Erweiterung der Hilfsangebote für mobilitätseingeschränkte Bürgerinnen und Bürger
Antrag Stadträtin Alexandra Gaßmann (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 16.8.2022
Antwort Mobilitätsreferent Georg Dunkel:
Zunächst bitten wir um Entschuldigung für die späte Antwort auf Ihre Anfrage.
In Ihrem oben genannten Antrag fordern Sie, Hilfsangebote, wie den Bus und Bahn-Begleitservice München während Phasen, in denen öffentliche Verkehrsmittel nicht barrierefrei erreichbar sind, anzubieten.
Weiterhin wird die LHM aufgefordert, die Voraussetzungen für den Begleitservice im Referat für Arbeit und Wirtschaft so zu gestalten, dass die Umsetzung durch die Träger zugunsten der Bürger*innen möglichst unkompliziert und schnell erfolgen kann.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, erlaube ich mir, Ihren Antrag als Brief zu beantworten.
Die Beantwortung als Anschreiben erfolgt in Abstimmung mit dem Referat für Arbeit und Wirtschaft.
Der Bus und Bahn Begleitservice (BBS) wird durch den Projektträger Katholischer Männerfürsorgeverein (KMFV) umgesetzt und finanziert durch das Münchner Beschäftigungs- und Qualifizierungsprogramm des Referats für Arbeit und Wirtschaft.
Zum Antrag gaben SWM/MVG, Projektträger KMFV, der Behindertenbeirat der LHM und das Referat für Arbeit und Wirtschaft Stellungnahmen ab.
Die SWM/MVG teilte Folgendes mit:
„Die SWM/MVG teilt die Wertschätzung für den Bus und Bahn Begleitservice (BBS), die aus den Antragstext spricht. Durch den BBS wird ein wichtiger Beitrag zur lnklusion durch mehr Teilhabe von Personen mit Mobilitätseinschränkungen geleistet.
Neben diesem Antrag liegt ein weiterer SPD-Antrag von 2023 vor (Nr. 20-26/A 04176 von der SPD/Volt-Fraktion vom 25.9.2023), der vom Sozialreferat bearbeitet wird. In diesem Rahmen werden mit allen betroffen Referaten und Beteiligten intensiv nach Lösungsmöglichkeiten für eine Stärkung bzw. Ausbau des BBS gesucht.Die SWM/MVG unterstützt den BBS mit finanziellen Mitteln in Form von Bereitstellung Abotickets, Dienstkleidung, Flyerdruck und fachlicher Expertise.“
Weiterhin wird aus der Stellungnahme des Projektträgers KMFV in Auszügen wie folgt zitiert:
„Umgesetzt mit dem Projektträger Katholischer Männerfürsorgeverein e.V. wurde der Bus & Bahn Begleitservice als Sozialer Betrieb des Münchner Beschäftigungs- und Qualifizierungsprogramms im Jahr 2019 in die Regelförderung durch die Landeshauptstadt München/Referat für Arbeit und Wirtschaft aufgenommen. (…)
Für eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit als Mobilitätsbegleitende im Bus & Bahn Begleitservice müssen die Stelleninhaber*innen die entsprechenden Voraussetzungen der jeweiligen Förderinstrumente erfüllen. (…)
Mit den vorhandenen personellen Ressourcen des Bus & Bahn Begleitservices können die Missstände, die durch Baustellensituationen entstehen, aus unserer Sicht nicht kompensiert werden.
