Dauern Stellenbesetzungsverfahren bei der Stadt in Zeiten des Fachkräftemangels zu lange?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (DIE LINKE. / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 7.11.2023
Antwort Personal- und Organisationsreferent Andreas Mickisch
Auf Ihre Anfrage vom 7.11.2023 nehme ich Bezug. Sie haben folgenden Sachverhalt vorausgeschickt:
„An vielen Stellen berichten Kolleg*innen aus der Stadtverwaltung, dass vom Beschluss des Stadtrates, über die die Einrichtung einer Stelle bis zur Besetzung Monate vergehen. In Einzelfällen sogar bis zu einem Jahr. Dies wird für die Stadt München in Zeiten der angespannten Fachkräftesituation nicht nur im Bereich der sozialen Arbeit, sondern inzwischen auch in der Verwaltung zunehmend zum Nachteil. Privatwirtschaftliche Arbeitgeber und nicht städtische Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes in München und in der Region sind deutlich schneller. Die Arbeitsbelastung in der Verwaltung wächst, die Kolleg*innen müssen die unbesetzten Stellen kompensieren. Qualifizierte Bewerber*innen ziehen ihre Bewerbungen zurück, da sie von anderen deutlich schneller zu Vorstellungsgesprächen eingeladen werden
und eine Zusage erhalten. Vor allem mit Blick auf die Bewältigung wichtiger, akuter werdender Aufgaben ist es von hoher Bedeutung, dass die Stadt hier schneller wird. Dem Stadtrat ist an mehreren Stellen im Rahmen von neoHR versprochen worden, dass dieses Problem gelöst wird. Es entsteht allerdings der subjektive Eindruck, dass Verfahren noch länger dauern.“
Der Beantwortung der Einzelfragen möchten wir einige zentrale Erläuterungen zur aktuellen Bewerber*innen- bzw. Besetzungssituation in der Landeshauptstadt München voranstellen. Der demographische Wandel wird in den nächsten Jahren dazu führen, dass wir nicht nur viele Kolleg*innen durch die altersbedingte Fluktuation verlieren, sondern sich auch die Lage am externen Arbeitsmarkt weiter verschärft. Bereits heute stellen wir fest, dass sich der Arbeitsmarkt zu einem Arbeitnehmermarkt gewandelt hat, der dadurch gekennzeichnet ist, dass es nicht genügend geeignete Bewerber*innen für die zu besetzenden Stellen gibt. D.h. viele Arbeitgeber konkurrieren um weniger Arbeitskräfte. Auf diesem Arbeitnehmermarkt tun sich in München und Umgebung öffentliche wie private Arbeitgeber*innen schwer, geeignetes Personal zu gewinnen. Aufgrund der zahlreichen Angebote an freien Stellen, haben Bewerber*innen nichtnur breitere Auswahlmöglichkeiten, sondern entscheiden sich in – parallel laufenden – Bewerbungsprozessen auch kurzfristiger und sind so deutlich schwieriger zu gewinnen.
Wir beschäftigen uns daher intensiv mit der Frage, was wir als Landeshauptstadt München Bewerber*innen noch alles anbieten können, um im Wettbewerb mit anderen Firmen herauszustechen. Vor allem die Arbeitgeberattraktivität spielt in diesem Zusammenhang eine besondere Rolle. Sie ist das ausschlaggebende Merkmal, sich für oder gegen einen Arbeitgeber zu entscheiden. Gemeinsam als #teamstadtmünchen haben wir erhebliche und vielfältige Anstrengungen unternommen, mit passenden Maßnahmen qualifiziertes Personal für die Stadtverwaltung zu gewinnen und langfristig an uns zu binden:
- Wir haben unsere Ausbildung in den letzten Jahren gestärkt – mit positivem Effekt auf die Ausbildungszahlen, die wir im Jahr 2023 um mehr als 50% steigern konnten. Nicht zuletzt deswegen sind wir als eine der besten Ausbilder*innen Deutschlands ausgezeichnet worden.
