Exorbitante Kosten für den Ausbau des Radwegenetz in München
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Daniel Stanke, Markus Walbrunn und Iris Wassill (AfD) vom 8.11.2023
Antwort Mobilitätsreferent Georg Dunkel:
Zunächst bitte ich Sie die verspätete Antwort zu entschuldigen. Aufgrund personeller Engpässe können wir Ihnen leider erst jetzt Rückmeldung zu Ihrer Anfrage geben.
In Ihrer Anfrage vom 8.11.2023 führten Sie als Begründung aus:
„In der Ausgabe der Süddeutschen Zeitung vom 11.12.2019 wurde berichtet, dass sich die Kosten für den Ausbau des Radwegenetzes in München bis 2025 auf insgesamt ca. 1,6 Milliarden Euro belaufen sollen (https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-radwege-1-6-milliarden-eurobuergerbegehren-1.4719690). Diese Schätzung orientiert sich allerdings an Erfahrungswerten für Straßenumbauten an Hauptverkehrsstraßen. Demnach müsste die Stadt von 2021 bis 2025 etwa 315 Millionen Euro pro Jahr ausgeben. Kosten für Brücken oder Unterführungen sind darin jedoch nicht enthalten.
Am 19.10.2023 organisierte der VDC via Zoom-Meeting eine Debatte unter der Überschrift: Paris2024 – Aufstieg zur Radlstadt (https://www.vcd-muenchen.de/wp-content/uploads/2023/10/VCD-Debatte-Paris-Autostadt.pdf).
Darin wurde der Wandel in den letzten Jahren bezüglich Infrastruktur und Raumverteilung zugunsten des Radverkehrs in Paris vorgestellt. Darin veröffentlicht wurde u. a., dass von 2015 bis 2020 für 61 km Hauptachsen 150 Mio. EUR investiert wurden. Von 2021 bis 2026 sollen noch einmal ca. 250 Mio. EUR investiert werden.“
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen in Abstimmung mit dem Baureferat Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Wie setzen sich die Kosten von ca. 1,6 Milliarden Euro für die Umsetzung des Radentscheids zusammen?
Frage 1.1:
Falls die Stadtregierung von anderen Gesamtkosten für die Umsetzung des Radentscheids ausgeht, auf welche Summe belaufen sich diese?
Frage 1.2:
Wie schlüsseln sich die Kosten nach 1.1 konkret auf?
Antwort:
Hierzu wird auf die Ausführungen aus der Beschlussvorlage Bürgerbegehren „Altstadt-Radlring“ Bürgerbegehren „Radentscheid“ Umsetzung - Teil I, Sitzungsvorlage Nr. 14 - 20/V 15585, Beschluss der Vollversammlung des Stadtrates vom 18.12.2019 verwiesen.
Nach Erfahrungswerten ist an Hauptverkehrsstraßen für einen Straßenumbau, wie es die Vorgaben des „Radentscheids“ erfordern, von Kosten in der Größenordnung von ca. 3,5 Millionen Euro pro km Straßenlänge auszugehen. Hochgerechnet auf 450 Kilometer liegt die Investitionssumme für die Gesamtprojektkosten der Umbaumaßnahmen damit im Bereich von 1,575 Milliarden Euro, verteilt auf die Jahre 2021 – 2025 also etwa 315 Millionen Euro pro Jahr.
Die aufgeführten Zahlen aus dem Dezember 2019 sind theoretischer Natur, um zu vermitteln, dass es erheblicher Anstrengungen bedarf, die Ziele des Radentscheids flächendeckend und vor der zeitlichen Perspektive 2025 umzusetzen.
Frage 2:
Wie viel Geld wurde bisher insgesamt für den Ausbau des Radwegenetzes ausgegeben?
Antwort:
Ausgaben für den Radverkehr sind in vielen Fällen eine Frage der Definition. Der Radverkehr ist ein integraler Bestandteil nahezu jeglicher Infrastrukturmaßnahme und sein Kostenanteil ist daher zumeist nicht explizit oder eindeutig bezifferbar.
Auch markante Maßnahmen wie z.B. die neue Arnulfparkbrücke sind zugleich untrennbar Maßnahmen für den Radverkehr, den Fußverkehr, für die Verbesserung der Barrierefreiheit oder wie in diesem Fall auch eine Maßnahme zur besseren Erschließung des S-Bahnhofs. Gleichermaßen stellen nahezu sämtliche Fahrbahnsanierungsmaßnahmen im Tempo-30-Straßennetz und auf untergeordneten Straßen zugleich auch Verbesserungen für den dort im Mischverkehr fahrenden Radverkehr dar.
Es erfolgt generell nur eine Gesamtabrechnung des jeweiligen Projekts. Dabei werden weder verkehrsartspezifische Ausgaben gesondert ermittelt noch eine Erfassung der Mehrkosten, die sich evtl. durch die Ziele des Radentscheids gegenüber den bisherigen Standards ergeben.
Frage 3:
Wie erklärt sich die große Diskrepanz zwischen den Kosten des Fahrradwegeausbaus in Paris und München?
Antwort:
Die Art und Weise der Kostenermittlung der Stadt Paris ist der LHM nicht bekannt.
Frage 4:
Warum werden nicht kostengünstigere Möglichkeiten für den Ausbau des Radwegenetzes in München in Betracht gezogen?
Frage 5:
Warum wird das Radwegenetz nicht so gestaltet, dass ggf. auch ein kostengünstiger Rückbau möglich ist, wenn sich die Umgestaltung als nicht praktikabel/rentabel darstellt?
Antwort:
Ungeschützte Markierungslösungen für den Radverkehr in Form Schutzstreifen und Radfahrstreifen, wie Sie bis zur Übernahme des Bürgerbegehrens in München eingerichtet wurden und relativ schnell umsetzbar sind, entsprechen nicht dem Ziel 1 des Bürgerbegehrens. Die Verwaltung prüft im Rahmen der Variantenerstellung der einzelnen Projekte, ob (geschützte) Radverkehrsanlagen als vorgezogene provisorische Markierungslösungen oder Radwege auf Fahrbahnniveau mit eingebauten Trennelementen (siehe St.-Magnus-Straße) eine sinnvolle Alternative darstellen können.
Nur in Ausnahmefällen ist es möglich, ohne bauliche Eingriffe Flächen des Kfz-Verkehrs 1:1 in Radverkehrsanlagen umzuwandeln und gleichzeitig die Belange anderer Verkehrsarten oder des Stadtgrüns nicht zu tangieren. Eine ausgewogene Planung kann in den meisten Fällen nur durch eine planerische Betrachtung und eine entsprechende Neuverteilung des gesamten Straßenraums erreicht werden. Bei der Erarbeitung der zukünftigen Flächenverteilung werden weitere Themen wie Aufenthaltsqualität, Barrierefreiheit, Stärkung des Umweltverbunds und Klimaziele aufgriffen. Bei diesem integrierten Planungsansatz stehen nicht Partikularinteressen im Vordergrund, stattdessen bilden die Bedürfnisse der gesamten Stadtgesellschaft die Grundlage für das Einzelprojekt, unabhängig davon was der jeweilige Auslöser für den Projektstart war.
Ich bitte Sie von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen.