Frieren für den Radwegausbau?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Professor Dr. Jörg Hoffmann, Gabriele Neff, Richard Progl und Fritz Roth (FDP BAYERNPARTEI Stadtratsfraktion) 19.10.2023
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 19.10.2023 führten Sie als Begründung aus: „In der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen des Deutschen Bundestags vom 16. Oktober 2023 sprach Dr. Maik Günther von den SWM als Sachverständiger zu Fragen der kommunalen Wärmeplanung in Folge des Gebäudeenergiegesetzes (GEG).*1
Bei dieser Anhörung wurde Herr Dr. Günther vom Bundestagsabgeordneten Bernhard Daldrup gefragt, ob die SWM bei ihrer Arbeit zum Fernwärmeausbau ‚aufsichtsrechtliche Restriktionen erlebt haben‘. Herr Dr. Günther antwortete auf diese Frage u.a.: ‚Wir sehen tatsächlich einige Einschränkungen hinsichtlich von Genehmigungen, etc. Zum Beispiel ist in München der Radwegeausbau höher priorisiert als der Fernwärmeausbau und wir haben auch andere Dinge, die uns sehr stark behindern. Und wenn wir zeitliche Restriktionen haben, dann rede ich nicht von einer Woche, sondern häufig von mehr als einem Jahr, wo Projekte sich entsprechend verzögern.‘“
*1 https://www.bundestag.de/mediathek?videoid=7601984#url=L21lZGlhdGhla292ZXJsYXk=&mod=-mod536668 ab ca. 1:11:00
Ich bedauere, die nach § 68 GeschO des Stadtrats vorgegebene Frist von 6 Wochen überschritten zu haben. Grund hierfür ist, dass die Abstimmung mit den SWM nicht termingerecht abgeschlossen werden konnten.
Die in Ihrer Anfrage gestellten Fragen können anhand der Stellungnahme der SWM wie folgt beantwortet werden:
Vorbemerkung der SWM:
„Am Montag, 16.10.2023, hatte der Bundestag-Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen elf Sachverständige geladen, um deren Anmerkungen zum Wärmeplanungsgesetz anzuhören. Einer dieser Sachverständigen war Dr. Maik Günther, der seitens der SWM an der kommunalen Wärmeplanung in München mitarbeitet.
In seinen Ausführungen hat Dr. Günther hervorgehoben, dass die Wärmewende stärker beschleunigt werden müsse. Dazu müssten notwendigeLeitungsbaumaßnahmen nicht nur auf bundesgesetzlicher Ebene priorisiert werden, sondern auch in der konkreten Umsetzung bei der Abwägung stadtplanerischer Vorhaben. Gerade dort ist die entsprechende Priorisierung notwendig.
Später in der Sitzung nannte er auf Nachfrage als Beispiel, dass in München z.B. der Radwegausbau mitunter höher priorisiert werde als der Ausbau der Fernwärme. Diese Aussage war allerdings nicht als Kritik am Radwegausbau zu verstehen. Vielmehr sollte damit gezeigt werden, dass der Ausbau der erneuerbaren Wärmeerzeugung und der hierfür erforderliche Wärmenetzausbau als gesetzlich zum damaligen Zeitpunkt nicht-priorisierte Vorhaben hinter anderen – ebenfalls notwendigen Beiträgen zur Dekarbonisierung – zurückstehen müssen. Dadurch würden für das Gelingen der Wärmewende notwendige Maßnahmen unnötig verzögert. Die SWM wollten mit dem Hinweis dafür werben, dass die Ausbaumaßnahmen im Zuge der Wärmewende als ‚im überragenden öffentlichen Interesse‘ im Wärmeplanungsgesetz verankert werden. Tatsächlich ist der Gesetzgeber dieser Forderung – die auch von Branchenverbänden und anderen Energieversorgern unterstützt wurde – inzwischen nachgekommen. In der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) wurde festgelegt, dass die Errichtung und der Betrieb von Anlagen und Netzen zur Erzeugung und zum Transport von Wärme, Kälte und Strom aus erneuerbaren Energien im überragenden öffentlichen Interesse liegen und der öffentlichen Sicherheit dienen. ‚Bis der Gebäudebetrieb im Bundesgebiet treibhausgasneutral ist, sollen die erneuerbaren Energien sowie Effizienzmaßnahmen als vorrangige Belange in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden.‘
Der weitere Fernwärmeausbau bzw. die Umstellung der teils noch bestehenden Dampfnetze in der Münchner Innenstadt auf Heizwassernetze läuft seit vielen Jahren. Die Verdichtung und den weiteren Ausbau treiben die SWM gemeinsam mit der Landeshauptstadt München voran. Dies wird sich auch in der kommunalen Wärmeplanung niederschlagen.
