Die steigende Tendenz, Wohnraum möbliert zu vermieten, treibt die Mieten gerade in attraktiven Lagen der Innenstädte massiv weiter nach oben. Oberbürgermeister Dieter Reiter hat deshalb in einem Schreiben an das Bundesjustizministerium heute erneut appelliert, die Gesetze für die Vermietung von möblierten Wohnungen dringend nachzuschärfen. Das Schreiben an den Parlamentarischen Staatssekretär Benjamin Strasser hat folgenden Wortlaut:
„Vielen Dank für Ihren Hinweis auf eine vom Bundesjustizministerium in Auftrag gegebene Studie zum möblierten Mietwohnungsmarkt. Darin wird ausgeführt, dass die Einführung der Mietpreisbremse nicht ,zu einer systematischen Umwandlung von Leerwohnungen in möblierte Mietwohnungen geführt‘ habe. Sie weisen darauf hin, dass das Bundesjustizministerium die ,rechtstatsächliche Entwicklung‘ insbesondere im Hinblick auf die Auswirkungen der 2022 in Kraft getretenen Mietspiegelreform beobachten werde.
Der zum Teil dramatischen Lage auf dem Mietwohnungsmarkt in den Ballungsräumen wird eine weitere bloße Beobachtung der Entwicklungen meines Erachtens nicht gerecht. Nicht allein die Zahl der möblierten Wohnungen, die laut Studie der Beratungsfirma Oxford Economics angestiegen ist, ist problematisch, sondern v.a. der im Vergleich zu unmöblierten Wohnungen erheblich höhere Mietpreis. Laut Studie mussten ,immerhin 27 % der Befragten‘ auf den hochpreisigen möblierten Wohnungsmarkt ausweichen, weil sie auf dem unmöblierten Markt abgelehnt wurden oder kein passendes unmöbliertes Mietobjekt fanden. Hierbei handelte es sich ,tendenziell um einkommensschwächere Nachfrager‘.
Zudem ist nach dem Ergebnis der Untersuchung ein Ausweichen von Vermieter*innen, die möblierten Wohnraum anbieten, auf Mietverträge zum ,vorübergehenden Gebrauch‘ (§ 549 Abs. 2 Nr. 1 BGB) festzustellen. Da Mietverträge zum vorübergehenden Gebrauch bzw. Kurzzeitvermietungen nicht in den Geltungsbereich der Mietpreisbremse fallen, ist ein Ausweichen auf diese Form des Mietvertrags für Vermieter*innen und Vermietungsplattformen attraktiv. Bei dieser Art des Mietvertrags hat die Mietpreisbremse sogar ,zu einem signifikanten Anstieg der Möblierungszuschläge beigetragen‘. Der gesetzliche Ausnahmetatbestand der Vermietung einer Wohnung zum vorübergehenden Gebrauch führt für beide Mietparteien zu rechtlichen Unsicherheiten, da die Voraussetzungen hierfür (Begrenzung der Mietdauer; spezieller Grund für die vorübergehende Dauer des Mietverhältnisses) gesetzlich nicht klar geregelt sind. Konse- quenterweise empfehlen die Autoren der von Ihnen genannten Studie die Einführung eines objektiv messbaren Kriteriums (Vertragsdauer) für den Ausnahmetatbestand des vorübergehenden Gebrauchs. Geschieht dies nicht, besteht die Gefahr, dass die große Nachfrage nach langfristigen Mietverträgen einem immer kleineren Angebot gegenübersteht, da vermehrt Mietverträge zum ,vorübergehenden Gebrauch‘ angeboten werden. Dieses Problem wird in der von mir in meinem Schreiben vom 18.04.2024 bereits angesprochenen und von mir sehr begrüßten Initiative des Bundesrats vom 16.06.2023 thematisiert und zu lösen versucht.
Unstrittig ist aus meiner Sicht, dass die Mieter*innen möblierten Wohnraums angesichts intransparenter und nicht regulierter Möblierungszuschläge Schwierigkeiten haben, ihre Rechte aufgrund der gesetzlichen Mietpreisbremse wahrzunehmen. Die von Ihnen angesprochenen aktualisierten ,Handlungsempfehlungen zur Erstellung von Mietspiegeln‘ verweisen darauf, dass eine Aufnahme möblierter Wohnungen in den Mietspiegel erfolgen ,kann, wenn dies mit angemessenem Aufwand möglich erscheint‘.
Das Problem des Möblierungszuschlags, der bislang nicht einmal im Mietvertrag ausgewiesen werden muss, auf die Ersteller*innen des Mietspiegels abzuwälzen, ist aus meiner Sicht nicht praktikabel. Es ist nahezu unmöglich, den Wert, das Alter und die Qualität der zur Verfügung gestellten Möblierung im Rahmen einer Mietspiegeldatenerhebung durch Interviewer*innen feststellen zu lassen, die selbst keine Sachverständigen sind und sein können.
Der möblierte Wohnungsmarkt muss durch eine Regelung des Möblierungszuschlags und klare Regeln des Ausnahmetatbestands ,Wohnraum zum vorübergehenden Gebrauch‘ aus der rechtlichen Grauzone herausgeholt werden. Mieter*innen möblierten Wohnraums muss es auf praktikable Weise ermöglicht werden, ihre gesetzlichen Ansprüche zur Begrenzung der Miethöhe auf der Basis der Mietpreisbremse durchzusetzen. Ausweichmanöver zur Umgehung der Mietpreisbremse müssen dringend verhindert werden.
Die vom Bundesjustizministerium beabsichtigte Herausgabe von Infomaterial zur Anwendbarkeit der gesetzlichen Mietpreisbremse begrüße ich. Für den Bereich des möblierten Wohnraums und der Kurzzeitvermietung bedarf es aus meiner Sicht jedoch gesetzlicher Nachschärfungen.“ Achtung Redaktionen: Das erste Schreiben von OB Reiter vom 18.4.2024 ist zu finden unter https://go.muenchen.de/Moeblierte-Vermietung