Wie digital ist München? (XI) Gendergerechte Sprache in der Stadtverwaltung
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Leo Agerer, Sabine Bär, Fabian Ewald, Ulrike Grimm und Hans Hammer (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 5.3.2024
Antwort IT-Referentin Dr. Laura Dornheim:
In Ihrer Anfrage haben Sie folgenden Sachverhalt vorausgeschickt: „In der jüngsten Debatte um die Anwendung gendergerechter Sprache in der öffentlichen Verwaltung und den staatlichen Behörden Bayerns hat Innenminister Joachim Herrmann deutlich gemacht, dass sich die Behörden des Freistaates an die amtlichen Rechtschreibregeln zu halten haben. Diese klare Positionierung, welche die Vermeidung von Gendersternchen, das große Binnen-I und ähnliche sprachliche Konstrukte umfasst, spiegelt das Bestreben wider, eine korrekte, verständliche und den amtlichen Regelwerken entsprechende Sprache zu wahren. In diesem Kontext hat der Innenminister hervorgehoben, dass sprachliche Gleichberechtigung auch ohne die Verwendung derartiger gendergerechter Schreibweisen erreichbar ist, beispielsweise durch den Einsatz neutraler Formulierungen und Paarformeln.“
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Wie wird gendergerechte Sprache derzeit im IT-Referat umgesetzt? Inwieweit entspricht diese Praxis den Empfehlungen des bayerischen Innenministeriums und den amtlichen Rechtschreibregeln?
Antwort:
In der verwaltungsinternen Regelung „Allgemeine Geschäftsanweisung der Landeshauptstadt München (AGAM)“ ist unter der Nr. „1.2.4 Personenbezeichnungen“ geregelt: „Im dienstlichen Sprachgebrauch sind Texte aller Art, ... so zu formulieren, dass das Gleichstellungsgebot der Geschlechter sprachlich erfüllt ist und gemäß den Vorgaben des AGG keine Diskriminierung erfolgt.
In der internen und externen Kommunikation ist auf einen geschlechterdifferenzierten Umgang und ggf. auf eine zielgruppenspezifische Ansprache zu achten.“ Es sollen an den betroffenen Textstellen geschlechterdifferenzierte Formulierungen und geschlechtsneutrale Begriffe kombiniert werden. Bei Verwendung von Genderstern bzw. Gender Gap darf diese Darstellungsform innerhalb eines Textes nicht gemischt werden.Das IT-Referat ist als Teil der Stadtverwaltung an die AGAM gebunden und setzt diese Vorgaben entsprechend um.
Das Bayerische Staatsministerium des Innern regelt, wie in Ihrer Anfrage erwähnt, entsprechende Handhabungen wie die Rechtschreibung für die Behörden des Freistaats Bayern. Die Landeshauptstadt München (LHM) ist als Gebietskörperschaft der kommunalen Selbstverwaltung in diesem Kontext nicht an staatliche Regelungen gebunden.
Die Rechtsabteilung des Direktoriums hat mitgeteilt, dass das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus und dem Staatsministerium der Finanzen und für Heimat in einer Antwort auf eine schriftliche Anfrage von drei Abgeordneten des Bayerischen Landtages vom 18.7.2019 (Bayerischer Landtag, Drs. 18/3531, 2019, S. 3) im Hinblick auf die Verwendung gendergerechter Sprache unter Ziffer 3.1 Folgendes ausführt: „Vorgaben zur Verwendung gendergerechter Sprache fallen in die Organisationshoheit der Gemeinden, Landkreise und Bezirke als Ausfluss des kommunalen Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz (GG), Art. 10 Abs. 1 Bayerische Verfassung (BV), Art. 11 Abs. 2 BV; vgl. Stelkens/ Bonk/Sachs, VwVfG, § 23 Rdnr. 25). Die Gemeinden, Landkreise und Bezirke können daher im Rahmen von Art. 23 Bayerisches Verwaltungsver-fahrensgesetz (BayVwVfG) ebenso wie beispielsweise zur formalen Gestaltung für dienstliche Dokumente oder dazu, welche Regeln der Rechtschreibung anzuwenden sind, auch die jeweilige Verwaltung bindende Regelungen zur Verwendung gendergerechter Sprache aufstellen. (…).“
Frage 2:
Welche finanziellen Mittel wurden bis dato für die Implementierung gendergerechter Sprache im IT-Referat aufgewendet? Welche Form der Gendergerechten Sprache wird dabei angestrebt?
Antwort:
Für die Umsetzung der gendergerechten Sprache sind keine separaten Mittel erforderlich und im städtischen Budget daher keine finanziellen Mittel dafür ausgewiesen. Zur Form der gendergerechten Sprache innerhalb der Stadtverwaltung verweisen wir auf die Antwort zu Frage 1.
Frage 3:
Was ist die konkrete Rechtsgrundlage und Rechtsauffassung, auf der die vom IT-Referat angestrebte Form der gendergerechten Sprache basiert?
Antwort:
Das Bundesverfassungsgericht hatte mit Beschluss vom 10.10.2017 festgelegt, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) die geschlechtliche Identität schützt. Der Bund hat dies im Personenstandsgesetz (PStG) mit Wirkung vom 22.12.2018 legislativ umgesetzt. In Vollzug dieser Gesetzesänderung hat die LHM die geschlechtergerechte Sprache weiterentwickelt und die binnenadministrativen Vorgaben für den mündlichen und schriftlichen Sprachgebrauch in der AGAM entsprechend angepasst; vgl. Antwort zu Frage 1.
Frage 4:
Existiert ein Konzept zur Messung und Bewertung des Erfolgs und Nutzens der Einführung gendergerechter Sprache? Wenn ja, bitten wir um die Vorlage dieses Konzeptes und etwaiger Ergebnisse.
Antwort:
Da es sich bei der Kommunikation in gendergerechter Form um einen Vollzug der AGAM durch das IT–Referat handelt, liegt keine Verantwortung für die Erstellung eines Konzepts zur Evaluierung im IT-Referat und demzufolge wurde auch kein entsprechendes Konzept erstellt.
Frage 5:
Wie werden die bisherigen Ergebnisse und Auswirkungen der Einführung gendergerechter Sprache im IT-Referat bewertet, insbesondere hinsichtlich Effizienz, Kosten und Nutzen?
Antwort:
Die Anwendung der Regelung der AGAM zur gendergerechten Sprache ist kostenneutral; die entsprechende Formulierung der Kommunikation verursacht keinen finanziellen (Mehr-)Aufwand. Vgl. auch Antwort zu Frage 2. Da es sich bei der Formulierung in gendergerechter Sprache um die gelebte Anwendung von Regelungen der Allgemeinen Geschäftsanweisung der Landeshauptstadt München handelt, bewertet das IT-Referat dies weder nach Effizienz noch nach Nutzen.
Die Koordinierungsstelle zur Gleichstellung von LGBTIQ* weist auf Folgendes hin: Durch die Expertise von Betroffenenverbänden konnte ermittelt werden, dass die Verwendung der oben genannten Sprachregelungen, insbesondere Genderstern und Gendergap, adäquate Mittel zur sprachlichen Berücksichtigung von Menschen mit unterschiedlichen geschlechtlichen Identitäten sind. Somit schließt die Regelung auch Menschen mit dem Geschlechtseintrag „divers“ ein. Der Landeshauptstadt München ist es einAnliegen, dass sich alle Menschen durch die öffentliche Verwaltung angesprochen und akzeptiert fühlen.
Die Gleichstellungsstelle und die Koordinierungsstelle zur Gleichstellung von LGBTIQ* haben das Antwortschreiben mitgezeichnet.