Bestands-Mietwohnungen mit bezahlbaren Mieten langfristig sichern: Immobilien in die richtigen Hände bringen!
Antrag Stadtrats-Mitglieder Anna Hanusch, Gudrun Lux, Angelika Pilz- Strasser, Bernd Schreyer, Christian Smolka, Sibylle Stöhr (Fraktion Die Grünen – Rosa Liste) und Kathrin Abele, Simone Burger, Anne Hübner, Christian Müller (SPD/Volt-Fraktion) vom 24.3.2022
Antwort Kommunalreferentin Kristina Frank:
Mit o.g. Antrag haben Sie Folgendes gefordert:
„Im Kommunalreferat wird eine Anlaufstelle für gemeinwohlorientierte Immobilienverkäufe etabliert mit dem Ziel, die Eigentümer*innenseite, Mieter*innengemeinschaften und gemeinwohlorientierte Immobilienunternehmen zusammenzubringen.
Das Kommunalreferat aktiviert mittels einer breit angelegten Werbekampagne/Öffentlichkeitsoffensive Immobilieneigentümer*innen, insbesondere in Erhaltungssatzungsgebieten, ihre Immobilie wahlweise zum sozialverträglichen Ertragswert oder zum Verkehrswert an die städt. Wohnungsbaugesellschaften, einer Genossenschaft, dem Mietshäusersyndikat oder der Stiftung ‚Daheim im Viertel‘ zu übertragen oder zu vererben.“
Zunächst möchte ich mich für die gewährten Fristverlängerungen bedanken.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, erlaube ich mir, Ihren Antrag als Brief zu beantworten. Hierzu teile ich Ihnen Folgendes mit:
Bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und zu erhalten ist eine der Kernaufgaben der Landeshauptstadt München (LHM). Auch das Kommunalreferat (KR) unternimmt größte Anstrengungen, um dieses Ziel zu erreichen. So wurde in den vergangenen Jahren nicht nur die Zahl der Vorkaufsrechtsausübungen (vor dem entsprechenden Urteil des Bundesverwaltungsgerichts) und freihändigen Ankäufe deutlich vergrößert, das KR baut mit staatlicher Förderung auch eine große Zahl von Wohnungen (z.B. Alte Heimat, Bettenhäuser Schwabing, etc.) selbst.
Immobilien sind in der freien Wirtschaft allerdings als Güter zu sehen, die von den meisten Marktteilnehmer*innen als Wertanlage betrachtet werden. Eine gemeinwohlorientierte und sozialverantwortliche Weitergabe von Bestandsimmobilien ist der Ausnahmefall. In der Regel wollen die Verkäufer*innen zwar ihre Mieter*innen in gute Hände geben, aber kaum um den Preis von eigenen Gewinneinbußen. Private Vermieter*innen haben außer-dem oft anderweitige, z.B. familiäre Verpflichtungen. Unternehmer*innen handeln bei der Vergabe unter Marktwert u.U. ihren gesetzlichen Vermögensbetreuungspflichten zuwider.
Neben dieser sehr herausfordernden Ausgangslage stehen verschiedene Rechtsvorschriften im Raum. Kommunen unterliegen im Zusammenhang mit der Erhebung, Erfassung und Weitergabe von Daten strengen Datenschutzvorschriften. Beispielsweise dürfen Eigentümerdaten für Grundstücke nicht ohne Legitimation abgerufen werden. Hierfür muss ein öffentliches Interesse im Sinne der Grundbuchordnung geltend gemacht werden. Das proaktive Herantreten an Grundstückseigentümer*innen von Seiten der Stadt, um für den Verkauf an Dritte zu werben, stellt kein derartiges Interesse dar, das einen Einblick in das Grundbuch erlauben würde. Die LHM ist deshalb auf eine Kontaktaufnahme durch veräußerungsbereite Eigentümer*innen selbst angewiesen.
