wohnraumförderprogramm (WEG-Modernisierungsprogramm) und ob hiermit die Gefahr der Überförderung besteht.
Das vorrangige Ziel der Förderprogramme für energieeffiziente und nachhaltige Gebäude auf Bundes- und kommunaler Ebene ist es, Investitionen in effiziente energetische Sanierungen (und Null-Emissions-Neubauten) anzureizen, die über gesetzliche Anforderungen hinausgehend zum Treibhausgas-neutralen Gebäudebestand führen.
Deshalb sollte die Basisförderung Energie- und CO2-sparender Maßnahmen einkommensunabhängig bleiben und die Sozialverträglichkeit vonKlimaschutzmaßnahmen gegebenenfalls über Sonderboni zu den eigentlichen Maßnahmen geregelt werden.
Aufgrund des beschriebenen Ziels der Förderprogramme sehe ich eine Kombination aus ökologischen und sozialen Anforderungen (Staffelung nach Einkommensklassen) in der Fördersystematik als problematisch an. Hinzu kommt ein erheblicher Verwaltungsaufwand bei der Prüfung und Einordnung in Einkommensklassen. Selbstnutzende Eigentümer*innen sind durch den einkommensorientierten Bonus des GEG, zinsvergünstigte KfW-Kredite (s.o.) und lange Übergangsfristen für die Heizungserneuerung aus meiner Sicht ausreichend davor geschützt, wegen der finanziellen Belastungen durch einen notwendigen Heizungstausch ihr Wohneigentum verkaufen zu müssen. Mieter*innen müssen vornehmlich durch Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs geschützt werden. Die Einführung von Kappungsgrenzen für die Modernisierungsumlage war hier bereits eine erhebliche Verbesserung für die Mieter*innen, der weitere Schritte (z.B. Wegfall der Umlage nach Amortisierung) folgen müssen.
Zu Nr. 3:
Die Wiedereinführung der Vermögenssteuer ist grundsätzlich ein geeignetes Mittel, um zusätzliche Einnahmen für den Umstieg auf erneuerbare Energien im Wohnungsbestand zu generieren, ohne dass Bürger*innen mit niedrigen und mittleren Einkommen weitere Belastungen aufgebürdet werden. Ich weise allerdings darauf hin, dass dem Aussetzen der Vermögenssteuererhebung 1997 eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22.6.1995 vorausging, das eine Besserstellung von Immobilienvermögen gegenüber anderem Vermögen als nicht verfassungsgemäß beurteilte. Eine Vermögensteuer für Eigentümer*innen öffentlich geförderter Wohnungen halte ich nicht für sinnvoll, da im Kostenmietprinzip ohnehin keine Profite erwirtschaftet werden, sondern lediglich eine Bewirtschaftung des Anwesens gewährleistet wird. Da es keine Möglichkeit zur Umlage einer möglichen Vermögenssteuer beim Kostenmietprinzip gibt, wäre dadurch die ordentliche Bewirtschaftung des öffentlich geförderten Anwesens gefährdet.
Sie geben in Ihrem Antrag bedenkenswerte Anregungen für die wichtigen Ziele, Mieter*innen angesichts der bereits jetzt sehr hohen Mietpreise vor weiteren finanziellen Belastungen durch die Anforderungen des Klimaschutzes zu bewahren und finanziell weniger gut ausgestattete Eigentümer*innen in besonderem Maße zu unterstützen. Die in der Neufassung des GEG verankerten Fördermöglichkeiten und die beschränkte Umlagefähigkeit bei Umstellung auf erneuerbare Energien bilden nach meinerAuffassung einen tragfähigen Kompromiss zwischen den notwendigen Anreizen in energetische Modernisierungen und den Schutzbelangen von Mieter*innen und Eigentümer*innen.
Ich hoffe, auf Ihr Anliegen hinreichend eingegangen zu sein. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.