Schaffung von zusätzlichem Wohnraum II – Überblick Baurechtsreserven
Antrag Stadtrats-Mitglieder Andreas Babor, Alexandra Gaßmann, Heike Kainz, Winfried Kaum, Hans-Peter Mehling, Manuel Pretzl, Alexander Reissl und Thomas Schmid (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 26.6.2023
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk:
In Ihrem Antrag fordern Sie die Landeshauptstadt München auf zu prüfen, wie hoch das noch bestehende Potenzial für Baurechtsreserven in München ist. Das Prüfungsergebnis soll Aussagen darüber enthalten, wie hoch die Baurechtsreserven aus bestehenden Bebauungsplänen sowie aus Flächen, die nach § 34 Baugesetzbuch (BauGB) beurteilt werden, und aus anderen noch zu überbauenden Flächen sind. Zudem soll benannt werden, wieviel vorhandene Baurechtsreserven in München bisher ausgeschöpft wurden.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt erlauben wir uns, Ihren Antrag als Brief zu beantworten:
Baurechtsreserven bzw. Baurechtspotenziale in München
Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung erfasst im Rahmen der „Langfristigen Siedlungsentwicklung“ (LaSie) in unregelmäßigen Zeitabständen die größeren Potenzialflächen für eine bauliche Entwicklung in München. Eine letzte Zusammenstellung dieser Potenziale ist im zweiten LaSie-Statusbericht, der in der Vollversammlung vom 24.10.2018 (Sitzungsvorlagen Nr. 14-20/V12595, S. 4f) beschlossen wurde, enthalten.*1
Die Darstellung erfolgte differenziert nach den drei Strategien der langfristigen Siedlungsentwicklung „Verdichten“, „Umstrukturieren“ und „Erweitern“. Das Wohnbaupotenzial umfasste nach dieser Erhebung aus dem Jahr 2018 rund 72.500 Wohneinheiten mit einem Realisierungszeitraum von 20 Jahren.
Die Auswertung enthielt insbesondere die damals aktuellen und geplanten Bebauungsplanverfahren, die Stadtentwicklungsmaßnahme Nordost sowie einzelne Projekte in Gebieten des § 34 Baugesetzbuch (BauGB). Seit der letzten Erfassung wurden einige größere Entwicklungsprojekte vom Stadtrat beschlossen und befinden sich in der Realisierung, zum Beispiel der Bebauungsplan zur ehemaligen Bayernkaserne (2019), der Bebauungsplan Zschokkestraße (2020) oder der Bebauungsplan Hochmuttinger Straße (2020). Projekte, die sich noch im Verfahren befinden und damit zu den offenen Potenzialen zählen, sind beispielsweise die Bebauungspläne Eggarten-Siedlung, 5. BA Messestadt Riem und Heltauer Straße.
Die Potenzialzahlen, insbesondere bei den Strategien, die auf eine mittel- bis langfristige Mobilisierung abzielen, sind abhängig von den jeweiligen Rahmenbedingungen und daher regelmäßig anzupassen. Parallel zur kontinuierlichen Realisierung von Wohnbauflächen beeinflussen weitere Faktoren, wie die Identifizierung neuer Potenziale oder Veränderungen bei stadtentwicklungsplanerischen Zielen (z.B. im Rahmen der Umstrukturierung/Transformation oder der Verdichtung), den Umfang der vorhandenen Potenziale.
Grundsätzlich zeigt sich bei den aktuell bekannten Entwicklungsprojekten eine weiter zunehmende Komplexität und intensivere Diskussion mit der Öffentlichkeit bezüglich der Dichte, der Infrastrukturausstattung und der Verkehrserschließung. Damit entsteht eine zunehmende Unsicherheit hinsichtlich des Potenzialumfangs und des Zeithorizonts. In einem nächsten Statusbericht zur langfristigen Siedlungsentwicklung, der voraussichtlich 2025 dem Stadtrat vorgelegt werden kann, soll diese Potenzialschätzung aktualisiert werden.