Die SWM arbeiten hier gut mit der LHM zusammen, um die Bauabläufe langfristig und stadtweit in den dichten Münchner Baukalender einzupassen. Dies ist aufgrund der vielen Baumaßnahmen (öffentliche Baumaßnahmen wie Schulen und Einrichtungen und verkehrliche Maßnahmen, private Baumaßnahmen, …) oft eine Herausforderung. Die Priorisierung des Fernwärmeausbaus könnte hier eine erhebliche Beschleunigung bewirken und dazu beitragen, die Klimaziele der Stadt und des Bundes schneller zu erreichen.Geothermie ist für das Gelingen der Wärmewende unverzichtbar. Für die Nutzung der Geothermie braucht es Wärmenetze. Hemmnisse für die Erdwärmenutzung und für den Ausbau der Netze sollten so weit wie möglich aus dem Weg geräumt werden.“
Frage 1:
Hat der von der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag einberufene Sachverständige mit seiner Einschätzung recht?
Antwort der SWM:
„Siehe Vorbemerkung.“
Frage 2:
Falls Frage 1 bejaht wird: Warum wird der Ausbau von Radwegen von der Stadtspitze als relevanter eingeschätzt? Falls Frage 1 verneint wird: Woher könnte beim Sachverständigen Herrn Dr. Günther dieser Eindruck entstanden sein?
Antwort der SWM:
„Siehe Vorbemerkung.“
Frage 3:
Welche Konsequenzen zieht die LHM daraus, dass die städtische Tochtergesellschaft sich laut dieser Einschätzung von der Priorisierung durch die Stadtratsmehrheit in ihrer Arbeit für den Fernwärmeausbau beeinträchtig sieht?
Antwort der SWM:
„Auf Wunsch des Oberbürgermeisters wurde eine Taskforce Regionale Energieerzeugung unter Federführung des RKU ins Leben gerufen. Hier wird mit allen beteiligten Referaten daran gearbeitet, die vielfältigen Belange bestmöglich abzustimmen und entsprechende Priorisierungen vorzunehmen.“
Frage 4:
Müssen sich die Münchnerinnen und Münchner in Zukunft darum sorgen, in einer kalten Wohnung zu frieren, weil der Radewegbau der aktuellen Stadtratsmehrheit wichtiger ist?
Antwort der SWM:
„Nein. Wie in der Vorbemerkung erläutert, arbeiten die SWM eng mit der LHM zusammen, um die Maßnahmen für die gleichzeitig angestrebte Energie- und Verkehrswende bestmöglich voranzutreiben.“
Frage 5:
Was sind die vom Sachverständigen genannten „anderen Dinge, die stark behindern“ und wie können diese beseitigt werden?
Antwort der SWM:
„Wie in der Vorbemerkung erläutert, zielte die Stellungnahme im Bundestagsausschuss in erster Linie darauf ab, für eine gesetzliche Priorisierung der Wärmenetz-Ausbaumaßnahmen im Wärmeplanungsgesetz zu werben. Aufgrund der begrenzten städtischen Flächen und entsprechender Nutzungskonkurrenzen ist es immer wieder notwendig, entsprechende Abstimmungen herbeizuführen.“
Frage 6:
Spricht der Oberbürgermeister eine Garantie dafür aus, dass kein einziger Münchner Haushalt zu Gunsten des Radwegeausbaus auf Gas, Öl oder Kohle angewiesen bleiben muss?
Antwort der SWM:
„Siehe Antwort zu Frage 4.“
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten konnte.