Photovoltaik-Zubau in München – Aufschlüsselung der genauen Zahlen
Anfrage Stadträte Hans Hammer, Manuel Pretzl und Matthias Stadler (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 5.2.2024
Antwort Christine Kugler, Referentin für Klima- und Umweltschutz:
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet.
In Ihrer Anfrage beziehen Sie sich auf einen Bericht in der tz vom 13. Januar 2024 über den Photovoltaik-Ausbau im Stadtgebiet der Landeshauptstadt München (LHM), den Ihre Stadtratsfraktion explizit begrüßt. Im Artikel wurde darauf hingewiesen, dass ein Großteil des Zubaus auf private und nicht städtische Initiative hin erfolgt ist.
Die darin aufgeworfenen Fragen beantworte ich unter Berücksichtigung der Stellungnahmen des Referats für Stadtplanung und Bauordnung und des Sozialreferats wie folgt:
Frage 1:
Wie viele Photovoltaik (PV)-Anlagen sind auf dem Gebiet der LHM in den Jahren 2018 bis 2023 jeweils neu errichtet worden? Wie hat sich in dieser Zeit die Gesamtleistung der installierten Anlagen entwickelt?
Antwort:
Frage 2:
Wie viele Anlagen wurden in diesem Zeitraum von der LHM selbst (inkl. der Stadtwerke München (SWM)) errichtet, wie viele von Privatpersonen und wie viele von Unternehmen (bitte wieder Aufschlüsseln für jedes Jahr, nach Anzahl der Anlagen pro Gruppe und nach Gesamtleistung pro Gruppe, bitte auch als prozentuale Angaben)?
Antwort:
Frage 3:
Innerhalb der LHM: wie viele PV-Anlagen wurden jeweils von den einzelnen Referaten, Eigenbetrieben, Beteiligungsgesellschaften und Tochtergesellschaften errichtet (bitte Aufschlüsseln für jedes Jahr, nach Anzahl der Anlagen und nach Gesamtleistung pro Referat, Eigenbetrieb, Beteiligungsgesellschaft und Tochtergesellschaft)?
Antwort:
- Referat für Bildung und Sport (RBS): Landeshauptstadt München RBS;
- Kommunalreferat (KOM):Landeshauptstadt München KOM-IM-ZD-IWA;
- SWM: SWM Versorgungs GmbH + SWM Services GmbH + Stadtwerke München GmbH;
- Münchner Wohnen: GEWOFAG Service GmbH + GWG Städtische Wohnungsgesellschaft München mbH; PV-Anlagen auf Gebäuden der Münchner Wohnen wurden in den Jahren 2018 – 2023 von den SWM gebaut und betrieben.
- Sonstige:Münchenstift + Stadtsparkasse München + MGH-Münchner Gewerbehof- und Techno- logiezentrumsgesellschaft mbH + MGH - Münchner Gewerbehof- und Technologiezentrumsgesell- schaft mbH + München Klinik gGmbH + Landeshauptstadt München + Münchner Kammerspiele + Stadtgüter München + Münchner Stadtentwässerung, Eigenbetrieb der Landeshauptstadt München + Landeshauptstadt München Baureferat + LHM, Baureferat Hochbau 8 + Messe München.
Frage 4:
Wie ist der Solarzubau im genannten Zeitraum im Vergleich zu den anderen Millionenstädten Deutschlands zu bewerten (dafür bitte Vergleichszahlen heranziehen für: Zubau an Anlagen und Gesamtleistung pro Kopf und absolut, Zubau durch die Kommunen relativ zum Gesamtzubau)?
Antwort:
Von den vier deutschen Millionenstädten konnte aus Kapazitätsgründen keine vollständige PV-Auswertung erstellt werden. Stattdessen wurden verfügbare Daten von Statista, Energy Charts und Wattbewerb für die Jahre 2022 und 2023 herangezogen:
Die installierte PV-Leistung bzw. der PV-Zubau deutscher Großstädte (> 100.000 Einwohner) ist indirekt proportional zur Einwohnerzahl, d.h., je größer bzw. je dichter besiedelt eine Stadt ist, desto geringer ist die installierte PV-Leistung. Im urbanen Umfeld sind PV-Anlagen schwieriger zu realisieren, da Gebäude höher und Dachflächen stärker zergliedert und verschattet sind. Im Vergleich der Millionenstädte hat München nach Köln die zweithöchste installierte PV-Leistung pro Einwohner. Berlin und Hamburg als Stadtstaaten haben eine Solarpflicht beschlossen, während in Bayern seit Mitte 2023 nur für Nichtwohngebäude eine Solarpflicht eingeführt wurde. Berlin, München und Köln fördern PV aktuell sehr gut. Auffällig ist, dass die anderen Großstädte in 2023 signifikant mehr Großanlagen errichten konnten. München ist hier vermutlich aufgrund des vergleichsweisekleinen Stadtgebiets mit weniger Industriebauten im Nachteil (ca. ¼ geringere Fläche als Köln). Insgesamt liegen alle vier Großstädte beim PV-Zubau auf vergleichbarem Niveau, was darauf zurückzuführen ist, dass alle vier Millionenstädte ähnlich ambitionierte Ziele für den PV-Ausbau beschlossen haben.