- Unsere Arbeitgeberin-Marke wurde bereits mehrfach ausgezeichnet und unterstützt unsere Bemühungen zur Gewinnung nicht nur von Auszubildenden, sondern insgesamt von Arbeitnehmer*innen.
- Für die Personalgewinnung und die Personalentwicklung haben wir unsere Benefits für Mitarbeiter*innen vehement weiter ausgebaut. Der Werkmietwohnungsbau und der Ausbau von Wohnheimplätzen
für Nachwuchskräfte, der volle Fahrtkostenzuschuss für das Jobticket (Deutschlandticket), Fahrradleasing und die Flexibilität bei der Wahl von Arbeitszeit und -ort sind einige Beispiele.
- Darüber hinaus werden die Instrumente der Arbeitsmarkt- und Fachkräftezulagen intensiv genutzt, um im Bereich der Bezahlung konkurrenzfähige Angebote machen zu können. Mit Beschluss aus 2023 zur „Erweiterung und Flexibilisierung der Arbeitsmarkt- und Fachkräftezulagen; Vorweggewährung von Stufen“ können wir als Arbeitgeberin auch hier unsere Spielräume weitestmöglich nutzen.
Angesichts der oben kurz angesprochenen demographischen Herausforderung und der Verschärfung der Arbeitnehmerlage am Markt ist es wichtig, mit den Ressourcen bewusst umzugehen. Es ist nicht zielführend, in großem Umfang neue Stellen zu beantragen, die aufgrund der fehlenden Arbeitskräfte am Markt nicht besetzt werden können. Wir müssen die Handlungsspielräume (wie bspw. Fokus auf die Ausbildung, weitreichende Digitalisierung, optimierte Prozesse) besser nutzen, um bei unserer Leistungserbringung effizienter zu werden.Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
In den Fragen 1 bis 6 sowie 8 wünschen Sie eine Aufgliederung nach Referat sowie Laufbahn und Mangelberufen. Die Landeshauptstadt München steht als Arbeitgeberin mittlerweile weniger einem spezifischen Fachkräftemangel, sondern mehr einem allgemeinen Arbeitskräftemangel gegenüber. Insbesondere der Blick auf die zu erwartende Fluktuation in den kommenden Jahren, aber auch die Erkenntnisse aus Stellenbesetzungsverfahren machen diese Entwicklung deutlich. Die Aufgliederung der angefragten Daten nach Mangelberufen ist daher keine Standardauswertung und erfordert einen hohen manuellen Aufwand an unterschiedlichen Stellen. Aus diesen Gründen haben wir im Folgenden auf die Auswertung nach Mangelberufen verzichtet. Über die Auswertung von Fachrichtungen haben wir dort wo möglich versucht, Ihnen diese Frage zu beantworten.
Frage 1:
Wie viele Stellen waren zum 31. Dezember 2022 eingerichtet und unbesetzt? Bitte aufgliedern nach Referat, sowie Laufbahnen und Mangelberufen.
Antwort:
Insgesamt waren in der Landeshauptstadt München zum 31. Dezember 2022 4.946 Stellen unbesetzt. Die Anlage enthält unter Frage 1 (Seiten 1 und 2) die Darstellung der unbesetzten Beamten- und Tarifbeschäftigtenstellen zum Stichtag, gegliedert nach Referaten und Eigenbetrieben sowie Fachrichtungen.
Frage 2:
Wie viele Anträge auf Einrichtung von Stellen sind für das Haushaltsjahr 2023 von den Referaten beim POR gestellt worden? Bitte aufgliedern nach Referat, sowie Laufbahnen und Mangelberufen.
Antwort:
Das Personal- und Organisationsreferat ist zuständig, Anträge auf Stelleneinrichtungen umzusetzen.1 Im Rahmen des Transformationsprogramms neoHR wurde entschieden, den Referaten bei Interesse die Aufgabe der Stellenbewertung zu übertragen. Dies wird seit dem 1.4.2023 im Sozialreferat, Referat für Bildung und Sport, Gesundheitsreferat, IT-Referat sowie dem Kreisverwaltungsreferat umgesetzt. Seit diesem Zeitpunkt übernehmen die genannten Referate innerhalb eines festgelegten Umgriffs die Stellenbewertung in eigener Zuständigkeit. Zudem wurden im Laufe des Jahres 2023 sowohl der Münchner Stadtentwässerung als auch dem Ab-fallwirtschaftsbetrieb München die vollumfängliche Kompetenz zur Einrichtung ihrer Stellen übertragen. Die Zahlen der Pilotreferate und der beiden genannten Eigenbetriebe finden folglich ab den genannten Daten in den nachfolgenden Ausführungen keine Berücksichtigung. Es werden lediglich die Anträge abgebildet, die beim Personal- und Organisationsreferat gestellt wurden.
Die Auswertungen stellen auf den Eingang des Antrags im Personal- und Organisationsreferat ab. Als Zeitraum dient der 1.1.2023 bis 31.12.2023. Die Aufgliederung nach Laufbahnen wird im Nachfolgenden durch eine Aufgliederung nach Qualifikationsebenen umgesetzt.
Während bis zum Stichtag 31. Dezember 2022 4.946 Stellen eingerichtet und gleichzeitig unbesetzt waren, wurden bis zum 31.12.2023 weitere 1.050 Stellen eingerichtet. Diese Stellen blieben jedoch zum Stichtag nicht alle unbesetzt. Bzgl. der konkreten Aufteilung der Anträge aus dem Jahr 2023 in Referate und Qualifikationsebenen wird auf die Anlage, Frage 2 (Seiten 3 bis 5) verwiesen.
Frage 3:
Wie lange dauerte die Einrichtung der o.g. Stellen in Frage 2 vom ersten Antrag des Referats bis zur tatsächlichen Einrichtung im Durchschnitt? Bitte aufgliedern nach Referat, sowie Laufbahnen und Mangelberufen.
Antwort:
Ein Ausweis der Bearbeitungszeiten nach Fachrichtungen ist technisch nicht möglich.
Die Bearbeitungszeit der o.g. Stelleneinrichtungen beträgt durchschnittlich gut 80 Arbeitstage. Eine Aufgliederung nach Referaten und Qualifikationsebenen ist der Anlage, Frage 3 (Seiten 6 bis 8) zu entnehmen.
Die oben genannten Arbeitstage setzen sich aus verschiedenen Arbeitsschritten innerhalb des Personal- und Organisationsreferats wie auch den Referaten zusammen. Die Bearbeitungsdauer von Anträgen ist demnach auch wesentlich davon abhängig, wie zügig die jeweilig zuständigen Geschäftsleitungen oder Fachdienststellen innerhalb der Referate die noch erforderlichen Informationen wie beispielsweise überarbeitete Stellenbeschreibung, fehlende Unterlagen etc. rückmelden. Das Zusammenspiel von Personal- und Organisationsreferat und den Referaten zeigt sich in der Aufschlüsselung der 80 Arbeitstage: Hiervon entfallen ca. 2/3 der Arbeitstage auf die Referate und 1/3 der Arbeitstage auf das Personal- und Organisationsreferat. Zu berücksichtigen ist, dass in der Bearbeitungszeitder Referate neben den Zeiten für die Nachlieferung von Unterlagen zum Teil auch die Vorlaufzeiten, wie zum Beispiel für die Klärung von haushaltsrechtlichen Fragestellungen sowie die Bearbeitung von Beschlüssen zur Stellenschaffung, enthalten sind, die vor Eingang des Antrags im Personal- und Organisationsreferat im Referat bspw. in den Geschäftsleitungen zwingend anfallen. Damit lassen sich auch einzelne hohe durchschnittliche Bearbeitungszeiten erklären.
