Verstoß gegen Antikorruptionsrichtlinien durch Vorkaufsrecht für Tickets der UEFA EURO 2024?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (Die Linke / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 10.10.2024
Antwort Stadtschulrat Florian Kraus:
Auf Ihre Anfrage vom 10.10.2024 nehme ich Bezug.
Sie haben Ihrer Anfrage folgenden Text vorausgeschickt:
„Nach der Veröffentlichung einer Recherche von Correctiv.org und FragDenStaat wurde bekannt, dass die UEFA allen Austragungsstädten der Fußball-Europameisterschaft 2024 ein Vorkaufsrecht für Tickets angeboten hat. Die Landeshauptstadt München bekam das Vorkaufsrecht für insgesamt 4.200 Tickets und hat davon insgesamt 2.029 Tickets angenommen.
Correctiv.org und FragDenStaat schreiben:
‚Der Vorgang ist politisch relevant – für die Glaubwürdigkeit der Kommunalpolitik. Denn die Verantwortlichen in den Städten waren es, die sich entschieden, viel Geld für die EM in Deutschland auszugeben – durch Public Viewing-Bereiche, Infrastruktur, Sicherheitsvorkehrungen.
In den Monaten vor dem Turnierstart mussten viele Entscheidungen getroffen werden, in denen Interessen der Stadt, der UEFA und der Öffentlichkeit abgewogen werden mussten.
Wenn die für die Umsetzung zuständigen Mitarbeitenden der Städte ein besonderes Bonbon angeboten bekommen, das sie dem Fußball-Fest (noch) zugeneigter machen, hat das zumindest ein Geschmäckle.‘
Die Städte Hamburg, Frankfurt am Main und Leipzig nahmen das Angebot der UEFA nicht an.
Eine Sprecherin der Leipziger Stadtverwaltung schrieb auf Anfrage dazu: ‚Der Vorschlag zur Ablehnung kam von beteiligten Stadtämtern sowie dem Antikorruptionsbeauftragten.‘
Mehrere Expert*innen sehen solche Vorkaufsrechte an Kommunen und Behörden kritisch, wie dem Artikel weiter zu entnehmen ist.
‚Wenn das Kartenkontingent in die Verlosung geht, halte ich das für wenig problematisch,‘ sagt Politikwissenschaftlerin Anna Schwickerath von der Uni Köln. Problematischer wird es aber, wenn Tickets gezielt an Personen gehen, die ‚Einfluss im Rahmen des Organisationsprozesses nehmen‘.
Der Jurist Till Zimmermann von der Heinrich-Heine-Universität sieht dagegen bereits ‚einen Vorteil darin, dass Tickets bei gleichzeitig großer Nachfrage angeboten wurden‘.
Das Argument – wie von der Stadt München gebracht – es ist der reguläre Kaufpreis bezahlt worden, sei korruptionsstrafrechtlich irrelevant.“
Zu den von Ihnen gestellten Fragen teile ich Ihnen Folgendes mit:
Frage 1:
Warum kommen die Antikorruptionsbeauftragten der Landeshauptstadt München nicht zu demselben Ergebnis wie die Stadt Leipzig?
Antwort:
Die Entscheidung der Landeshauptstadt München beim Umgang mit den angebotenen Kaufoptionen beruhte auf folgenden Erwägungen:
Für die UEFA EURO 2024 hat die EURO 2024 GmbH mit den Ausrichterstädten verschiedene Verträge (sog. Sideletter) abgeschlossen, welche die jeweiligen Rechte und Pflichten konkretisieren. Im Sideletter Host City Rechte wurde der Landeshauptstadt München ein Kontingent von Kauftickets für jedes in München stattfindende Spiel eingeräumt. Hierbei handelt es sich um Kaufoptionen, die den Erwerb eines Tickets zum regulären Kaufpreis direkt von der EURO 2024 GmbH ermöglichen.
Von dieser vertraglichen Vereinbarung hat die Landeshauptstadt München Gebrauch gemacht, dabei jedoch selbst keine Tickets erworben. Der weit überwiegende Teil der Kaufoptionen wurde unter den mehr als 43.000 städtischen Beschäftigten verlost, die sie dann zum regulären Kaufpreis erwerben konnten. Wenige Kaufoptionen wurden nach strengen Kriterien internen und externen Projektbeteiligten angeboten, die intensiv und mit hohem persönlichem Engagement die Durchführung dieser Veranstaltung möglich gemacht haben. Diese Vorgehensweise, die in transparenter Weise auf vertraglicher Grundlage geregelt wurde, stellt eine sozialadäquate Geste der Wertschätzung dar. Bei den Projektbeteiligten kann zudem auch ein dienstliches Interesse in Bezug auf die Vorbereitung und Planung ähnlicher Sportereignisse und Großveranstaltungen angenommen werden. Überdies wurde von allen Käufer*innen der reguläre Kaufpreis bezahlt.
Soweit andere Ausrichterstädte entschieden haben, nicht von dieser vertraglichen Vereinbarung Gebrauch zu machen, bleibt ihnen dies selbstverständlich unbenommen. Die Gründe, aus denen sich die Stadt Leipzig gegen die Annahme der angebotenen Kaufoptionen entschieden hat, sind nicht bekannt.
Frage 2:
Gab es Freitickets? (Wenn ja, wie viele?)
Antwort:
Tickets für einen kostenfreien Zugang wurden ausschließlich für Repräsentationszwecke abgegeben. Insgesamt waren dies 60 Zugangsberechtigungen, verteilt auf sechs Spiele.
Empfänger*innen waren hochrangige Vertretungen des Freistaats Bayern, der Landeshauptstadt München, der Generalkonsulate der in München spielenden Nationalmannschaften, der Partnerstädte Münchens und des Bayerischen Fußballverbandes sowie die beiden Münchner EURO-Botschafter*innen.
Frage 3:
Hatten alle Beschäftigten (inklusive Nachwuchskräfte) Zugang zur Verlosung?
Antwort:
Ja. Die Verlosung erfolgte über das Intranet der Landeshauptstadt München (WiLMA).
Frage 4:
Wie ist der zukünftige Umgang mit Ticketangeboten bei Großveranstaltungen geplant?
Antwort:
Der Umgang mit Ticketangeboten bei Großveranstaltungen ist jeweils einzelfallbezogen zu beurteilen. Den Ausgangspunkt bilden dabei stets der vertragliche Rahmen und der vom Veranstalter angebotene Umfang. Bei der Entscheidung, ob und in welcher Zahl Tickets in Anspruch genommen werden, fließen viele Faktoren ein, wie etwa die Art und Größe der Veranstaltung, der von der Landeshauptstadt München zu erbringende Beitrag und der mit der Weitergabe von Kaufoptionen verfolgte Zweck. Vor diesem Hintergrund ist eine allgemeingültige Regelung für alle in München stattfindenden Großveranstaltungen, jedenfalls zum aktuellen Zeitpunkt, nicht möglich.
Frage 5:
Laut dem Artikel hat die LHM 2.029 Tickets in Anspruch genommen. Wie kommt diese Zahl zustande?
Antwort:
Dies ist die Summe der Kaufoptionen, die von Beschäftigten, Mitgliedern des Stadtrates und Projektbeteiligten tatsächlich in Anspruch genommen wurden.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.