Schließlich bliebe die Frage, in welcher Form die LHM den Schutz der Mieter*innen in den vermittelten Fällen sicherstellen könnte. Nachdem sie selbst nicht Vertragspartnerin wäre, käme weder eine regelnde noch eine kontrollierende Funktion für die LHM in Betracht. Dies würde den Erwartungen insbesondere der betroffenen Mieter*innen wohl nicht entsprechen.
Deshalb versucht das KR, möglichst viele Ankäufe selbst zu realisieren. Ein eigenes Ankaufsinteresse der LHM besteht für viele der Objekte, wenn es sich auch aus finanzpolitischen, immobilienwirtschaftlichen und verwaltungsökonomischen Gründen nicht flächendeckend umsetzen lässt. Momentan sieht das KR einen Angebotsüberhang, der Stück für Stück abgearbeitet wird. Jeder Einzelfall zieht hohe Investitions- und Folgekosten nach sich und muss sorgfältig geprüft werden. Dies erfordert pro Objekt in der Regel 3 bis 6 Monate.
Generell ist in dem Kontext zu beachten, dass vollständig vermietete Wohnhäuser für Genossenschaften und Syndikate in der Regel keine geeigneten Ankaufsobjekte darstellen. Mit diesen Anwesen kann deren primäre Zielsetzung (Wohnraumschaffung für die bestehenden Mitglieder) wenn überhaupt erst zeitverzögert und sukzessive umgesetzt werden.
Eine andere Schwierigkeit beim Ankauf von Bestandsimmobilien durch Dritte unter dem Verkehrswert ist, dass diese Dritten (also auch Genossenschaften und Syndikate) für den Differenzbetrag zum Verkehrswertschenkungssteuerpflichtig sind. Gemeinnützige Stiftungen sind von der Schenkungssteuer befreit.
Eine Vermittlerrolle der LHM scheint deshalb vor allem zugunsten von Stiftungen oder ihren eigenen städtischen Wohnungsbaugesellschaften zielführend. Beides ist ständige Übung.
Anlaufstellen
Eigentümer*innen, die sich eine sozialverträgliche Weitergabe ihres Grundstücks vorstellen können, stehen bereits heute und natürlich auch künftig folgende städtische Stellen zur Verfügung:
a) Das Akquiseteam des KR nimmt jeden Verkaufswunsch entgegen und prüft ihn eingehend. Angebote mit dem Hinweis auf einen sozialverträglichen Kaufpreis werden vorrangig behandelt, bilden aber den absoluten Ausnahmefall.
b) Die Stiftungsverwaltung des Sozialreferates berät jederzeit Grundstückseigentümer*innen über die Möglichkeiten, ihre Immobilien in eine von der LHM verwaltete Stiftung einzubringen. Dort erhalten Stiftungsinteressierte eine auf ihre persönlichen Wünsche und Belange zugeschnittene Beratung zu den Themen Errichtung einer eigenen Stiftung zu Lebzeiten oder von Todes wegen sowie Zustiftung oder Spende in eine bestehende Stiftung. Die Beratung umfasst in geeigneten Fällen auch die Stiftung „Daheim im Viertel“, die Wohnhäuser günstig übernimmt, sozialverträglich bewirtschaftet und auch das gemeinschaftliche Leben fördert.
c) Im Referat für Stadtplanung und Bauordnung gibt es mit der Mitbauzentrale eine Kontaktstelle für Interessierte zu Genossenschaften oder Syndikaten. Sie richtet sich nicht nur an potenzielle Genoss*innen, sondern auch als Infobörse an Eigentümer*innen, die sich informieren möchten und entsprechende Kontakte suchen.
Kampagne
Es wird versucht, positive Einzelfälle in München über die Medien als lohnenswertes Vorbild dazustellen, damit die gesamtgesellschaftliche Sensibilität für dieses Thema steigt und die Möglichkeiten der Realisierung von Sozialverkäufen bekannter werden. Dies unterstützt die Landeshauptstadt München durch entsprechende Pressearbeit weiterhin.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.