Frage 4:
Wie viele Stellen sind derzeit noch nicht abschließend eingerichtet? Bitte aufgliedern nach Referat, sowie Laufbahnen und Mangelberufen.
Antwort:
Die Antwort kann sich lediglich auf den Gemeindehaushalt (nur die Referate der Landeshauptstadt München, ohne Eigenbetriebe) beziehen. Aufgrund des hohen manuellen Aufwands und der Zeitläufe der unterschiedlichen Verwaltungsverfahren können die Angaben nur zu den im Text genannten Zeitpunkten ausgewiesen werden.
Im Jahr 2022 hat der Stadtrat rund 1.400 Stellen zusätzlich beschlossen, von denen rund 90 Stellen erst die Haushaltsjahre 2024 ff. betreffen. Zum 31.10.2023 waren in Summe 274 Stellen noch nicht beantragt bzw. eingerichtet. Die Aufteilung nach den Referaten und den Laufbahngruppen befindet sich in der Anlage unter Frage 4 (Seiten 9 und 10).
Im Jahr 2023 wurden bis zur Vollversammlung am 25.10.2023 rund 370 Stellen beschlossen. Von diesen waren zum 31.10.2023 rund 250 Stellen noch nicht eingerichtet. Hintergrund hierfür ist, dass die Mehrheit der Stellen (230 Stellen) erst nach der Sommerpause beschlossen wurden. Zudem wird ein Teil dieser Stellen erst im September/November 2024 benötigt. Die Aufteilung nach den Referaten und den Laufbahngruppen befindet sich in der Anlage.
Frage 5:
Wie viele der o.g. Stellen in Frage 1 und 2 sind bis zum 31. Dezember (Ursprungsfrage: 31. Oktober) 2023 noch nicht besetzt worden? Bitte aufgliedern nach Referat, sowie Laufbahnen und Mangelberufen.
Antwort:
Die Darstellung der unbesetzten Stellen erfolgt zum Stichtag 31.12.2023. Der Abgleich der in Frage 1 und 2 enthaltenen Daten wäre mit einem unverhältnismäßig hohen manuellen Aufwand verbunden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass in der Summe eine geringe Anzahl von unbesetzten Stellen aus dem Jahr 2022 inbegriffen ist. Insgesamt waren zum Stichtag 31.10.2023 5.479 Stellen noch unbesetzt. Die Übersicht können Sie der Anlage unter Frage 5 (Seiten 11 und 12) entnehmen.
Frage 6:
Bei wie vielen der o.g. Stellen in Frage 1 und 2 lagen keine Bewerbungen vor? Bitte aufgliedern nach Referat, sowie Laufbahnen und Mangelberufen.
Antwort:
Der Auswertung liegen ausschließlich Verfahren zu Grunde, die durch die Geschäftsleitungen der Referate und Eigenbetriebe beim Personal- und Organisationsreferat zur Bearbeitung beantragt wurden und im Zeitraum Januar 2023 bis Dezember 2023 abgeschlossen wurden. Verfahren aus den homogenen Bereichen, die Stellenbesetzungsverfahren in eigener Zuständigkeit bearbeiten, wie z.B. RBS-Kita, sind nicht enthalten. Eine gesamtstädtische Auswertung wäre aus technischen Gründen aktuell nur über eine manuelle Abfrage möglich. Dies würde einen hohen personellen Aufwand erfordern.
Bei 1.341 Ausschreibungsverfahren lagen bei 107 Verfahren keine Bewerbungen vor. Die Aufteilung dieser Verfahren finden Sie in der Anlage unter Frage 6 (Seiten 13 und 14).
Angesichts der schwierigen Gewinnungssituation haben wir Strategien zur Verbesserung der Gewinnungssituation entwickelt. Im Fokus stehen dabei die Öffnung der Bewerber*innenkreise, insbesondere durch die Berücksichtigung von Bewerber*innen mit gleichwertigen Fähigkeiten und Erfahrungen, sowie Active Sourcing.
