Mangelhafter Polizei-Einsatz gegen rechtsextreme Störung bei Demonstration „Rechtsextremismus stoppen“
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (Die Linke / Die PARTEI) vom 10.6.2024
Antwort Kreisverwaltungsreferentin Dr. Hanna Sammüller-Gradl:
Ich komme zurück auf Ihre Anfrage vom 10.6.2024.
Sie nehmen darin Bezug auf die Durchführung der Versammlung mit dem Thema „Gegen Rechtsextremismus stoppen, Demokratie verteidigen“ auf dem Königsplatz am 8.6.2024 und den überraschenden Bannerdrop sowie den Pyrotechnikeinsatz der „Identitären Bewegung“ ausgehend von einem Gerüst am Gebäude der Antikensammlung.
Dazu teilen Sie in Ihrer Anfrage inhaltlich Folgendes mit:
„Auf der Demonstration am 8.6.2024 am Königsplatz kam es zu einer rechtsradikalen Störung durch ein Banner und Pyrotechnik. Die beiden Rechtsextremen konnten ungestört das Baugerüst an der Antikensammlung benutzen, trotz deutlicher Polizeipräsenz vor und um das Geländer der Antikensammlung herum. Ein Aktivist, der das Banner so schnell als möglich entfernt hatte, um der rechtsextremen Propaganda keinen weiteren Platz zu geben, wurde gemeinsam mit den Rechtsextremen verhaftet, in Gewahrsam genommen und seine beherzte Zivilcourage dadurch gleichgestellt mit einer rechtsextremen Straftat.“
Weiterhin baten Sie den Oberbürgermeister sowie den Polizeipräsidenten folgende Fragen zu beantworten:
Frage 1:
Im Rahmen der steigenden Fallzahlen rechtsextremer Straftaten: mit welcher Gefahreneinschätzung ist die Polizei München in die Einsatzplanung der Großdemonstration gegen rechts am Tag vor der Europawahl gegangen?
Frage 1.1:
Es ist nicht das erste Mal, dass rechtsextreme mit sogenannten „Bannerdrops“ *1,2,3
auf ihre rechte Gesinnung aufmerksam machen. Nachdem die Baugerüste einen vereinfachten Zugang auf die Gebäude gewährleisten: mit welchen Maßnahmen hat die Einsatzleitung sich im Vorfeld auf entsprechende mögliche Gefahrenlagen vorbereitet und diese abgesichert?
*1 https://muenchen-chronik.de/1-2-august-2022-ib-propagandaaktion/
*2 https://muenchen-chronik.de/17-mai-2023-ib-gescheiterte-propagandaaktion/
*3 https://muenchen-chronik.de/13-februar-2020-ib-misslungene-propagandaaktion/
Frage 2:
Wieso haben die Einsatzkräfte nicht sofort gehandelt, sondern die Rechtsextremen in Ruhe auf das Gerüst steigen lassen und ihre Aktion durchführen lassen?
Frage 2.1:
Wie konnten die Einsatzkräfte vom Boden aus entscheiden, nicht sofort zuzugreifen, denn schließlich hätten neben Pyrotechnik und dem Banner auch andere Materialien, wie Waffen, etc. nach oben transportiert werden können?
Frage 2.2:
Haben Einsatzkräfte des USK nicht die notwendige Qualifikation, ein Baugerüst, das TÜV geprüft ist und nach DGUV Information 201-011 „Verwendung von Arbeits-, Schutz- und Montagegerüsten“ aufgebaut wurde, zu betreten?
Frage 3:
Wie begründet die Polizei die Tatsache, dass der Mensch, der das Banner entfernt hat, trotz sofortiger Bereitstellung aller Dokumente zur Identifizierung in Gewahrsam genommen und gleichermaßen wie die Rechtsextremen behandelt wurde?
Frage 3.1:
Wie begründet die Polizei München das Vorgehen, zwei bekannte, rechtsextreme Personen gemeinsam mit der Person, die das Banner entfernt hat, zu verhaften und auch gemeinsam zu transportieren?
Frage 3.2:
Wie wird gerechtfertigt, dass ein zivilcouragiertes Verhalten gleichgesetzt wird mit den Straftaten bereits bekannter Rechtsextremisten?
Frage 4:
Wurden die beiden Rechtsextremen erkennungsdienstlich erfasst? Wenn nein, warum nicht?
