Wie digital ist München? (VI) Ist München wirklich auf dem Weg zu einer der modernsten Verwaltungen deutschlandweit? Welche Rolle spielt KI dabei?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Leo Agerer, Sabine Bär, Fabian Ewald, Ulrike Grimm, Hans Hammer und Hans-Peter Mehling (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 5.3.2024
Antwort IT-Referentin Dr. Laura Dornheim:
In Ihrer Anfrage haben Sie folgenden Sachverhalt vorausgeschickt: „Die Landeshauptstadt München verfolgt das Ziel, eine moderne Verwaltung und eine attraktive Arbeitgeberin zu sein. Viele Stellen in der Verwaltung werden erst nach zwölf Monaten und mehr besetzt, was den Druck auf das vorhandene Personal teilweise massiv erhöht. Aufgrund der vorhandenen Alterspyramide wird sich diese Situation weiter verschärfen. Die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) in die Verwaltung bietet eine Vielzahl von Vorteilen, die dazu beitragen können, Verwaltungsprozesse zu optimieren und effizienter zu gestalten. Die Wichtigsten sind u.a.:
(1) Automatisierung von Routineaufgaben: KI kann repetitive und zeitaufwändige Verwaltungsaufgaben automatisieren, wie z.B. Datenverarbeitung, Dokumentenverwaltung, Terminplanung und -verwaltung, was die Arbeitsbelastung der Beschäftigten reduziert und Zeit spart.
(2) Verbesserung der Effizienz: Durch die Automatisierung von Prozessen und die schnelle Verarbeitung großer Datenmengen kann KI die Effizienz der Verwaltung steigern, indem sie die Bearbeitungszeit von Anträgen verkürzt und Engpässe in Arbeitsabläufen reduziert?
(3) Optimierung von Entscheidungsprozessen: KI-basierte Analysewerkzeuge können bei der Auswertung von Daten helfen, um fundiertere Entscheidungen zu treffen. Dies umfasst beispielsweise die Vorhersage von Trends, die Optimierung von Ressourceneinsatz und die Identifizierung von Risiken.
(4) Verbesserung der Servicequalität: Durch die Nutzung von KI können Verwaltungen schneller auf Bürgeranfragen reagieren, indem sie beispielsweise Chatbots oder virtuelle Assistenten einsetzen, um häufig gestellte Fragen zu beantworten oder Anträge zu verarbeiten. Dadurch wird die Servicequalität verbessert und die Kundenzufriedenheit gesteigert.
(5) Bessere Datenanalyse: KI kann große Datenmengen schnell analysieren und Muster oder Trends identifizieren, die für die Verwaltung relevant sind. Dies ermöglicht eine bessere Informationsgewinnung und Entscheidungsfindung.
(6) Früherkennung von Problemen: Durch die kontinuierliche Überwachung und Analyse von Daten kann KI dabei helfen, potenzielle Probleme oder Engpässe frühzeitig zu erkennen, sodass präventive Maßnahmen ergriffen werden können, um größere Probleme zu vermeiden. (7) Ressourceneffizienz: KI kann dazu beitragen, Ressourcen wie Personal, Zeit und Budgets effizienter einzusetzen, indem sie beispielsweise bei der Planung von Arbeitsabläufen oder der Optimierung von Routen und Zeitplänen unterstützt.
(8) Erhöhung der Transparenz: KI-gestützte Analysewerkzeuge können helfen, Daten transparenter zu machen und Einblicke in die Verwaltungsprozesse zu gewinnen, was die Rechenschaftspflicht erhöht und das Vertrauen der Bürger stärkt.
(9) Unterstützung bei der Einhaltung von Vorschriften: KI kann dabei helfen, Verwaltungsvorschriften und -richtlinien besser zu überwachen und einzuhalten, indem sie beispielsweise bei der Identifizierung von Compliance-Risiken oder der Durchführung von Audits unterstützt.
