One in – two out Bürokratie abbauen durch Rückmeldung, Evaluation sowie zeitliche Befristung von Verwaltungsvorschriften in eigener Entscheidungshoheit
Anträge Stadträte Leo Agerer, Hans-Peter Mehling und Manuel Pretzl (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 25.1.2024
Antwort Oberbürgermeister Dieter Reiter:
Vielen Dank für Ihre Anträge vom 25.1.2024.
Sie beantragen, dass
- ich dem Stadtrat Vorschläge unterbreite, „welche – mindestens zwei – Verwaltungsvorschriften in eigener Entscheidungshoheit bei Neueinführung einer neuen Verwaltungsvorschrift entfallen können“ und
- die Referate anweise, „nach der Neueinführung von Verwaltungsvorschriften in eigener Entscheidungshoheit binnen eines Jahres Rückmeldungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der davon betroffenen Bürger*innen einzuholen und diese zu evaluieren, um die Sinnhaftigkeit und Zielgenauigkeit der Vorschrift bewerten und ggf. nachsteuern zu können. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nützliche Hinweise, die zur Abschaffung oder Vereinfachung überflüssiger oder mit sehr hohem Aufwand behafteter Vorschriften geben, werden prämiert. Darüber hinaus werden Verwaltungsvorschriften generell nur noch befristet eingeführt.“
Verwaltungsvorschriften sind generell-abstrakte Anordnungen einer Behörde an nachgeordnete Behörden oder eines Vorgesetzten an die ihm unterstellten Verwaltungsbediensteten (Maurer, Allg. VerwR, 15. Aufl. 2004, S 623, Rn. 1).
Im Fokus Ihrer beiden Anträge stehen „Verwaltungsvorschriften in eigener Entscheidungshoheit“. Der Erlass, die laufende Pflege/Fortschreibung sowie die Aufhebung von Verwaltungsvorschriften fallen in der Regel in den Aufgabenbereich des Oberbürgermeisters als Chef der Verwaltung. Sie sind damit laufende Angelegenheiten, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt und damit nicht in die Zuständigkeit des e.a. Stadtrats fallen.
Zu Ihren beiden Anträgen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:Ihr Antrag „One in – two out“ zielt auf eine rein quantitative Betrachtung von Verwaltungsvorschriften ab. Wie schon erwähnt, regeln die Vorschriften den inneren Dienstbetrieb einer Verwaltung, um beispielsweise einen einheitlichen und rechtssicheren Verwaltungsvollzug sowie eine zufriedenstellende Prozess- und Ergebnisqualität sicherzustellen. Sie schaffen keine neuen rechtlichen Sachverhalte – weder für die Beschäftigten noch für die Bürger*innen. Bei den oftmals komplexen Rechts- und Sachlagen in den Fach- und Querschnittsreferaten müssen die Sachbearbeitungen mit qualifizierten Handreichungen dahingehend unterstützt werden, dass rechtskonforme, einheitliche, sachgerechte und schnelle Entscheidungen getroffen werden können. Dabei zählen Verwaltungsvorschriften oftmals zum täglichen „Handwerkszeug“. Sie konkretisieren den Vollzug bestehender Normen. Der Wegfall würde zu Unsicherheiten, größerem Klärungsbedarf im Einzelfall und eventuell zu einem uneinheitlichen Vollzug führen. Es kommt meines Erachtens nicht auf die Zahl der Verwaltungsvorschriften an, sondern auf deren Qualität.
Sofern Ihre Anträge durch die Ankündigungen des Bayerischen Ministerpräsidenten zu einer „Anti-Bürokratie-Offensive“ auf Landesebene ausgelöst sind, möchte ich festhalten: Eine direkte Vergleichbarkeit zwischen den Landesbehörden und dem Aufbau der Stadtverwaltung ist nicht möglich. Wir haben keinen Aufbau „Ministerium – Mittelbehörde – Vollzugsbehörde“, sondern Fach- und Querschnittsreferate, die – soweit notwendig – mit zielgerichteten Verwaltungsvorschriften direkt ihre Aufgabenerfüllung erleichtern, und kein Ministerium, das Verwaltungsvorschriften für nachgeordnete Behörden erlässt.
Die von Ihnen vorgeschlagene Evaluation neuer Verwaltungsvorschriften binnen Jahresfrist sehe ich als Tagesgeschäft sowohl bei den Leitungsebenen und Vorgesetzten, die diese Regelungen erlassen, als auch bei den vollziehenden Beschäftigten: Erst in der konkreten Umsetzung einer generell-abstrakten Regelung zeigt sich der praktische Mehrwert bzw. ein möglicher Nachschärfungsbedarf. Das ist laufende Verwaltungsaufgabe. Dass dabei die Erfahrungen und Ideen der Beschäftigten angemessen einbezogen werden, ist nach meiner Erfahrung die Regel.
Bei Verwaltungsvorschriften, die eine spürbare Außenwirkung haben, fließen regelmäßig auch Rückmeldungen von Bürger*innen in die Evaluation mit ein. Hier zusätzliche formale Beteiligungsverfahren zu schaffen, würde die Prozesse verkomplizieren und verlängern, einen nennenswerten Zusatznutzen kann ich darin nicht erkennen. Die Ressourcen sind besser inÖffentlichkeitsbeteiligungsprozessen investiert, die für die Bürger*innen wirklich relevante Themen behandeln.
Bezüglich Ihrer Idee, dass umsetzbare Vorschläge zur Entbürokratisierung von Verwaltungsvorschriften aus der Mitarbeiterschaft prämiert werden sollen, möchte ich auf die seit vielen Jahren etablierte Ideenbörse verweisen: Zu jedem Thema, das in der Zuständigkeit der Landeshauptstadt München liegt, kann ein Vorschlag zur Verbesserung von Prozessen, Leistungen und dergleichen beim Betrieblichen Vorschlagswesen (POR-5-IM, Ideenmanagement) eingereicht und mit einer Prämie in Höhe von bis zu 40.000 Euro prämiert werden. Viele der bisher eingereichten Vorschläge zeigen Wege zum Bürokratieabbau auf.
Ihren Ansatz, Verwaltungsvorschriften generell nur noch befristet einzuführen, halte ich für nicht praktikabel. Sachgerechtes Verwaltungshandeln hat kein „Ablauf- oder Verfallsdatum“, sondern muss sich an den bereits erwähnten Kriterien wie Rechtssicherheit, Zuverlässigkeit, und Prozessqualität orientieren.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.