Radfahren in München sicherer machen VI: Bei der Mobilitätswende auch an Seniorinnen und Senioren denken!
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Sabine Bär, Alexandra Gaßmann, Ulrike Grimm, Hans-Peter Mehling, Rudolf Schabl und Thomas Schmid (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 18.10.2022
Antwort Mobilitätsreferent Georg Dunkel:
Wir bitten die verspätete Beantwortung zu entschuldigen. Die Geschäftsordnungsfrist konnte leider nicht eingehalten werden. Wir bedanken uns für die gewährte Fristverlängerung.
Ihrer Anfrage vom 18.10.2022 legen Sie folgenden Sachverhalt zu Grunde: „Laut der Studie Zweiradsicherheit im Überblick der Allianz Deutschland AG sind rund 59 Prozent der im Straßenverkehr getöteten Radfahrerinnen und Radfahrer über 64 Jahre alt. Damit sind ältere Personen als Opfer überproportional häufig vertreten. Das gilt im Übrigen ebenso für schwere Verletzungen bei Fahrradunfällen. Auch laut dem Sicherheitsreport der Polizei München von 2021 ist der Anteil an schwer verunglückten Seniorinnen und Senioren mit 27,6% bei Radfahrerinnen und Radfahrern bei der Gruppe der ‚ungeschützten Verkehrsteilnehmer‘ besonders hoch. Die angestrebte, anstehende Mobilitätswende u.a. auch hin zu mehr Radverkehr nähme damit auch ein weiteres Ansteigen der Opferzahlen bei Seniorinnen und Senioren billigend in Kauf, wenn hier nicht gegengesteuert wird. Der Anteil an schweren Verletzungen bis hin zur Todesfolge bei Rad fahrenden Seniorinnen und Senioren ist deshalb schnell und konsequent aktiv zu reduzieren. Deswegen fragen wir den Oberbürgermeister:
1) Ist der Landeshauptstadt München (LHM) bewusst, dass ein überproportionaler Anteilteil der im Straßenverkehr getöteten Radfahrerinnen und Radfahrer über 64 Jahre alt ist?
2) Welche Konsequenzen zieht die LHM aus dieser Erkenntnis im Rahmen ihrer weiteren Planungen zur Mobilitätswende und der Umsetzung des Radentscheids?
3) Wird auf die Bedürfnisse von Seniorinnen und Senioren im Rahmen der Mobilitätswende bewusst eingegangen? Falls ja, in welcher Form und wie zügig?“
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet. Die darin aufgeworfenen Fragen beantworte ich wie folgt:
Frage 1:
Ist der Landeshauptstadt München (LHM) bewusst, dass ein überproportionaler Anteilteil der im Straßenverkehr getöteten Radfahrerinnen und Radfahrer über 64 Jahre alt ist?
Antwort:
Ende 2021 waren 267.692 Münchner*innen 65 Jahre oder älter – das waren ca. 17 Prozent der Stadtbevölkerung. Diese Altersgruppe reicht von sogenannten Best Agern, die körperlich noch sehr fit sind, bis hin zu Hochbetagten über 90 Jahre. Über 65-Jährige sind im Vergleich zu anderen Altersgruppen als Fußgänger*innen besonders häufig in Unfälle verwickelt. Das erklärt sich zum einen daraus, dass mit zunehmendem Alter viele Menschen weniger Auto und Fahrrad fahren und dafür mehr zu Fuß gehen. Zum anderen ist bei Senior*innen oftmals die Übersicht über das Verkehrsgeschehen eingeschränkter, sie reagieren langsamer und manche sind nicht mehr so gut zu Fuß. So ist für sie z.B. das Überqueren einer Straße ohne Ampel oder Zebrastreifen besonders riskant.
Frage 2:
Welche Konsequenzen zieht die LHM aus dieser Erkenntnis im Rahmen ihrer weiteren Planungen zur Mobilitätswende und der Umsetzung des Radentscheids?