(10) Innovationsförderung: Die Integration von KI in die Verwaltung kann Innovationen fördern, indem sie neue Möglichkeiten zur Optimierung von Prozessen und zur Bereitstellung innovativer Dienstleistungen aufzeigt. Insgesamt kann die Integration von KI dazu beitragen, die Effizienz, Transparenz und Servicequalität der Verwaltung zu verbessern und die Bedürfnisse der Bürger effektiver zu erfüllen.“
Bevor ich auf die konkreten Fragen eingehe, möchte ich Folgendes ausführen:
Mit der Fortschreibung der Digitalisierungsstrategie 2024, wurde für die Landeshauptstadt München (LHM) eine starke Vision verabschiedet, in der die Bedürfnisse der Menschen unserer Stadt im Zentrum dieser Entwicklung stehen. Das Ziel ist es, München für alle Gesellschaftsgruppen im positiven Sinne digital erlebbar zu machen. Daher müssen wir als LHM die Chancen und Potentiale der Digitalisierung nutzen, um den künftigen Herausforderungen entgegenzuwirken.
Wir sind uns bewusst, dass die Integration von KI in die öffentliche Verwaltung neue Möglichkeiten zur Optimierung von Prozessen und zur Bereitstellung innovativer Dienstleistungen aufzeigt. Primär gilt es jedoch, je nach spezifischen Anforderungen und Herausforderungen zu entscheiden, welche technologischen Ansätze bei einer konkreten Fragestellung hilfreiche Lösungen liefern. So können beispielsweise regelbasierte Systeme genutzt werden, um durch eine vordefinierte Logik Entscheidungen zu treffen oder Aufgaben auszuführen. Auch die Automatisierung von Arbeitsabläufen kann durch den Einsatz von Robotic Process Automation (RPA) optimiert werden, um repetitive und regelbasierte Aufgaben durch Softwareanwen-dungen automatisiert zu erledigen. Bei der LHM pilotieren wir gerade die Integration solcher RPA-Anwendungen.
Zudem ist die Rolle von Daten als Grundlage für den Einsatz von KI von entscheidender Bedeutung und beeinflusst die Qualität der Ergebnisse maßgeblich. Daher ist es wichtig, hochwertige, relevante und ausreichende Datenquellen zu verwenden, die den ethischen Standards entsprechen und den Datenschutz gewährleisten. Plattformen, wie der Digitale Zwilling und die Urbane Datenplattform spielen hier eine große Rolle und werden bei der LHM stark priorisiert. Bei der Erstellung von Entscheidungsvorlagen kann KI einen Nutzen stiftende Rolle in der öffentlichen Verwaltung einnehmen. Handlungsempfehlungen helfen den Mitarbeiter*innen, um den Entscheidungsprozess effizienter zu gestalten und bei der Bearbeitung zu unterstützen. Jedoch müssen gerade bei der Bearbeitung von Verwaltungsvorgängen ethische Grundprinzipien gewahrt werden, um einen fairen und transparenten Umgang sicherzustellen. Bias und Diskriminierung müssen durch anonymisierte Datenverarbeitung und regelmäßige Prüfung der Ergebnisse ausgeschlossen werden. Auch die Einbindung von Chatbots, wie beispielsweise im Kreisverwaltungsreferat (bei den Landtagswahlen) und im Personal- und Organisationsreferat (für Mitarbeiter*innen Angelegenheiten) bietet auf eine moderne, niedrigschwellige Weise an, Fragen zu beantworten und Handlungsempfehlungen zu geben. Wir verstehen KI als wichtigen Motor für Innovation, Wachstum und Verbesserung der Lebensqualität in München und wollen die Chancen nutzen, die uns durch den technologischen Einsatz zur Verfügung stehen. Daher ist es mir ein persönliches Anliegen, die LHM im Bereich KI sicher aufzustellen und durch die Entwicklung einer strategischen Positionierung die Zukunftsfähigkeit und das digitale Wachstum zu fördern.
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Was sind die vorzuweisenden Leistungen des KI-Competence-Centers? Welche KI-Anwendungen wurden bisher entwickelt, die die Verwaltung messbar entlasten?
