In Abwasserproben aus vier deutschen Städten wurde genetisches Material von Schluckimpfstoff-abgeleiteten Polioviren nachgewiesen. Die Proben stammen aus München, Bonn, Köln und Hamburg. In einer Folgebeprobung des Abwassers von München durch die Ludwig-Maximilians-Universität wurden jedoch keine Polioviren mehr nachgewiesen. Bislang sind zudem deutschlandweit keine Polioverdachtsfälle oder Erkrankungsfälle bekannt.
Eine Überprüfung des Impfstatus gegen Polio, gegebenenfalls eine Vervollständigung oder Auffrischung entsprechend den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO), ist allerdings dennoch anzuraten.
Um Erkenntnisse über die Ausbreitung von Krankheitserregern wie Corona- oder Polioviren zu gewinnen, nutzt die WHO weltweit zunehmend die relativ neue Methode der Abwasseruntersuchungen. Auch das Münchner Abwasser wird seit 2023 im Rahmen eines Forschungsprojekts des Tropeninstituts der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in Kooperation mit dem Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) und dem Gesundheitsreferat (GSR) engmaschig auf Krankheitserreger überwacht. Das sogenannte „Abwasser-Monitoring“ ist ein innovatives und präventives Frühwarnsystem. Das GSR steht seit Bekanntwerden des Ergebnisses in engem Austausch mit der LMU, dem LGL und dem RKI.
Poliomyelitis („Kinderlähmung“) ist eine hochansteckende Krankheit, die vor allem Kinder unter fünf Jahren betrifft und bei nicht ausreichend immunisierten Personen im schlimmsten Fall zu dauerhaften Lähmungen führen kann. Sie wird vor allem durch Schmierinfektion (Stuhl-Hand-Mund) übertragen, weshalb eine sorgfältige Händehygiene wichtig ist. Die Krankheit kann durch Polioimpfungen wirksam verhindert werden.
Weltweit existieren zwei Arten von Polioimpfstoffen: eine Schluckimpfung, die abgeschwächte, vermehrungsfähige Impfviren enthält; und ein inaktivierter Polioimpfstoff, der in den Muskel gespritzt wird. Die Schluckimpfung wird derzeit noch in manchen Ländern eingesetzt, aber nicht mehr in Deutschland. Die Schluckimpfung ist sehr effektiv, jedoch können die abgeschwächten Impfviren wieder ausgeschieden werden und sich genetisch so verändern, dass sie andere Menschen infizieren und eine symptomatische Erkrankung hervorrufen können. In Deutschland wird daher seit 1998 ausschließlich der inaktivierte (IPV-)Impfstoff verimpft. Menschen, die mit IPV-Impfstoff geimpft wurden, sind vor der Erkrankung sehr gut geschützt. Der IPV-Impfstoff ist sicher und wirksam.
Die Grundimmunisierung beginnt bei Säuglingen ab dem vollendeten zweiten Lebensmonat. Sie umfasst drei Impfungen bis zum Ende des ersten Lebensjahres, die in der Regel als Kombinationsimpfungen im Rahmen der sog. 6-fach Impfung gegeben werden. Um einen langanhaltenden Impfschutz zu erzielen, empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO), nach der vollständigen Grundimmunisierung eine Auffrischimpfung im Alter von 9 bis 16 Jahren. Wurde die Grundimmunisierung erst im Erwachsenenalter durchgeführt, so sollte eine einmalige Auffrischimpfung in einem Mindestabstand von zehn Jahren nach der letzten Impfstoffdosis der Grundimmunisierung erfolgen.
Wer in ein Polio-Risikogebiet reist, sollte in jedem Fall seinen Impfschutz prüfen und diesen gegebenenfalls auffrischen lassen. Auch Personen, die berufliche Tätigkeiten mit erhöhtem Infektionsrisiko ausüben, insbesondere in medizinischen Berufen, sollten einen vollständigen Polio-Impfschutz besitzen. Auch bei derartigen individuellen Impfindikationen sind gegebenenfalls Auffrischimpfungen notwendig.
Weitere Infos zur Überprüfung des Polio-Impfschutzes unter https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/ImpfungenAZ/Polio/Polio.html. Die Impfung gegen die Kinderlähmung wird zumeist als Kombinationsimpfstoff gegeben, es gibt sie aber auch als Einzelimpfstoff. Bei Personen, die sich gemäß den Empfehlungen der STIKO impfen lassen, übernimmt die Krankenkasse in der Regel die Kosten. Alle anderen sollten nachfragen, ob die Krankenkasse die Impfung erstattet.
Das Gesundheitsreferat bietet über seine Impfberatungsstelle Aufklärung bei allen Fragen rund um den Impfschutz an. Sie ist montags bis freitags von 11 bis 12 Uhr unter der Telefonnummer 233-66907 zu erreichen. Impfungen können bei der zuständigen Hausarztpraxis, aber auch in der Impfstelle des Gesundheitsreferates durchgeführt werden. Eine Terminvereinbarung dort kann unter Telefon 233-66912 (Montag bis Freitag von 9 bis 12 Uhr und zusätzlich Montag bis Donnerstag von 13 bis 15 Uhr) erfolgen. Weitere Informationen unter www.muenchen.de/impfen.