Ist die Stadtwerke München GmbH in der Lage, bis 2030 komplett auf Öko-Gas umzustellen?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Alexandra Gaßmann und Manuel Pretzl (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 21.4.2023
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 21.4.2023 führten Sie als Begründung aus: „Das Kabinett in Berlin hat am Mittwoch das Gebäudeenergiegesetz (GEG) beschlossen, dessen Novelle zu hitzigen Diskussionen geführt hat. Es enthält aber auch Ausnahmen vom Einbauverbot von Gasheizungen ab 2024. Diese sollen laut Bild-Zeitung noch genehmigungsfähig sein, sofern die örtlichen Energieversorgungsunternehmen spätestens ab 2030 nur noch umweltfreundliches Öko-Gas (z.B. Biogas oder Wasserstoff) liefern, denn Grünes Gas gilt als umweltfreundlich und klimaneutral. Medienberichten zufolge laufen die Versorger Sturm, da der Zeithorizont als unrealistisch eingeschätzt wird. Konkretisiert wird dies durch Aussagen des Hauptgeschäftsführers des ‚Verbandes kommunaler Unternehmen‘ (VKU), Ingbert Liebing. Er stellte klar, dass die Zeit für die Umstellung viel zu knapp sei. Um die Pläne umzusetzen, müsse etwa das Gasnetz umgebaut werden, was allein schon zwei bis drei Jahre dauere. Anschließend müsse dann die stabile Herstellung und Lieferung von Öko-Gas angegangen werden, was wiederum mehrere Jahre in Anspruch nehme. Ein weiterer Malus seien laut dem VKU-Hauptgeschäftsführer die Entschädigungspflichten, die Versorger treffen, wenn sie es trotz Ankündigung nicht schaffen, ab 2030 den Energieträger umzustellen.“
Ich bedauere, die nach § 68 GeschO des Stadtrats vorgegebene Frist von 6 Wochen überschritten zu haben. Maßgeblicher Grund für die Verfahrensdauer ist der Abstimmungsbedarf mit den SWM.
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Sind die Stadtwerke München in der Lage, bis 2030 ausschließlich um- weltfreundliches Öko-Gas zu liefern? Heißt, sind die Stadtwerke in der Lage, das Gasnetz bis 2030 umzubauen und ihre Beschaffungs- und Produktionsprozesse so umzustellen, dass bis 2030 nur noch umweltfreundli- ches Gas durch die Leitungen strömt?
Antwort SWM:
„Inzwischen ist das Wärmeplanungsgesetz zusammen mit der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes zum 1.1.2024 in Kraft getreten. Die Fristen zurUmstellung der Wärmeversorgung sind nicht wie ursprünglich diskutiert in die Gesetzestexte eingeflossen. Für die unterschiedlichen Konstellationen von Heizungslösungen gelten verschiedene Übergangsfristen. Derzeit ist aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen weiterhin fossiles Erdgas in den Gasnetzen voraussichtlich bis 2045 zulässig. Das Referat für Klima- und Umweltschutz hat den Entwurf eines Wärmeplans in den Stadtrat eingebracht, der darstellt, welche Wärmeversorgungslösungen, die die Anforderungen des GEG erfüllen, künftig in welchen Gebieten zur Verfügung stehen werden. In diesem Wärmeplan ist Wasserstoff für die dezentrale Wärmeversorgung nicht vorgesehen. Auch die SWM gehen Stand heute nicht davon aus, dass grüner Wasserstoff für Privatkund*innen in München für das Heizen eine Rolle spielen wird. Die SWM gehen stattdessen davon aus, dass für die Mehrheit ihrer Kund*innen Fernwärme, Nahwärme und Wärmepumpen die wirtschaftlicheren Lösungen sein werden.“
Frage 2:
Was muss konkret in München passieren, um die Ziele der Bundesregierung zu erreichen?