Antwort:
Aus den unter Ziffer 1) genannten Gründen will die Landeshauptstadt München mehr Querungshilfen schaffen sowie die Radverkehrsinfrastruktur für den fließenden und ruhenden Radverkehr und für den Fußverkehr verkehrssicherer ausbauen. Die Förderung und Steigerung des Radverkehrs geht mit dem Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur nach aktuellem Stand der Technik und den geltenden technische Regelwerken sowie den Erkenntnissen der Unfallforschung einher. Von diesen Maßnahmen profitiert besonders auch der Fußverkehr. Durch die Schaffung ausreichend breiter Verkehrsanlagen und damit Bewegungsräume für beide Verkehrsarten wird vermieden, dass Radfahrende, die mit sehr heterogenen Geschwindigkeiten unterwegs sind, zum Überholen auf den Gehweg ausweichen oder mangels Abstellanlagen Fahrräder behindernd auf Fußverkehrsflächen abstellen. Regelkonforme Aufstell- und Begegnungsflächen vor Querungsanlagen und Signalanlagen sorgen dafür, dass der Radverkehr den Fußverkehr nicht gefährdet oder Fußgänger auf Radwegen stehen. Prävention hat einen hohen Stellenwert. Insbesondere gute Sichtbeziehungen und insgesamt eine fehlerverzeihende Infrastruktur tragen zu größtmöglichem Schutz bei. Auch z.B. die verstärkte Reduktion von Geschwindigkeiten aufTempo 30 im Straßennetz und insbesondere der Abbiegegeschwindigkeiten, der Rückbau sog. „freilaufender Rechtsabbieger“ können helfen, Unfälle im Fuß- und Radverkehr, insbesondere auch mit Senior*innen, zu verhindern. Hauptunfallursache bei den Schwerverletzten und Getöteten sind weiterhin geradeaus fahrende Radfahrer*innen und Fußgänger*innen, die von abbiegenden Kraftfahrzeugen erfasst werden.
Frage 3:
Wird auf die Bedürfnisse von Seniorinnen und Senioren im Rahmen der Mobilitätswende bewusst eingegangen? Falls ja, in welcher Form und wie zügig?
Antwort:
Ja. Auf die Bedürfnisse von Seniorinnen und Senioren wird im Rahmen der Mobilitätswende bewusst eingegangen. Dies spiegelt sich zum einen bereits in der Beschlusslage zur Vision Zero wider. Auf den Bericht zum Stand der Umsetzung der „Vision Zero“ (Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 03254) wird insoweit verwiesen.
Zum anderen wird neben den unter Ziffer 2) genannten Infrastrukturmaßnahmen und der allgemeinen Beschlusslage zur Verkehrssicherheit auf diese speziellen Bedürfnisse insbesondere in der Kommunikation des Mobilitätsreferates auf diese Bevölkerungsgruppe eingegangen.
Dazu zählen verschiedene Angebote, die Senior*innen unterstützen, sicher mobil zu bleiben. Hierzu gehören unter anderem spezielle Schulungen zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, Pedelec-Fahrtrainings und geführte Spaziergänge. Diese Maßnahmen fördern eine sichere, umweltfreundliche und unabhängige Mobilität im Alter. Weitere Informationen dazu finden Sie auf der Webseite von „München unterwegs“:
- Mobil sein, mobil bleiben: Aktiv im Alter: https://muenchenunterwegs.de/information/aktiv-im-alter
- Alter – Gut und sicher unterwegs: https://muenchenunterwegs.de/angebote/lebenslagen/im-alter
- Senior*innen-Broschüre 2024 https://muenchenunterwegs.de/content/1422/download/broschure-senioren-2024-web.pdf
Detaillierte und weitergehende Informationen zum Unfallgeschehen, speziell auch zum Personenkreis der Senior*innen können Sie bei Interesse unseren Veröffentlichungen und insbesondere der Broschüre „Auf Null“ des Mobilitätsreferates entnehmen:
https://muenchenunterwegs.de/visionzero/aufnull