Stadt München verwendet Amtssprache
Antrag Stadträte Leo Agerer, Winfried Kaum, Hans-Peter Mehling und Alexander Reissl (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 11.4.2024
Antwort Oberbürgermeister Dieter Reiter:
In Ihrem Stadtratsantrag vom 11.4.2024 fordern Sie einen Stadtratsbeschluss folgenden Inhalts:
„Die Landeshauptstadt München verwendet im Schriftverkehr mit Bürgerinnen und Bürgern, in amtlichen Verlautbarungen, in Stadtratsbeschlüssen etc. die deutsche Amtssprache.“
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt, da Vorgaben zu Schreibweise und Schreibstil ein Geschäft der laufenden Verwaltung sind. Daher erlaube ich mir die Beantwortung Ihres Antrags per Brief.
Wie Sie in Ihrem Antrag feststellen, hat sich unsere deutsche Amtssprache über viele Jahrzehnte entwickelt und ist so gesehen älter als die Bundesrepublik. Allerdings haben sich die deutsche Sprache und somit auch die Amtssprache und in den 75 Jahren ihres Bestehens auch unsere bewährte Verfassung ebenfalls an gesellschaftliche Veränderungen angepasst. Ob z.B. ein Begriff wie „Sittengesetz“ heutzutage in der Verfassung verwendet werden würde, ist fraglich. Diese Entwicklung sehen Sie für Ihren Antragsgegenstand am Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10.10.2017 – 1 BvR 2019/16, den Sie im Internet hier abrufen können: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2017/10/rs20171010_1bvr201916.html;jsessionid=C968BFA84863B63AA182F1C8F81BE5B7.internet961.
Die Landeshauptstadt München formuliert auch als Konsequenz aus dieser Entscheidung und der daraus resultierenden Änderung des Personenstandsgesetzes (PStG) Texte aller Art, städtische Bekanntmachungen, Publikationen und Veröffentlichungen im Interesse der Erfüllung des Gleichstellungsgebots der Geschlechter. Die Landeshauptstadt München will gemäß den Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) Diskriminierungen vermeiden. Dazu spricht die Stadtverwaltung Personen entweder geschlechterdifferenziert unter Nennung der weiblichenForm an erster Stelle an („Bürgerinnen und Bürger“, „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“) und kombiniert dies soweit möglich mit geschlechtsneutralen Begriffen („Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sehr geehrte Beschäftigte“). Zur Darstellung der vorhandenen geschlechtlichen und gesellschaftlichen Vielfalt verwendet sie darüber hinaus den Genderstern (*) oder das Gender Gap (_) („Sehr geehrte Mitarbeiterinnen* und Mitarbeiter*“, „Mitarbeiter*innen“, „Mitarbeiter_innen“). Diese beiden Zeichen dürfen allerdings nicht innerhalb eines Textes gemischt werden. Ein abwechslungsreicher Schreibstil bildet die gesellschaftliche Vielfalt in der Landeshauptstadt München ab. Genderstern und Gender Gap sind lediglich eine vielgenutzte Möglichkeit und keine universell verpflichtende Vorgabe.
Die bei der Landeshauptstadt München geltende Sprachregelung soll ausdrücklich nicht die amtliche Rechtschreibung bestimmen. Sie spiegelt die Münchner Haltung wider, alle Menschen ungeachtet ihres Geschlechts und ungeachtet ihrer geschlechtlichen Identität anzusprechen.
Von den vorstehenden Ausführungen bitte ich Kenntnis zu nehmen und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.