Frage 7:
Wie viele der o.g. Stellen in Frage 2 wurden direkt besetzt?
Antwort:
Von den 1.078 im Jahre 2023 eingerichteten Stellen wurden für insgesamt 177 Stellen die Besetzung/Ausschreibung beantragt (siehe Fragen 2 und 6). Diese teilen sich in folgende Stellenbesetzungsarten auf:
Frage 8:
Wie hat sich die durchschnittliche Dauer der Stellenbesetzungsverfahren vom ersten Antrag des Referats beim POR bis zur tatsächlichen Besetzung in den letzten 10 Jahren entwickelt? Bitte aufgliedern nach Referat, sowie Laufbahnen und Mangelberufen.
Antwort:
Für die Auswertungen zwischen 2013 und 2022 mussten verschiedene Systeme genutzt werden. Dies kann zu Unterschieden in der Datengrundlage führen bzw. zum Teil sind dadurch die angeforderten Auswertungen nicht möglich (dies betrifft alle Jahre).
Insgesamt bewegt sich die durchschnittliche Dauer von Stellenbesetzungsverfahren im Betrachtungszeitraum zwischen 2,3 Monaten (2021) und 3,7 Monaten (2018). Wir konnten in den letzten 5 Jahren die durchschnittliche Dauer um 35% verringern, im Vergleich zum Beginn des Betrachtungszeitraums vor 10 Jahren immerhin um 23%. Seit dem Jahr 2020 gelingt es uns, die Dauern von Stellenbesetzungsverfahren kontinuierlich unter 3 Monaten zu halten.
Die Übersicht finden Sie in der Anlage unter Frage 8 (Seiten 15 bis 17).
Frage 9:
Wie viele Personen sind an wie vielen Dienststellen notwendig, um eine Stelle zu besetzen?
Antwort:
Das Personal- und Organisationsreferat arbeitet derzeit mit dem Programm neoHR an der Digitalisierung und Neuordnung der Personal- und Organisationsarbeit der Landeshauptstadt München. Diese Reform ist ein wichtiger Schritt, die Stadtverwaltung effizienter zu gestalten und die Landeshauptstadt München zu einem der modernsten und attraktivsten Arbeitgeber im öffentlichen Sektor zu machen. Durch die Verzahnung von Digitalisierung und Prozessoptimierung, mit klaren Zuständigkeiten und ohne Doppelstrukturen, wird die Personal- und Organisationsarbeit digitaler, schneller und kund*innenorientierter.
Die bestehenden Regelungen und Delegationsvereinbarungen sind stadtweit sehr heterogen und kleinteilig. Eine allgemeingültige Aussage, wie viele Dienststellen und Personen für eine Stellenbesetzung notwendig sind, ist nicht möglich.Eine effizientere Aufgabenerledigung und beschleunigte Prozessabläufe erfordern eine Neuordnung der Zuständigkeiten durch Vereinheitlichung und Vereinfachung der bestehenden Regelungen. Ein Ziel von neoHR ist, dass sich eine Abweichung von standardisierten Prozessen und Lösungen maximal aus gesetzlichen und normativen Verpflichtungen ergibt.
Eine belastbare Aussage über die notwendigen Beteiligten kann erst nach Abschluss dieser bereits angestoßenen Optimierungen erfolgen. Gerne verweisen wir an dieser Stelle auf den Beschluss der Vollversammlung „Digitalisierung und Neuordnung des Personal- und Organisationsmanagements der Landeshauptstadt München – Ausplanungsbeschluss neoHR“ (Vorlage Nr. 20-26/V 10092 vom 4.10.2023).
Frage 10:
Wie steht die Landeshauptstadt München im Vergleich zu anderen Kommunen (andere Großstädte in Deutschland) im öffentlichen Dienst bezüglich der Stellenbesetzungsverfahren da?
Antwort:
Die Stadt München ist Mitglied im Vergleichsring Personalwesen der deutschen Städte der Größenklasse 1. Die Erfahrungen aus diesem Vergleichsring zeigen, dass die anderen Städte ebenfalls vom Arbeitskräfte- und Nachwuchskräftemangel und damit einhergehenden Schwierigkeiten bei Stellenbesetzungen betroffen sind.
Die Vergleichbarkeit von Stellenbesetzungsverfahren ist aufgrund der sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen schwierig und Vergleiche daher wenig aussagekräftig. So unterscheidet sich beispielsweise die Aufbauorganisation der Städte zum Teil erheblich. Eine Besetzung von Stellen kann zentral erledigt werden bzw. teilweise oder vollständig dezentral organisiert sein. Zudem ist der Digitalisierungsgrad der Stellenbesetzungsverfahren in den einzelnen Städten höchst unterschiedlich. Des Weiteren sind die gesetzlichen Vorgaben in den jeweiligen Bundesländern zum Teil unterschiedlich. Im Vergleichsring Personalwesen werden eine Vielzahl personalwirtschaftlicher Kennzahlen ermittelt, die Dauer von Stellenbesetzungsverfahren sind aus den genannten Gründen jedoch explizit nicht Gegenstand der Erhebungen.
Frage 11:
Inwieweit ist die Stadt mit der Länge der Stellenbesetzungsverfahren bei Mangelberufen konkurrenzfähig? Hier bitten wir jeweils auch um Stellungnahmen der von diesen Mangelberufen betroffenen Referaten und städtischen Dienststellen.
Antwort:
Die Landeshauptstadt München unterliegt als Arbeitgeberin des öffentlichen Dienstes bestimmten rechtlichen Rahmenbedingungen, die bei der Betrachtung der Länge von Stellenbesetzungsverfahren nicht außer Acht gelassen werden können. Nachfolgend sind die rechtlichen Rahmenbedingungen in Abgrenzung zu einem privatrechtlichen Arbeitgeber tabellarisch dargestellt:
Oben genannte rechtliche Anforderungen führen dazu, dass Verfahrenslaufzeiten im öffentlichen Dienst nicht so kurz sein können wie bei der Privatwirtschaft. Durch die zentrale Zuständigkeit des Personal- und Organisationsreferates für Stellenbesetzungsverfahren – ausgenommen in den sog. homogenen Bereichen – besteht die Möglichkeit, stadtweit einheitliche Standards zu etablieren, mit der die Auswahlprozesse auf Grundlage der rechtlichen Vorgaben weiter beschleunigt und vereinfacht werden können.
Zu diesen Veränderungen gehören insbesondere:
- Einführung von neuen Ausschreibungsrichtlinien (vgl. Bekanntgabe „Mittelfristige Personalplanung“ (Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 00319, VPA vom 23.7.2020) mit denen unter anderem folgende, wesentliche Aspekte verändert wurden:
- Neue Grenzen für die Ausschreibungspflicht
- Verkürzung des Beurteilungszeitraums auf 3 Jahre bei gleichzeitigem Wegfall der flächendeckenden Anforderung von Anlassbeurteilungen (ehemalige Bezeichnung Leistungsberichte)
- Reduzierung auf die Betrachtung der aktuellen dienstlichen Beurteilung bzw. Anlassbeurteilung beim Leistungsvergleich der Beurtei- lungslage
- Gestaltung des Auswahlgesprächs: Es sind nur noch eine Vertretung der Dienststelle und eine Vertretung des Personal- und
Organisationsreferates als zwingende Mitglieder der Auswahlkommission vorgesehen.
- Einführung von Online-Auswahlverfahren (vgl. Bekanntgabe „Mittelfristige Personalplanung“, Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 02880, VPA vom 21.7.21).