Antwort:
Das KI Competence Center (KICC) wurde im Jahr 2021 zunächst als Maßnahme im Handlungsfeld Daten in der Digitalisierungsstrategie verankert. Im Jahr 2023 hat das IT-Referat beschlossen, das KI Competence Center als eigene organisatorische Einheit im Kundenmanagement von it@M aufzubauen. Durch die Gründung des KICC im Januar 2024, stellt die Lan-deshauptstadt München eine fachlich-technische Umgebung bereit, die es erlaubt, KI-basierte Anwendungsfälle zügig zu verproben. Die LHM bündelt das stadtinterne KI Know-How und stellt Beratungs- und Realisierungskompetenz für die Referate und Eigenbetriebe bereit. Der Aufbau eines LHM-externen Partnernetzwerks unterstützt technologisch und im Wissen saustausch, insbesondere in Hochschulkooperationen, die Umsetzung von KI-basierten Lösungen. Praktische Anwendungsfälle der KI und von Machine Learning werden in Pilotmaßnahmen der LHM, die sich durch intensive Datennutzung auszeichnen pilotiert.
Die Kompetenzen des KICC fokussieren sich auf folgende Schwerpunkte:
- Anwendungsfälle: Pilotierung und Evaluierung erster Anwendungsfälle und Nutzbarmachen konkreter Kl-Services auf dem Markt für die LHM,
- Talent: Aufbau stadtinternen Developer-Know-Hows für künstliche Intelligenz, da die Entwicklung von KI-Modellen als Teil der Kernkompetenz einer modernen IT eingeordnet wird,
- Netzwerk: Aufbau eines Netzwerks zu Industrie und Forschung sowie Kooperationen in diesem Umfeld,
- Infrastruktur: Aufbau einer eigenen Infrastruktur, die für die Ausführung von Kl-Modellen in Fachverfahren geeignet ist,
- Vermittlung: Konzipierung von Schulungen, Vortragsreihen und Community-Arbeit.
Insbesondere wurden folgende Leistungen erbracht:
- Mit MUCGPT hat das KICC seit Februar 2024 für alle Beschäftigten der Landeshauptstadt München einen datenschutzkonformen Zugang zu generativen KI-Services zur Verfügung gestellt. Diese auf Azure OpenAI basierende Anwendung ermöglicht es der Verwaltung, Texten effizienter und präzise zu analysieren, zu verarbeiten oder zu erstellen.
- Das KI Competence Center hat für das Mobilitätsreferat lückenhafte Daten für Verkehrszählungen durch ein leistungsstarkes KI-Modell ergänzt und hochgerechnet. Hierbei wurden verschiedene Faktoren berücksichtigt, wie beispielsweise das Verkehrsaufkommen zu bestimmten Tageszeiten, sowie Wetterbedingungen, um genaue Schätzungen des Verkehrsaufkommens zu erstellen. Dies ermöglichte es dem Mobilitätsreferat, fundierte Entscheidungen zu treffen und die Verkehrssituation in der Stadt zu verbessern.
- Derzeit entsteht ein Empfehlungssystem für die Münchner Bibliotheken, das auf der Analyse von Leihdaten und der Verwendung von KI-Technologien zur Vorhersage von Nutzerpräferenzen basiert. Das System bietet personalisierte Empfehlungen basierend auf früherenAusleihen und Suchanfragen und wird entwickelt, um relevante und nützliche Empfehlungen zu gewährleisten.
- Das KI Competence Center arbeitet in Zusammenarbeit mit einem
externen Partner an der Entwicklung eines mehrsprachigen CoPilot-Antragsassistenten für die Ausländerbehörde des KVR. Dieser Assistent nutzt KI-Technologien, um den Antragsprozess für die Nutzer*innen zu vereinfachen und zu beschleunigen.
Frage 2:
Welche Kosten fallen jährlich für diese Stabstelle an? Ist hier eine Umstrukturierung erforderlich?
Antwort:
Um die Entwicklung und Umsetzung von KI-Lösungen für die Stadtverwaltung voranzutreiben, wurde das KICC mit dem Beschluss der Werkleitung nach § 2 Abs. 2 Geschäftsordnung it@M; Nr.: 2023-2018 im Januar 2024 gegründet und hat seitdem erfolgreich an der Entwicklung und Umsetzung von KI-Lösungen gearbeitet. Für die Umsetzung der KI relevanten Projekte existiert kein dediziertes vom Stadtrat genehmigtes Budget. Eine Umstrukturierung ist nicht erforderlich, da diese vor 6 Monaten bereits durchgeführt wurde.
