Antragsflut bei der wirtschaftlichen Jugendhilfe?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Alexandra Gaßmann und Jens Luther (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 24.10.2024
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
In Ihrer Anfrage vom 24.10.2024 führen Sie Folgendes aus:
„Wie die Süddeutsche Zeitung am 22.10.2024 berichtete, ist derzeit die Münchner KITA-Förderung nicht für alle Kindertagesstätten umsetzbar. So sind ca. 3.500 Betreuungsplätze außerhalb der städtischen Förderung und oftmals müssen die betroffenen Familien auf Grund der hohen Kosten die wirtschaftliche Jugendhilfe in Anspruch nehmen. Derzeit sollen noch ca. 1.100 Anträge in Bearbeitung sein, obwohl die Betreuungskosten bereits von den Eltern in voller Höhe bezahlt werden müssen.“
Zu Ihrer Anfrage vom 24.10.2024 nimmt das Sozialreferat im Auftrag des Herrn Oberbürgermeisters im Einzelnen wie folgt Stellung:
Frage 1:
Wie lange ist derzeit die durchschnittliche Bearbeitungszeit für Anträge auf wirtschaftliche Jugendhilfe?
Antwort:
Eine automatisierte statistische Auswertung der „Bearbeitungszeit“ ab Antragstellung bis zur Entscheidung ist mit dem derzeitigen IT-Fachverfahren im Bereich der Wirtschaftlichen Jugendhilfe nicht möglich.
Für die Gesamtdauer des Antragsprozesses sind zudem zwei verschiedene Sphären maßgeblich, der der antragstellenden Familien und die Wirtschaftliche Jugendhilfe. Einen großen Einfluss auf die Dauer des Antragsverfahren hat die Vorlage der erforderlichen und vollständigen Unterlagen/ Nachweise durch die antragstellenden Familien. In der Regel werden die Familien unmittelbar nach Antragstellung angeschrieben, die benötigten Unterlagen/Nachweise innerhalb von 4 Wochen einzureichen. Je nachdem, wie sich die Lebens- und Einkommenssituation gestaltet, reichen die Familien die Unterlagen/Nachweise innerhalb von 4 Wochen ein. Liegen dann die notwendigen und erforderlichen Unterlagen/Nachweise vollständig vor, führt die Wirtschaftliche Jugendhilfe in der Regel innerhalb von 14 Tagen eine Entscheidung über den Antrag herbei. Auch weil die Anträge priorisiert bearbeitet wurden/werden.
Bezüglich der im Bericht der Süddeutsche Zeitung genannten offenen Anträge von 1.100 ist zu erwähnen, dass es sich hierbei auch um Anträgehandelt, welche erst nach dem Betreuungsbeginn 1.9.2024 eingegangen sind.
Frage 2:
Wie lange ist die maximale Bearbeitungszeit?
Antwort:
Wie bereits bei Frage 1 erläutert, kann aus den genannten Gründen auch keine maximale Bearbeitungszeit ermittelt werden.
Frage 3:
Wie lange waren die Bearbeitungszeiten im letzten Jahr?
Antwort:
Zum Verfahren und der statistischen Auswertungsmöglichkeit wird auf die Ausführungen zu Frage 1 verwiesen.
Auch im letzten Jahr betrug die Bearbeitungszeit nach Vorlage der vollständigen Antragsunterlagen in der Regel 14 Tage. Aufgrund der gestiegenen Antragszahlen zum Betreuungsbeginn 1.9.2024 war die Sichtung und anschließende Information an die Familien über die benötigen Unterlagen/ Nachweise nicht immer unmittelbar möglich.
Es konnte aber durch die vom Sozialreferat eingerichtete Servicestelle Ki-Ta-Beiträge sichergestellt werden, dass der zeitliche Zusammenhang zur Antragstellung gewahrt blieb.
Frage 4:
Ist die Bearbeitungszeit aus der Sicht des Sozialreferates akzeptabel? Wenn nein: Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, um die Bearbeitung zu beschleunigen?
Antwort:
In Anbetracht der Umstellung der Förderrichtlinie und der sich daraus ergebenden deutlich gestiegenen Antragsstellungen sowie das geringe Beschwerdeaufkommen zeigen, dass die vom Sozialreferat ergriffenen Maßnahmen geeignet waren, die Bearbeitungszeiten so kurz wie möglich zu halten. Hierzu zählte in erster Linie die Einrichtung der Servicestelle Kita-Beiträge, die das Antragsverfahren für die Bürger*innen durch persönliche Vor-Ort-Termine und fallvorbereitende Bearbeitung beschleunigt hat.
Auch die Akquise von insgesamt 17 neuen Mitarbeiter*innen für die WJH, die ab Oktober nach und nach die Arbeit aufnehmen sowie eine auf die ak-tuelle Situation qualitativ und quantitativ angepasste Einarbeitung wird zu einer weiteren Beschleunigung der Bearbeitung in diesem Bereich führen.
Frage 5:
Wie geht das Sozialreferat mit den noch nicht verbeschiedenen Anträgen um, damit Eltern nicht in eine finanzielle Schieflage geraten?
Antwort:
Als erste Maßnahme wurde ab 21.10.2024 die Neuantragstellung für die Kita-Beiträge wieder in die originäre SBH-Struktur gegeben, sodass die Mitarbeiter*innen in der Servicestelle die dort bereits anhängigen Verfahren beschleunigt abarbeiten und zur Entscheidungsreife bringen können. Des Weiteren werden in den SBH im Bedarfsfall Fälle vorgezogen bearbeitet, um z.B. den Verlust des Betreuungsplatzes zu vermeiden.
Frage 6:
Wieviel wirtschaftliche Jugendhilfe wird in diesem Kita-Jahr ausbezahlt?
Antwort:
Im laufenden Kita-Jahr (ab Sept. 2024) wurden bisher 1.855.691,94 Euro (Sept. 2024) für die „Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen – Hilfegewährung in Einrichtungen“ ausbezahlt.
Hier gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass auf dieser Haushaltsstelle auch die Kosten der Mittagsbetreuung gem. § 22a SGB VIII inkludiert sind. Eine getrennte Darstellung nur der Kita-Kosten ist nicht möglich. Eine verlässliche Prognose für das gesamte Kita-Jahr (Sept. 2024 mit Aug. 2025) lässt sich aufgrund des frühen Zeitpunktes jedoch noch nicht abgeben.
Frage 7:
In welchem Verhältnis stehen diese Ausgaben zu den letzten drei Jahren davor?
Antwort:
Vergleicht man die Ausgaben der Kita-Jahre (jeweils Sept. mit Aug. des Folgejahres)
-2021/2022 (11.287.153,07 Euro),
-2022/2023 (13.429.453,04 Euro) und
-2023/2024 (15.223.219,34 Euro)
ist eine deutliche Steigerung der Ausgaben über die vergangenen drei Jahre hinweg zu sehen.Auch hier sind die Kosten der Mittagsbetreuung gem. § 22a SGB VIII inkludiert, da wie oben bereits erwähnt, eine getrennte Darstellung nur der Kita-Kosten nicht möglich ist.
Die Steigerung der Kosten im Kita-Jahr 2023/2024 ist jedoch nicht der Umstellung des Fördersystems geschuldet, da dieses erst ab September 2024 zum Tragen kommt.
Vielmehr dürften die allgemeine Kostensteigerung und zusätzlich die mediale Aufmerksamkeit im Hinblick auf die Umstellung des Fördersystems dazu beigetragen haben.