Baurechtsreserven im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB)
Der unbeplante Innenbereich nach § 34 BauGB im München umfasst geschätzt gut 10.000 ha und macht damit etwa ein Drittel der gesamten Stadtfläche aus. Die Aktivierung dieser Baurechtsreserven ist ein wichtiger Baustein zur Versorgung der wachsenden Bevölkerung in München mit Wohnraum. Wie aus dem Wohnungsbauatlas für München und die Region*2 aus dem Jahr 2022 hervorgeht, ist in den Jahren 2017 bis 2020 jede zweite neue Wohneinheit in München in diesem Gebiet entstanden. Dies waren im Schnitt rund 4.000 Wohnungen pro Jahr. Bei einem großen Teil der Flurstücke erscheint eine Realisierung des Baurechts in den kommenden 20 Jahren jedoch äußerst schwierig, beispielsweise bei Flurstücken mit sehr vielen Eigentümer*innen (Wohneigentumsgemeinschaften). Insofern ist eine (meist händisch durchzuführende) Abschätzung dieses theoretischen Potenzials nicht aussagekräftig. Auch sind Aktivierungsstrategien über sog. Baulückenkataster aus kommunaler Sicht sehr aufwändig und kaum wirksam. Die dafür erforderlichen Ressourcen stehen überdies nicht zur Verfügung. Anstelle einer stadtweiten Kartierung, wie es viele kleinere Städte machen und die für eine Stadt in der Größe Münchens nicht leistbar wäre, werden Flächen gemäß den oben skizzierten LaSie-Strategien priorisiert und über informelle Planungskonzepte konkretisiert. So werden gezielt Entwicklungen angestoßen, wie z.B. bei den Gebieten Eggarten-Siedlung und Siedlung Ludwigsfeld. Darüber hinaus sollen in Zukunft Schätzungenüber die Entwicklungen im unbeplanten Innenbereich zunehmend ressourcenschonend in Form digitaler bzw. geostatistischer Methoden erfolgen.
Baurechtsreserven in Bebauungsplan-Gebieten
Gebiete, für die ein qualifizierter Bebauungsplan besteht, machen in München rund ein Drittel der gesamten Stadtfläche aus. Durch neue Bebauungspläne wurde in den letzten 10 Jahren jährlich Baurecht für etwa drei bis vier Tausend Wohneinheiten neu geschaffen. Offenes Baurecht fällt hier zum größten Teil auf jüngere Bebauungspläne, bei denen davon auszugehen ist, dass eine Realisierung derzeit oder in naher Zukunft erfolgt. Schwieriger sind Aussagen zu älteren Bebauungsplänen, beispielswiese bei kleinteiligen, privaten Eigentümerstrukturen, da nicht abzusehen ist, inwiefern dieses Baurecht in den kommenden 20 Jahren tatsächlich ausgeschöpft wird. Mittel- bis langfristig ist es auch hier vorgesehen, mithilfe digitaler Schätzungen ein detailliertes Gesamtbild zu erhalten.
Basierend auf den Daten des Statistischen Amts der Landeshauptstadt München wurde in den letzten 10 Jahren (2013-2022) Baurecht für ca. 75.800 Wohnungen und in den letzten 5 Jahren (2018-2022) Baurecht für ca. 38.200 Wohnungen in München ausgeschöpft. Die Fertigstellungen fielen näherungsweise je zur Hälfte auf Bebauungsplangebiete und auf den unbeplanten Innenbereich.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.
*1 Zu finden auf https://stadt.muenchen.de/infos/langfristige-siedlungsentwicklung.html unter „Statusberichte und Magazin“
*2 Zu finden auf https://stadt.muenchen.de/infos/wohnungsmarktbeobachtung-muenchen.html unter „Wohnungsbauatlas“