Frage 3:
Wie lautet die aktuelle KI-Strategie und was erhofft man sich?
Antwort:
Gegenwärtig wird federführend durch die Strategieabteilung im RIT eine strategische Positionierung für das Thema KI erarbeitet. Der aktuelle Stand wird dem Stadtrat am 7. Juni 2024 im Rahmen des KI-Stadtratshearings präsentiert. Das Hearing soll dazu genutzt werden, in einem engen Austausch mit den Expert*innen die Inhalte aus einer externen Perspektive zu beleuchten und Feedback zu berücksichtigen. Der Datenethikkodex, der ebenfalls im Rahmen dieser Veranstaltung vorgestellt wird, ergänzt diese Positionierung um eine Orientierung bei der Beantwortung komplexen, vielschichtigen Fragestellungen und Herausforderungen im Kontext von Daten.
Frage 4:
Ist angesichts der erforderlichen und erheblichen Rechenleistung für KI aktuell die Zusammenarbeit mit Partnern aus der Privatwirtschaft geplant oder beabsichtigt die Stabstelle die Entwicklung von KI-Anwendungen in Eigenregie? Falls nein, ist die Entwicklung von KI-Anwendungen in Eigenregie mit der aktuellen Personalbesetzung und realistisch umsetzbar?
Antwort:
Das KICC setzt bei der Entwicklung von KI-Services derzeit überwiegend auf die Nutzung der Dienste großer Hyperscaler wie Microsoft, die führend im Angebot von KI-Modellen sind. Diese Hyperscaler bieten eine breite Palette an vorgefertigten KI-Modellen, die für verschiedene Anwendungen wie Bilderkennung, Sprachverarbeitung oder Vorhersageanalysen genutzt werden können. Darüber hinaus greift das KICC auf bereits etablierte Open-Source-Services oder Mo-delle zurück, die von der Entwicklergemeinschaft erstellt wurden und frei zugänglich sind.
Eigenentwickelte KI-Modelle stellen nur einen sehr kleinen Anteil der Leistung des KI-Kompetenzzentrums dar. Dies liegt daran, dass die Entwicklung von maßgeschneiderten KI-Modellen sehr zeitaufwändig und ressourcenintensiv ist und oft nur für spezielle Anwendungen erforderlich ist. Daher konzentriert sich das KICC hauptsächlich auf die Integration und Anpassung vorhandener KI-Modelle, um schnell und effizient maßgeschneiderte KI-Services für Kunden bereitzustellen.
Zusätzlich zu der Nutzung von Hyperscalern und Open-Source-Services führt das KI-Kompetenzzentrum Kooperationsprojekte mit Unternehmen und Hochschulen durch, um maßgeschneiderte KI-Lösungen zu entwickeln und zu implementieren. Darüber hinaus greift das KICC auf die Unterstützung externer Rahmenvertragspartner der Landeshauptstadt München und deren Tochtergesellschaften zurück. Diese Partner verfügen über spezialisierte Kenntnisse und Fähigkeiten im Bereich der KI-Entwicklung und können bei Bedarf in den Entwicklungsprozess einbezogen werden, um das KICC bei der Erstellung maßgeschneiderter KI-Services zu unterstützen. Durch diese Zusammenarbeit kann das KICC sicherstellen, dass seine Leistungen stets auf dem neuesten Stand der Technik sind und den Bedürfnissen seiner Kunden entsprechen.
Frage 5:
Welche am Markt verfügbaren KI-Lösungen sollen eingesetzt werden?
Antwort:
Der Markt für KI-Lösungen unterliegt einem rasanten Wandel, so dass Planungen meist bereits nach einigen Monaten aktualisiert werden müssen.Nachfolgend findet sich eine Auswahl wichtiger KI-Lösungen, deren Einbindung in 2024 geplant ist:
- Azure OpenAI Service
- Azure AI Search
- Hugging Face KI-Modelle
- Inputmanagement (Kauflösung) mit integrierter KI-Komponente.