Die Leistungsfähigkeit des Bus & Bahn Begleitservices wird durch die Zahl der geförderten bzw. der potentiell förderfähigen Personen begrenzt.“
Weiterhin zitieren wir aus der Stellungnahme des Behindertenbeirats wie folgt:
„Der Facharbeitskreis (FAK) Mobilität … teilt (der FAK,) in Absprache mit dem Behindertenbeauftragten, Herrn Oswald Utz, die Auffassung, dass bei den oft monate- oder gar jahrelangen Umbausituationen an hochfrequentierten ÖV-Stationen die Zielgruppe des Bus- und Bahnbegleitservices konkrete Hilfe und Unterstützung vor Ort benötigt. (…)
Unabhängig davon, dass dies der BBS nicht leisten kann (wir können dies beurteilen, da wir seit Beginn des Projekts in der Begleitgruppe mitarbeiten), verweisen wir auf die Bringschuld der Bauherren bzw. Verkehrsunternehmen (DB Netz/S-Bahn, SWM/MVG u.a.), die in der Regel nicht dafür Sorge tragen, Baumaßnahmen barrierefrei zu gestalten. Hier ist auch der gesamte Stadtrat gefragt, die Forderungen, die sich aus der Gesetzgebung herleiten, zu unterstützen.
Die vom Mobilitätsreferat festgelegten Standards für barrierefreie Baustellen und die Aussage der Bayerischen Landesregierung – öffentlicher Raum und ÖPNV bis 2023 barrierefrei – müssen endlich ernst genommenwerden. Bis heute stellen Verkehrsunternehmen und Bauherrn sowohl die politischen Gremien und vor allem die Nutzer*innen vor vollendete Tatsachen, die der barrierefreien Bauweise widersprechen. Laim ist dafür ein Beispiel.“
Das Mobilitätsreferat und das Referat für Arbeit und Wirtschaft teilen die Wertschätzung für den Bus und Bahn Begleitservice, die aus dem Antragstext spricht, und sehen das Angebot als wichtiges Instrument einer barrierefreien Mobilität an. Ebenso wird auch der Bedarf gesehen, mobilitätseingeschränkten Bürgerinnen und Bürgern entsprechende Hilfsangebote zur Verfügung zu stellen, um mobile Teilhabe für alle zu realisieren.
Ergänzend dazu hat das Referat für Arbeit und Wirtschaft wie folgt Stellung genommen:
„Das Projekt ‚Bus- und Bahn Begleitservice‘ als Instrument einer barrierefreien Mobilität in München sehen alle Beteiligten als sehr wichtigen Mobilitätsbaustein an. Der Bus- und Bahn Begleitservice wird zudem gut angenommen. Daher ist es umso wichtiger, dass die Begleitung dauerhaft und zuverlässig gesichert werden kann. Das Referat für Arbeit und Wirtschaft fördert den Bus- und Bahnbegleitservice seit Jahren konstant im Rahmen des Münchner Beschäftigungs- und Qualifizierungsprogramms mit jährlich ca. 420.000 Euro. Damit wird der erforderliche Rahmen für das Projekt geschaffen, sowohl was das eingesetzte Personal als auch die Sachkosten anbelangt. In Anbetracht der aktuell angespannten Haushaltslage und der Konsolidierungsbeiträge ist eine darüber hinaus gehende Ausweitung der Förderung nicht möglich.
Ergänzend merken wir an, dass das Sozialreferat aktuell mit der Bearbeitung des Stadtrats -Antrags Nr. 20-26/A 04176 ‚Bus & Bahn Begleitservice – ÖPNV für alle‘ der SPD/Volt-Fraktion beauftragt ist. Im Zuge der Bearbeitung fanden Anfang 2024 Gespräche mit den beteiligten Referaten statt. Hier wurden gemeinsam mögliche Lösungen besprochen. Das Sozialreferat wird über den Eckdatenbeschluss 2025 zusätzliche Stellen/Kapazitäten für den Bus- und Bahn Begleitservice beim Stadtrat beantragen. Die Ergebnisse bleiben abzuwarten, wir sind aber optimistisch, dass im Zuge der Beantwortung des Stadtratsantrags eine zufriedenstellende Lösung zur Stabilisierung gefunden werden kann.“
Dazu ergänzend teilt das Mobilitätsreferat noch Folgendes mit:
Grundsätzlich ist die Barrierefreiheit im ÖPNV seit der Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) im Jahr 2013 gesetzlich verankertund dabei müssen auch weitere Richtlinien und Vorgaben berücksichtigt werden (z.B. BOStrab, BOKraft, H BVA).