- Im Zuge der Neuorganisation des Personal- und Organisationsreferats durch das Programm neoHR wurden Kontrollschleifen abgebaut und
Entscheidungskompetenzen so weit wie möglich delegiert; Entscheidungen werden damit in erster Linie dort getroffen, wo die größte Expertise liegt, was zu einer Beschleunigung der Prozesse führt. - Zur schnelleren Abwicklung des Recruitingprozesses wurden zu erstellende Auswahlvormerkungen vereinfacht und bei der Würdigung der Bewerber*innen inhaltlich auf ein notwendiges Minimum reduziert. Darüber hinaus wurden u.a. Einstellungsverfügungen und - beschlüsse inhaltlich reduziert sowie das Vorgehen zur Einbindung des Ältestenrates optimiert.
-Entwicklung und Umsetzungsvorbereitung eines neuen Organisationsmodells für das SC Recruiting. Mit der Einführung des sog. Multitalentmodells ab dem 3. Quartal 2023 existieren im SC Recruiting keine Referatszuständigkeiten mehr. Eingehende Recruitingverfahren werdendamit orientiert an der aktuellen Auslastung teamübergreifend verteilt, sodass flexibel auf Volumenschwankungen reagiert werden kann. Durch diese Art der Organisation können bestehende Recruiter*innenkapazitäten gleichmäßiger und effizienter genutzt werden.
- Entwicklung eines Rollenkonzepts, das im SC Recruiting verschiedene Rollen/Funktionen vorsieht. Die Rolle der Teamassistenz wird sukzessive aufgelöst und eine Junior-Recruiter*innen-Rolle eingeführt. Damit werden Schnittstellen reduziert.
- Einführung der Ende-zu-Ende-Verantwortung durch Recruiter*innen („One-Face-to-the-Customer-Prinzip“ für externe Bewerber*innen), das heißt, dass Recruiter*innen in ihren Verfahren die Vertragserstellung für externe Bewerber*innen übernehmen. Auch hier werden Schnittstellen reduziert. Zurzeit werden die Recruiter*innen in die Vertragserstellung eingearbeitet.
Bei der Beantwortung der Frage 8 wird deutlich, dass die oben aufgeführten Maßnahmen greifen und zu einer Reduzierung der Verfahrenslaufzeiten im Betrachtungszeitraum von 10 Jahren um 23% geführt haben. Die Optimierung des Prozesses ist eine Daueraufgabe des Personal- und Organisationsreferates. Im April 2023 wurde die Talentmanagement Suite (TMS), Modul Personalgewinnung, eingeführt. Der TMS-Prozess wird derzeit evaluiert. Weitere Prozessvereinfachungen und -beschleunigungen werden dadurch erwartet.
Aufgrund der Entwicklung vom Fachkräftemangel hin zum Arbeitskräftemangel, wurde auf die Einbindung der Referate und Eigenbetriebe verzichtet. Vor dem Hintergrund, dass alle Referate und Eigenbetriebe eine Stellungnahme abgeben hätten müssen und das Personal- und Organisationsreferat zentral für Stellenbesetzungsverfahren verantwortlich ist, erschien die Einbindung weder wirtschaftlich noch zweckmäßig. Die dargestellten Verfahrensdaten zeigen jedoch, dass auf jeden Fall Konkurrenzfähigkeit besteht.
Frage 12:
Wie viele Stellen sind zum 31. Oktober 2023 unbesetzt auf Grund von
a. Keine Bewerber*innen auf eine Stelle?
b. Die Ausschreibung der Stelle hat noch nicht stattgefunden?
c. Abbruch des Bewerbungsverfahrens, da Bewerber*innen ihre Bewerbung zurückgezogen haben?
d. aus anderen Gründen?