Antwort SWM:
„Im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung wurden die lokalen Wärmebedarfe und Potenziale zusammengeführt, um die individuellen Einsatzmöglichkeiten der Energiequellen zu definieren und umsetzen zu können. Dazu wurde eine Bestandsanalyse des aktuellen Wärmebedarfs und -verbrauchs sowie der daraus resultierenden Endenergiebedarfe und Treibhausgasemissionen durchgeführt, unter Berücksichtigung von Informationen zu den vorhandenen Gebäudetypen und den Baualtersklassen, der Versorgungsstruktur aus Gas- und Wärmenetzen, Heizzentralen und Speichern sowie einer Ermittlung der Beheizungsstruktur der Wohn- und Nichtwohngebäude. Potenziale zur Energieeinsparung für Raumwärme und Warmwasser in den Sektoren Haushalte, Gewerbe-Handel-Dienstleistungen, Industrie und öffentlichen Liegenschaften sowie die lokal verfügbaren Potenziale erneuerbarer Energien und Abwärmepotenziale wurden ermittelt. Im Zielszenario wurde die Deckung des zukünftigen Wärmebedarfs mit erneuerbaren Energien zur Erreichung einer klimaneutralen Wärmeversorgung entwickelt. Der entsprechende Beschluss zur kommunalen Wärmeplanung wurde im Mai 2024 im Stadtrat behandelt. Die Wärmeplanung der LHM sieht im Wesentlichen die Verdichtung und den Ausbau der Fernwärme vor, sowie Nahwärmenetze, Luft- und Grundwasserwärmepumpen in den Bereichen, in denen auch langfristig keine Fernwärme vorhanden sein wird. Daneben müssen für wenige Gebiete noch spezielle Wärmeversorgungskonzepte, vor allem in Verbindung mit Sanierungsmaß-nahmen, entwickelt werden. Die Transformation hin zu einer dekarbonisierten Wärmeversorgung ist ein langfristiger Prozess. Die Vorstellung der kommunalen Wärmeplanung ist der erste Schritt auf einem Transformationspfad, der sich voraussichtlich bis zum Jahr 2045 hinziehen wird.“
Frage 3:
Wie hoch werden die Kosten für den Umbau des Leitungsnetzes und die Umstellung der Produktion sein?
Antwort SWM:
„Wie bereits erläutert, gehen die SWM nicht davon aus, dass grüner Wasserstoff in absehbarer Zeit in den Verteilnetzen eine Rolle spielen wird. Für den Aus- und Umbau des Fernwärmesystems planen die SWM mit Investitionen in Höhe von 9,5 Mrd. Euro.“
Frage 4:
Ist es überhaupt möglich, dass jede ab 01.01.2024 neu eingebaute Heizung mit mind. 65% erneuerbarer Energie beliefert werden kann?
Antwort SWM:
„Siehe Antwort zu Frage 1.“
Frage 5:
Planen die Stadtwerke München, den Fernwärmeausbau sowie die Anschlüsse auch in bisher wirtschaftlich betrachtet unattraktive Gebiete zu verlegen?
Antwort SWM:
„Die SWM werden die Fernwärmegebiete deutlich ausbauen, um möglichst vielen Kund*innen die perspektivisch klimaneutrale Fernwärme, überwiegend aus Geothermie, anbieten zu können. Als GmbH können die SWM keine unwirtschaftlichen Projekte umsetzen. Die kommunale Wärmeplanung zeigt jedoch, dass es in den Gebieten, in denen auch perspektivisch keine Fernwärme zur Verfügung steht, andere geeignete und wirtschaftlichere Wärmeversorgungslösungen geben wird.“
Frage 6:
Werden sich die Energiekosten durch den vermutlichen Anschluss an die Fernwärme langfristig betrachtet weiter erhöhen?
Antwort SWM:
„Die Fernwärmepreise werden mittels Preisänderungsklausel berechnet, deren Ausgestaltung die Verordnung über allgemeine Bedingungen für dieVersorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) regelt. Die Entwicklung der Fernwärmepreise hängt im Wesentlichen von den zukünftigen Energie- und CO2-Preisen ab und lässt sich daher langfristig nicht prognostizieren. Nach den rechtlichen Regelungen enthalten die Preisformeln für die Berechnung des Fernwärmepreises sowohl ein Kosten- als auch ein Marktelement. Gerade das sog. Marktelement in der Fernwärmepreisbildung stellt jedoch sicher, dass auch die künftigen Fernwärmepreise mit der allgemeinen Preisentwicklung im Wärmemarkt verbunden sind und sich nicht losgelöst von diesen entwickeln. Im Übrigen setzen die SWM darauf, die Kunden für die Fernwärme wettbewerblich zu gewinnen.“
Wir bedauern, mit der vorliegenden Zuleitung, die vorgegebene Frist überschritten zu haben.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten konnte.