Im Rahmen der Fortschreibung des Nahverkehrsplans der Landeshauptstadt München wurde der Baustein „Barrierefreiheit” erarbeitet, in dem neben Mindest- und Regelanforderungen ein Zielkonzept mit Priorisierung für den weiteren barrierefreien Ausbau entwickelt wurde.
Auf Basis dieser Priorisierung entstand ein gemeinsamer Umsetzungsfahrplan zur Herstellung der vollständigen Barrierefreiheit, der vom Stadtrat am 2.2.2022 beschlossen wurde (Sitzungsvorlage 20-26/V 04581).
Zur Beantwortung Ihrer Frage bezüglich Barrierefreiheit von Baustellen können wir Ihnen Folgendes sagen:
Die Landeshauptstadt München hat sich zum Ziel gesetzt, die Maßgaben der UN-Behindertenrechtskommission umzusetzen. Dies spielt auch eine entscheidende Rolle bei der Planung und Ausgestaltung im Sinne der Barrierefreiheit von Baustellenabsicherungen.
Das Mobilitätsreferat hat als Handhabungshilfe vor einigen Jahren den Leitfaden „Barrierefreiheit bei Baustelleneinrichtungen“ in Zusammenarbeit mit dem Behindertenbeirat der Landeshauptstadt München und dem städtischen Beraterkreis für barrierefreies Planen und Bauen entwickelt. Dieser Leitfaden wird im Internet als Download angeboten und an Baufirmen verteilt, um den aktiven Akteuer*innen an der Baustelle eine sinnvolle und zielgerichtete Lösung anzubieten.
Die konkreten Vorgaben im Sinne von (auch ahndungsfähigen) Auflagen für die Absicherung und Beschilderung von Baustellen, die dann vor Ort zu verwenden sind, richten sich nach den gesetzlichen Bestimmungen der StVO (Straßenverkehrs-Ordnung) sowie der RSA21 (Richtlinie zur verkehrsrechtlichen Sicherung von Arbeitsstellen). Die dortigen Ausführungen und Maßgaben zu vor allem Mindestmaßen hinterfragen unsere Kolleg*innen regelmäßig kritisch, fordern in der Regel einen höheren Maßstab und dessen Einhaltung. Leider ist es aber in einigen Fällen nicht möglich, mehr als Mindestmaße anzuordnen, weil der Bestand vor Ort (z.B. schmaler Gehweg) oft keine andere Möglichkeit bietet. In diesen Fällen muss dann eine Ermessensabwägung unter Berücksichtigung der Interessen aller Verkehrsteilnehmenden erfolgen.Konkret zur Baustellensituation am Laimer Bahnhof im Jahr 2022 können wir Folgendes mitteilen: Das (barrierefreie) Erreichen der Bahnsteige sowie die Entscheidung über etwaige baustellbedingte Sperren von Zugängen betrifft nur die Deutsche Bahn, da die Zugänge auf deren Privatgrund liegen. Das Mobilitätsreferat als Straßenverkehrsbehörde ist lediglich für die verkehrssichere Ausgestaltung der öffentlichen Straßen und Wege zuständig, hat aber keine Handlungsmöglichkeiten innerhalb des Bahnhofs.
Fazit:
Dem Mobilitätsreferat ist die mobile Teilhabe von Menschen mit Behinderungen ein wichtiges Anliegen. Daher befürworten wir die inhaltliche Intention des Antrags und werden die Thematik in der künftigen Teilstrategie „Mobilität für alle“ aufgreifen und prüfen, damit sich möglichst alle Menschen selbstständig und barrierefrei im ÖPNV fortbewegen können.
Wir hoffen, auf Ihr Anliegen hinreichend eingegangen zu sein, und gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.