Recht auf analoges Leben – München geht voran
Antrag Stadtrats-Mitglieder Roland Hefter, Anne Hübner, Christian Köning, Barbara Likus und Cumali Naz (SPD/Volt-Fraktion) vom 9.9.2024
Antwort IT-Referentin Dr. Laura Dornheim:
In Ihrem Antrag wird die Stadtverwaltung aufgefordert, „die notwendige und fortschreitende Digitalisierung der städtischen Angebote bürgerorientiert umzusetzen. Das bedeutet auch, dass es immer auch analoge Services geben muss für die Menschen, die Internet und Smartphones nicht oder nicht regelmäßig nutzen. Es braucht ein Recht auf ein analoges Leben. Gleiches gilt für die städtischen Gesellschaften in der Daseinsvorsorge.
Begründung
Die SPD/Volt-Fraktion setzt sich seit Jahren für mehr Digitalisierung und damit eine bürgerfreundlichere Stadtverwaltung ein. Mehr und mehr Bürgerservices werden digital angeboten. Das macht eine moderne Stadtverwaltung aus. Dieser Prozess soll stetig weitergehen. Digitalisierung muss sich aber immer an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger orientieren und soll den Alltag erleichtern. Einen Digitalzwang darf es daher nicht geben. Presseberichten zufolge haben circa drei Millionen Menschen in Deutschland noch nie das Internet genutzt. Auch in München haben oder wollen viele Menschen kein Smartphone. Für sie müssen alle Angebote der Stadt auch weiter analog zur Verfügung stehen.“
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, erlaube ich mir, Ihren Antrag als Brief zu beantworten.
Das IT-Referat begrüßt ausdrücklich die Forderung, die Digitalisierung bedarfsgerecht für die Menschen unserer Stadt zu gestalten. Wichtiges Kredo ist es, dass sich Analoges und Digitales sinnvoll ergänzen. Um dies sicherzustellen, greifen verschiedene Rahmenbedingungen und gelebte Praxis ineinander, auf die ich im Folgenden gerne näher eingehe. „Die Digitalisierung muss dem Menschen dienen – und nicht umgekehrt.“ (Zitat Dieter Reiter, Oberbürgermeister). Die Digitalisierung muss die Gemeinschaft, die Inklusion und die Partizipation stärken und Digitale Teilhabe ermöglichen. Genau darauf fußt unsere städtische Digitalisierungsstrategie. Mehr noch, die Stadt München hat sich darin bereits positioniert und übernimmt als Kommune eine digitale Verantwortung.
Als Querschnittsreferat berät das IT-Referat andere Referate und Eigenbetriebe bei allen Digitalisierungsthemen. Bei der Frage, was und wie digi-talisiert wird, sind die strategischen Prinzipien der städtischen Digitalisierungsstrategie leitend.
- „(…) Wir gestalten Digitalisierung, die sich an den Bedürfnissen der Menschen in unserer Stadt orientiert. (…)“ (vgl. Vision der städtischen Digitalisierungsstrategie) und zwar: nachhaltig, sozial und menschenfreundlich. Als Wertekodex dienen die strategischen Prinzipien der Digitalisierungsstrategie.
- Beispielhaft zielt das strategische Prinzip für „Gleichstellung, Inklusion, Diskriminierungs- und Barrierefreiheit“ darauf ab, dass alle Menschen der Münchner Stadtgesellschaft chancengleich an der Digitalisierung teilhaben und von ihr profitieren können. Das Prinzip Kund*innen-Orientierung leitet an, dass die Entwicklung digitaler Angebote der Stadt München unter konsequenter Berücksichtigung der Anforderungen und Bedürfnisse der Bürger*innen, Unternehmen und ihrer Partner*innen erfolgt. Und letztlich zielt das Prinzip „Digitale Souveränität“ vor allem darauf ab, dass die Stadt München und ihre Beschäftigten, aber auch die Mitglieder der Stadtgesellschaft ihre Rollen und Aufgaben auch in der digitalen Welt selbständig, eigenverantwortlich und sicher ausüben können.
Das IT-Referat setzt hiermit einen verbindlichen Rahmen für die Digitalisierung in der Stadtverwaltung. Welche Angebote in digitaler Form die Referate und Eigenbetriebe für ihre Zielgruppen als angemessen und sinnvoll erachten, entscheiden diese eigens.
Besonders erfreulich ist, dass die Koordinierungsstelle „Digitale Teilhabe“ als zentrale Anlaufstelle innerhalb der Stadtverwaltung im IT-Referat angesiedelt ist. Sie bündelt die Angebote Digitaler Teilhabe zielgruppengenau und macht diese für die Stadtgesellschaft sichtbar. Denn zusammen mit den Fachreferaten sind stadtweit bereits viele zusätzliche Angebote zur Digitalen Teilhabe für potentiell benachteiligte Personengruppen entstanden, wie z.B.: die finanzielle Unterstützung für Senior*innen, Leihgeräte, Public-PCs (z.B. Stadtteilbibliotheken), Schulungsangebote wie PC-Einführungskurse (Münchner Volkshochschule) und die digitale Beratung und Förderung digitaler Kompetenzen wie der Digitalen Hilfe an drei Standorten, Bildungslokale, CUP, ReDI-School. Eine genaue Übersicht hierzu findet sich auf www.muenchen.digital*1. Die Seite gibt mit den Kategorien „Digitaler Zugang“ und „Digitalkompetenz“ aktuell Auskunft über die städtischen Informations-/Bildungsangebote und Zugangswege zu digitaler Technik.Darüber hinaus ist unerlässlich, sich ein genaues Bild zu verschaffen, „wer“ analoge Angebote/Services in München vor allem nutzt. Nur so können wir perspektivisch einschätzen, für welche Gruppe analoge Angebote wichtig sind. Auch in Anbetracht der aktuellen Haushaltslage ist es im städtischen Interesse, Digitales dann anzubieten, wenn es die Zielgruppen auch erreicht.
Ausblick: Die städtische Koordinierungsstelle „Digitale Teilhabe“ schafft Transparenz für alle Angebote Digitaler Teilhabe, dabei steht auch die bedarfsgerechte Weiterentwicklung dieser Angebote für die Münchner Stadtgesellschaft im Vordergrund. Erst kürzlich hat der Stadtrat das IT-Referat (SV 20-26/V 14032) beauftragt, eine Studie zur Ermittlung der Situation der Digitalkompetenz und Digitalnutzung in München differenziert nach Geschlecht durchzuführen. Anknüpfend an die Maßgabe, allen Bürger*innen niederschwelligen Zugang zu digitalen Endgeräten zu ermöglichen (siehe Digitalisierungsradar)*2, wird dem Stadtrat voraussichtlich im ersten Quartal 2026 eine Bedarfseinschätzung für München zur Entscheidung vorgelegt werden.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.
*1 https://muenchen.digital/projekte/digitale-teilhabe/digitale-teilhabe-angebote.html
*2 https://muenchen.digital/digitalisierungsradar/Gemeinschaft-und-Teilhabe.html