Frage 5:
Wie viele private Photovoltaikanlagen wurden von der LHM seit 2018 wegen Denkmalschutz- oder Artenschutzschutzauflagen, Erhaltungssatzungen, Regelungen in Bebauungsplänen oder ähnlichen Bestimmungen nicht genehmigt (bitte aufgeschlüsselt nach Jahr und Grund der Ablehnung)? Welcher Ablehnungsquote in Bezug auf die Anzahl der Anträge entspricht das?
Antwort:
Denkmalschutz
Solaranlagen an Denkmälern, in der Nähe von Denkmälern oder in Ensembles bedürfen einer denkmalrechtlichen Erlaubnis, auch wenn sie nach §57 BayBO verfahrensfrei sind. Die Untere Denkmalschutzbehörde teilt nach Recherche mit, dass im Zeitraum 2018 bis 2023 keine Ablehnungen von Anträgen mit rechtsmittelfähigen Bescheiden verfügt worden seien. Im gleichen Zeitraum konnten jedoch 107 denkmalrechtliche Erlaubnisse für PV- oder Solarthermie-Anlagen erteilt werden.
Artenschutz
Aus Gründen des Natur- und Artenschutzes wurden in München bisher keine Photovoltaikanlagen abgelehnt.
Sofern bei Photovoltaik-Anlagen auf Dächern oder an Fassaden artenschutzrechtliche Problemstellungen auftreten, können diese in den allermeisten Fällen durch geeignete Maßnahmen bewältigt werden. Artenschutzrechtliche Verbote sind unabhängig von der Genehmigungspflicht einzelner Vorhaben von jedermann einzuhalten.
Photovoltaikanlagen in der freien Landschaft sind vermutlich häufig mit artenschutzrechtlichen Problemstellungen verbunden, vor allem im Bezug auf Vorkommen von Feldvögeln, deren Bestände auch in München dramatisch abgenommen haben. Für die Bewältigung des Artenschutzes in den Genehmigungsverfahren wird es im Einzelfall darauf ankommen, dass geeignete Ausgleichsmaßnahmen gefunden werden.In den Münchner Naturschutzgebieten (Allacher Lohe, Schwarzhölzl, Panzerwiese und Hartelholz sowie Südliche Fröttmaninger Heide) gilt ein generelles Bauverbot. Auch in Landschaftsschutzgebieten sind Einzelfälle möglich, in denen ein Vorhaben dem Schutzzweck zuwiderläuft oder den Charakter der Landschaft verändert. In solchen Fällen müsste das landschaftsschutzrechtliche Einvernehmen verweigert werden. Auf Acker- oder Intensivgrünlandflächen dürften – die Bewältigung des Artenschutzes vorausgesetzt – in den meisten Fällen naturschutzfachliche Belange der Errichtung und dem Betrieb von Photovoltaikanlagen nicht entgegen stehen.
Erhaltungssatzungen
Das Sozialreferat, Amt für Wohnen und Migration, ist für den Vollzug der Erhaltungssatzungen zuständig und teilte auf Anfrage mit, dass es bisher keine Ablehnungen für Photovoltaik-Anlagen gab, da die Kosten für den Einbau einer Photovoltaikanlage in der Regel nicht auf Mieter*innen umgelegt werden können, da diese Maßnahmen nicht unter §555b Nr.1 BGB fallen. Eine Verdrängungsgefahr – dem Schutzziel der Erhaltungssatzungen – sei bei Photovoltaikanlagen daher derzeit zu verneinen.
Regelungen in Bebauungsplänen und ähnliche Bestimmungen: Die Lokalbaukommission (LBK, HA VI) des Referats für Stadtplanung und Bauordnung teilt mit, dass Solaranlagen, die nachträglich in, an und auf bestehenden Gebäuden errichtet werden sollen nach Art.57/3 a) BayBO verfahrensfrei seien. In diesem Fall habe die LBK ohnehin keine Kenntnis, welchen Umfang die Vorhaben ausmachen würden. Freistehende Solaranlagen seien in der in Art. 57/a) BayBO genannten Größe ebenfalls verfahrensfrei, so dass die LBK auch hierüber keine Kenntnis habe. Größere Anlagen seien sehr selten, so dass nur ein Fall erinnerlich sei. Eine Statistik über diese Art von Vorhaben werde daher nicht geführt.