Antwort:
Wir haben aus Aktualitätsgründen den 31. Dezember 2023 zu Grunde gelegt. Das heißt, die Auswertung basiert auf Verfahren, die durch die Geschäftsleitungen der Referate/Eigenbetriebe beim Personal- und Organisationsreferats zur Bearbeitung beantragt wurden und im Zeitraum Januar 2023 bis Dezember 2023 abgeschlossen wurden. Verfahren aus den homogenen Bereichen, die Stellenbesetzungsverfahren in eigener Zuständigkeit bearbeiten, wie z.B. RBS-Kita, sind nicht enthalten. Eine gesamtstädtische Auswertung wäre aus technischen Gründen aktuell nur über eine manuelle Abfrage möglich. Dies würde einen hohen personellen Aufwand erfordern.
In den oben genannten Verfahren wurden von:
5.479 zum Zeitpunkt 31.12.2023 bestehenden vakanten Stellen insgesamt 499 Stellen von paul@ zum jeweiligen Bewerbersystem übertragen und damit ein Stellenbesetzungsverfahren angelegt. Bei den 499 identifizierten Stellenbesetzungsverfahren lagen in 77 Verfahren keine Bewerbungen vor. Insgesamt wurden bei den 499 identifizierten Stellen folgende Abschlussgründe angegeben:
Von den 5.479 zum Zeitpunkt 31.12.2023 bestehenden vakanten Stellen wurden zudem insgesamt 541 Stellen von paul@ zum jeweiligen Bewerbersystem übertragen und befanden sich zum Zeitpunkt 31.12.2023 in einem noch laufenden Stellenbesetzungsverfahren.
Frage 13:
Wie viel Stellenbudget ist in den einzelnen Referaten zum 31. Oktober 2023 im Haushalt eingeplant und noch offen?
Antwort:
Im Folgenden wird lediglich auf den Gemeindehaushalt eingegangen.Das Rechnungsergebnis 2023 weist eine Planwertunterschreitung i.H.v. 19,8 Mio. Euro auf. Eine genaue Aufschlüsselung finden Sie in der Anlage unter Frage 13 (Seite 18).
In der halbjährlichen Bekanntgabe des Personal- und Organisationsreferats (zuletzt vom 13.12.2023, Vorlagen-Nr. 20-26/V11163) wird jeweils der aktuelle Stand des Personalkostenreportings dargestellt. Hierin sind u.a. auch die Stellungnahmen der Fachreferate zu den Planwertabweichungen sowie eine Einschätzung des Personal- und Organisationsreferats enthalten.
Selbstverständlich werden wir weiter daran arbeiten, den Bewerbungsprozess zu vereinfachen und zu beschleunigen. Dabei spielen Digitalisierung und effiziente Prozessgestaltung eine wichtige Rolle. Ein zentraler Bestandteil ist die Einführung von SAP SuccessFactors in 2023, eine cloudbasierte HR-Lösung, die eine automatisierte Bewerbungsverwaltung und ein bedarfsorientiertes Talentmanagement ermöglicht. Darüber hinaus sollen zielgruppenorientierte Marketingmaßnahmen und die neue Arbeitgeberinmarke dazu beitragen, die LHM als attraktive Arbeitgeberin zu positionieren und das Interesse potenzieller Bewerber*innen zu wecken. Finanzielle Anreize sollen ebenfalls konsequent und offensiv beworben und genutzt werden, angefangen bei den Ausschreibungstexten, über Gehaltsverhandlungen sowie im Rahmen des Personalerhalts.
Ziel ist es, das „Team Stadt München“ personell gut aufzustellen und die offenen Stellen zeitnah und dauerhaft zu besetzen.
Die Anlage kann abgerufen werden unter https://risi.muenchen.de/risi/antrag/detail/8087815?dokument=v8087819#ergebnisse
1 Unter Stelleneinrichtungen werden Stellenschaffungen und -zuteilungen definiert. Eine Stellenzuteilung ist die Einrichtung einer Stelle entweder aus Referatsbudget oder aus Beschluss. Stellenschaffungen beschreiben die Einrichtung von Stellen, jedoch ausschließlich durch Wochenarbeitszeitverschiebungen einer bereits bestehenden Stelle.