Frage 5:
Wurde seitens der Polizei auch nach Personen gesucht/gefahndet, die sich ggf. als Unterstützende/Fotografen der Rechtsextremen in der Demonstration aufhielten? Mit welcher Begründung wurden in dem Versammlungsgeschehen berittene Polizeieinheiten eingesetzt, die seit Jahren umstritten sind und immer wieder zu schweren Verletzungen bei Demonstrierenden führen?*4
*4 https://www.spiegel.de/fotostrecke/castor-transport-brutaler-einsatz-der-polizei-fotostrecke-75607.html
Frage 6:
Wie wurde nach der Aktion die Sicherheitslage der Demonstration eingeschätzt? Welche Abstimmung fand dazu mit der Versammlungsleitung statt?
Frage 7:
Mit den Erfahrungen der Stürmung der Identitären bei einer Lesung in der Münchner Stadtbibliothek (bei der auch die deutliche Kritik laut wurde*5,6, warum diese überhaupt an den Einsatzkräften vorbeigehen konnten) stellt sich die Frage, warum sich diese Situation jetzt wiederholen konnte. Wir möchten wissen:
*5 https://www.abendzeitung-muenchen.de/muenchen/schiefgelaufen-kritik-an-einsatztaktik-der-polizei-muenchen-bei-dragqueen-lesung-in-stadtbibliothek-art-920200
*6 https://risi.muenchen.de/risi/antrag/detail/7834943
Frage 7.1:
Welche Schulungen und Informationen zu rechtsextremen und rechtsradikalen Störmaßnahmen und Straftaten werden den Einsatzkräften zur Verfügung gestellt?
Frage 7.2:
Werden diese entsprechend auf diese Situationen vorbereitet und bezüglicher rechtsextremer Bewegungen in München und Oberbayern regelmäßig geschult?
Frage 7.3:
Warum greifen diese zum wiederholten Mal bei Rechtsextremen scheinbar besonders langsam durch oder sind unzureichend vorbereitet?
Frage 8:
Welche Konsequenzen ergeben sich für die Polizei für die Aufrechterhaltung der Sicherheit in München insbesondere im laufenden Monat, der geprägt ist von Großsportveranstaltungen in Verbindung mit Kongressen, CSD, Europameisterschaft und Megakonzerten, und so für eine komplizierte Gemengelage sorgen wird?“
Antwort zu Fragen 1 bis 8:
Ihre Fragen stehen in einem gleichen thematischen Zusammenhang und richten sich inhaltlich gänzlich an das Polizeipräsidium München, das in seiner Doppelfunktion als operative Versammlungs- und Strafverfolgungsbehörde den Einsatz vor Ort geleitet hat.
Wir haben hierzu eine Stellungnahme des Polizeipräsidium Münchens angefordert und mit Schreiben vom 24.6.2024 nachfolgende Antwort erhalten. Da das Polizeipräsidium München auf die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage eines Mitglieds des Bayerischen Landtags verweist, erfolgt die Beantwortung Ihrer Anfrage hier in einer Antwort für alle Fragen.
Das Polizeipräsidium München teilte Folgendes mit:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Der Polizeieinsatz rund um die Versammlungslage am 8.6.2024 unterliegt aktuell der parlamentarischen Kontrolle im Rahmen einer nahezu inhaltsgleichen Schriftlichen Anfrage eines Mitglieds des Bayerisches Landtages. Wir bitten um Verständnis, dass wir aufgrund der hergebrachten Grundsätze daher derzeit die Anfrage der Stadtratsfraktion nicht beantworten können.
Nach hiesigem Kenntnisstand ist bei der Schriftlichen Anfrage Drucklegung beauftragt. Sollten nach der Veröffentlichung der entsprechenden Drucksache noch Fragen offen sein, bitten wir Sie, erneut auf uns zuzukommen.
Das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration erhält einen Abdruck dieses Schreibens. Vielen Dank für Ihr Verständnis.“
Wir bitten Sie um Verständnis, dass wir als originäre Versammlungsbehörde die Beantwortung der Fragen nicht an Stelle der zuständigen Polizei vornehmen können. Weiterhin bitten wir Sie, sich erneut im Detail an uns oder das Polizeipräsidium München unmittelbar zu wenden, sollten nach der Veröffentlichung der entsprechenden Drucksache der Beantwortung der gemäß Polizeipräsidium München nahezu inhaltsgleichen schriftlichen Anfrage eines Mitglieds des Bayerischen Landtages für Sie noch Fragen offen sein.
Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.