Sofern Solaranlagen im Zusammenhang mit ansonsten genehmigungspflichtigen Vorhaben errichtet würden (Neubau, Umbau …) seien sie Bestandteil des Vorhabens. Ob und in welchen Fällen eine Solaranlage zu einer Ablehnung des Gesamtvorhabens geführt habe oder ob das Vorhaben aus anderen Gründen nicht genehmigt werden konnte, könne statistisch nicht nachverfolgt werden.
Der Hauptabteilung II des Referates für Stadtplanung und Bauordnung liegen zu der Frage, wie viele private Photovoltaikanlagen seit 2018 aufgrund von Regelungen in Bebauungsplänen oder ähnlichen Bestimmungen nicht genehmigt wurden, keine Erkenntnisse vor, da sie wie oben geschildertebenfalls verfahrensfrei nach Art.57 Abs.3a BayBO sind bzw. als Bestandteil eines Gesamtvorhabens statistisch nicht nachverfolgt werden.
Der Klimafahrplan der Stadt trägt aktiv zur Entstehung von Photovoltaik-Anlagen in Bebauungsplanverfahren bei (Beschluss der Vollversammlung vom 20.10.2021, Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 03873 „Klimaneutrales München bis 2035 Ziele und Umsetzungsstrategie des Referats für Stadtplanung und Bauordnung“). Danach sind bei allen Bebauungsplanverfahren neben anderen Maßnahmen Photovoltaik-Anlagen festzusetzen. Vor Einführung des Klimafahrplans traf die Landeshauptstadt München grundsätzlich keine Festsetzungen, um Photovoltaik-Anlagen dezidiert zu verhindern.
Frage 6:
Wie lange dauern im Durchschnitt die Genehmigungs- oder Erlaubnisverfahren für private Photovoltaikanlagen in den in Frage 5) genannten Fällen?
Antwort:
Die Untere Denkmalschutzbehörde teilt mit, dass die durchschnittliche Bearbeitungsdauer für eine denkmalrechtliche Erlaubnis bei 53 Tagen lag. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass in den Erlaubnisverfahren nach den Umständen des Einzelfalles auch das Bayer. Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) als staatliche Fachbehörde beteiligt werde.
Die Untere Naturschutzbehörde merkt an, dass die Dauer von Genehmigungsverfahren allenfalls die jeweils zuständige Genehmigungsbehörde beantworten könne.
Die Lokalbaukommission als Genehmigungsbehörde teilt mit, dass aus den Gründen, die zu Frage 5 erläutert wurden, es nicht möglich sei, Aussagen zu Genehmigungszeiten zu machen, weil die Vorhaben entweder gar nicht zur Genehmigung beantragt werden müssen oder (i.d.R. untergeordneter) Bestandteil eines sonstigen Vorhabens seien.
Frage 7:
Sieht und nutzt die LHM Möglichkeiten der Beschleunigung für Genehmigungen in den in Frage 5) genannten Fällen? Gibt es inzwischen Ausnahmetatbestände?
Antwort:
Die Untere Denkmalschutzbehörde teilt mit, dass nach der Novellierung des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes zum 1. Juli 2023, u.a. durch Aufnahme von Kriterien zu erneuerbaren Energien an Einzelbaudenkmä-lern und Ensembles einschließlich ministerieller Vollzugsbekanntmachung sowie Beratungsleitfäden mit Checklisten durch das BLfD im verwaltungsmäßigen Vollzug der gesetzlichen Bestimmungen Routine eingetreten sei. Diese wirke sich weiter senkend auf die durchschnittliche Bearbeitungsdauer der Erlaubnisanträge aus. Bedarf an der Einführung spezieller Beschleunigungsverfahren oder von Ausnahmetatbeständen wird daher nicht gesehen.
Die Untere Naturschutzbehörde teilte mit, dass für Freiflächen-PV-Anlagen in der Regel Bebauungspläne erforderlich seien, es sei denn sie sind gemäß §35 Abs.1 Nr.8 BauGB privilegiert, weil sie beispielsweise im Nahbereich (200 m) von Autobahnen oder dem übergeordneten Schienennetz liegt.
Artenschutzrechtliche Verbote und Ausnahmen wurden bereits vor 2018, dem in dem Antrag genannten Jahr, geregelt. Anders als für Windenergieanlagen (§§45b bis 45 d BNatSchG) gibt es keine naturschutzrechtliche Privilegierung für PV-Anlagen (in der freien Natur).